Die Mitgliedsländer der Esa haben sich auf die nächste Generation von Raumfahrtraketen geeinigt. Besonders Deutschland, Frankreich und Italien wollen die Spannungen zwischen den Ländern abbauen und endlich Ariane 6 starten. Es gibt jetzt schon 29 Buchungen für das Esa-Flaggschiff. Davon stammen 18 vom Projekt Kuiper des Handelskonzerns Amazon.
Insgesamt sagte die europäische Ministerratskonferenz der Esa ein Gesamtbudget von 16,9 Milliarden Euro für die nächsten drei Jahre zu. Im Vergleich: Die Nasa erhält 23 Milliarden US-Dollar nur für 2022.
Ariane voller Rückschläge, 2023 soll sie starten
Die Ariane 6 sollte bereits 2020 ihren Jungfernflug antreten, doch Pandemie und Entwicklungsrückschläge stoppten den Plan. Zudem formulierten die Verantwortlichen regelmäßig neue Anforderungen, weshalb das Konzept der Trägerrakete immer wieder verändert werden musste.
Parallel hat man ein neues Startfeld im Weltraumhafen Kurou in Französisch-Guayana geschaffen, das häufigere und saubere Starts erlaubt. Ende 2023 soll Ariane 6 dort in den Orbit aufbrechen.
Markt für Weltraumtransporte wächst
Der Markt für Startsysteme soll in diesem Jahr 17 Milliarden Dollar erreicht haben, errechnete ein Analyse-Institut. Bis 2027 nähere er sich der 30-Milliarden-Dollar-Grenze.
Daran soll auch Ariane 6 teilhaben. Das könnte gelingen, weil sie variabel einsetzbar ist. Speziell mit dem neuen Vinci-Triebwerk in der zweiten Stufe kann sie Lasten in verschiedenen Höhen absetzen. Vinci lässt sich nämlich mehrfach zünden.
Minisatelliten können günstig mitfliegen
Zudem schaffe Ariane 6 die Möglichkeit, Minisatelliten preisgünstig mitfliegen zu lassen – und in einem anderen Orbit auszusetzen. Damit liegt die Europa-Rakete Kopf-an-Kopf mit der Falcon 9. Die SpaceX-Rakete kann allerdings aktuell mehr Nutzlast in eine niedrige Erdumlaufbahn befördern.
Die Esa verspricht für 2025 eine neue Ausbaustufe, damit die Ariane wieder die Führung übernimmt. Einen entscheidenden Vorteil besitzt sie jedoch nicht.
Nachhaltig, aber nicht wiederverwendbar
Die Ariane soll in Kurou mit grünem Wasserstoff aufgetankt werden. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie immer noch eine Einweglösung darstellt. SpaceX hat mit der wiederverwendbaren Rakete Falcon eindeutig die Nase vorn. Daher soll es in Deutschland Überlegungen geben, die Entwicklung der Ariane 7 an sich zu ziehen.
Doch die Europäer haben am Ende nicht die Vorherrschaft im Sinn.
Eigener Zugang und zuverlässige Daten
Den Verantwortlichen geht es neben der Wettbewerbsfähigkeit um etwas anderes: Selbstständigkeit. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat gezeigt, wie wichtig die Unabhängigkeit von Dritten in Sachen Raumfahrt ist. Der Abbruch der Beziehungen hatte zu einem Aussetzen der Exomars-Mission geführt.
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Die Gelder werden auch für die Neuausrichtung dieser Mission und die eigene Satellitenkonstellation IRIS2 verwendet. Deutschland gibt als größter Partner 3,5 Milliarden Euro hinzu. Es gehe auch darum, verlässliche eigene Quellen im Bereich der Satellitenkommunkation zu haben, heißt es.
Startups und kleine Systeme sollen helfen
Parallel hat der EU-Ministerrat das Programm ScaleUp (Download PDF) genehmigt, das unternehmerische Initiative und die Kommerzialisierung der Raumfahrt unterstützen soll. Die rund 117 Millionen Euro dienen der Esa zur Schaffung eines europäischen Zentrums für Kommerzialisierung. Mit den Geldern sollen Wirtschaftsorganisationen begleitet werden.
Das Programm richtet sich an Startups, angewandte Forschungs- und Innovationszentren sowie reifere Unternehmen wie KMU, Mid-Caps und große Systemintegratoren. Die Esa will einen „Ort schaffen, an dem europäische Raumfahrtunternehmer gedeihen“, so Esa-Generaldirektor Josef Aschenbacher.
Deutschland veranstaltet die Innospace Masters, einen jährlichen Wettbewerb für Raumfahrt-Startups. Daraus sind bereits einige innovative Unternehmen in diesem Sektor erstanden, die etwa Mikrosatelliten oder Mini-Raketenwerke herstellen.