2020 gilt als das Jahr, in dem Elektroautos auf globaler Ebene der Durchbruch gelingen soll. Neben großen Autoherstellern wie VW, die ihren vollvernetzten Stromer ID3 auf die Straßen bringen wollen, will mit Byton ein verhältnismäßig neuer Player auf der Elektroautowelle schwimmen und etablierten Autobauern zeigen, wie man E-Autos baut. Der M-Byte gilt mit seinem unterhalb der Windschutzscheibe platzierten riesigen 48-Zoll Panorama-Display als ein Smartphone auf vier Rädern: Das Display soll nicht nur der zentrale Kontrollpunkt für Geschwindigkeitsanzeige und Navigation sein, sondern auch Mediazentrale für viele Inhalte.
Bytons Elektroauto wird zum Kino auf 4 Rädern
Im Zuge der CES-Ankündigung von Byton formt sich allmählich ein konkretes Bild dessen, was auf dem Bildschirm in Sachen Unterhaltung zu erwarten ist. Der Autobauer hat erste Mediapartner angekündigt, die ihre Inhalte zur Verfügung stellen. Der Medienkonzern Viacom CBS werde zusammen mit Access zum Beispiel Video-Inhalte liefern, die ein „Kinoerlebnis im Auto“ bieten sollen, wie Byton verspricht. Der Kinoerlebnis im Auto sei bis auf Weiteres nur im Parkmodus abrufbar.
Weiter habe man mit Accuweather eine Partnerschaft geschlossen, die für die Bereitstellung Wetterinformationen verantwortlich sein wird, als auch „intuitiv“ über Witterungsänderungen am Zielort informieren soll.
Eine weitere Kooperation mit Aiqudo soll sprachbasierte Interaktion mit Apps auf dem Smartphone realisieren. Der Dienst ermöglicht es laut Entwickler, Smartphone-Apps per Sprache zu steuern, ohne den Fahrer unnötig abzulenken, denn die Software findet heraus, welche Anwendung adressiert wurde.
Um weitere Entwickler und Dienste anzulocken, hat Byton eine eigene Entwickler-Plattform eröffnet, mit der Apps für die Nutzeroberfläche entwickelt oder angepasst werden können. Damit will Byton „das volle Potenzial der wegweisenden Nutzeroberfläche“ nutzen. Die Byton-Nutzeroberfläche erschien in einer Demonstration auf der CES 2020 vielversprechend, intuitiv und wohldurchdacht. Fahrer und Beifahrer können über zusätzliche Displayelemente im Lenkrad respektive der Mittelkonsole mit dem User-Interface interagieren und bestimmte Inhalte aufrufen und arrangieren. Der Fahrer hat über eine Benutzerverwaltung zudem die Option, anderen Fahrgästen die Bedienung zu verwehren. Neben den Displays lässt sich die Nutzeroberfläche über leicht erlernbare Gesten steuern.
Powerwalls und mehr: Byton baut 2. Einnahmequelle
In diesem Jahr will Byton seine ersten Fahrzeuge in China auf den Markt bringen. Derzeit läuft die Produktion von Vorserienmodellen des M-Byte im seit November 2019 fertig gestellten, 800.000 Quadratmeter großen Werk im chinesischen Nanjing. Damit dem Startup nicht auf den letzten Metern die Luft beziehungsweise das Geld ausgeht – so klang es zumindest noch Mitte 2019 –, hat das Unternehmen in einer Finanzierungsrunde C neue Geldgeber an Land gezogen, die erstmals nicht aus China stammen, sondern Japan und Südkorea. Erwähnenswert ist vor allem das japanische Marubeni, das sich als Mischkonzern versteht und sich unter anderem mit der Zweitnutzung von Batterien beschäftigt.
Marubeni und Byton wollen gemeinsam ähnlich wie Tesla und andere ein ganzheitliches Energiekonzept bestehend aus Auto, Heimspeicher und Solarenergie entwickeln. Man adressiere damit sowohl Unternehmen als auch Privatanwender. Künftig könnte man womöglich sein Elektroauto zu Hause mit einer Byton-Powerwall aufladen. Neben dem Verkauf der E-Autos sieht Byton ein „weiteres großes Geschäftsmodell“, erklärte CEO Daniel Kirchert.
Im Gespräch mit Byton auf der CES 2020 erklärte ein Unternehmenssprecher, dass man derzeit zusätzliche Investoren suche, um die weitere Finanzierung zu gewährleisten. Die Produktion der Vorserien- und später Serienmodelle verschlinge eine Menge Geld. Man befinde sich allerdings im Zeitplan: Für den chinesischen Markt soll der Verkauf ab Mitte 2020 beginnen. Den europäischen und den US-Markt wolle Byton 2021 betreten. Laut Byton habe man 60.000 Vorbestellungen, von denen mehr als 21.000 aus Europa stammen – entsprechend beeilt man sich offenbar, den hiesigen Markt zu bedienen. Sicher kommt die Anzahl der Vorbestellungen nicht an die 400.000 von Teslas Model 3 heran, man darf jedoch nicht außer Acht lassen, dass Tesla das Aushängeschild für Elektromobilität ist. Byton ist dagegen ein kleiner, unbekannter Fisch.
Der M-Byte soll ab 45.000 Dollar (vor Steuern) kosten und zum Start mit Level-2-Plus (ursprünglich sollte es mit Level-3-Autonomie kommen) – also einem erweiterten Assistenzsystem – auf den Markt kommen. Um das Werk in Nanjing auszulasten, werde das Unternehmen eine Premium-Limousine auf der gleichen Basis des M-Byte bauen. Als drittes Modell im Bunde plane das Unternehmen ein Premium-MPV (Multi-Purpose-Vehicle). Einen Zeitplan für die beiden weiteren Modelle hat Byton nicht kommuniziert.
- (Ex-)Byton-Chef Breitfeld: „Die Zukunft des Autos wird in China geformt“
- Neuer Byton-Chef Daniel Kirchert: „Wir waren von Anfang an ein Global Startup“
- Byton-Chef Carsten Breitfeld: „Das eigentliche Thema der Zukunft sind nicht Elektroautos“