Vor der EZB-Zinssenkung: Warum sich ein Festgeldkonto jetzt so richtig lohnt
Wenn am 6. Juni die europäischen Notenbanker:innen zu ihrer nächsten Sitzung zusammenkommen, werden sie höchstwahrscheinlich nach Jahren die Leitzinsen wieder senken. Auch wenn keiner das im Vorfeld so bestätigen will, gehen Expert:innen davon aus, weil die Inflation im Euroraum sich der von der Europäische Zentralbank (EZB) angepeilten Zielmarke von 2,0 Prozent nähert. EZB-Chefin Christine Lagarde sagte vor einigen Tagen, sie sei „wirklich zuversichtlich, dass wir die Inflation unter Kontrolle haben“.
Was sich für Sparer:innen ändert
Für Sparer:innen bedeutet das: Es gibt wahrscheinlich bald wieder weniger Zinsen auf ihr zurückgelegtes Geld. Der Markt scheint das Absinken der Leitzinsen ohnehin schon eingepreist zu haben.
Die ersten Banken senken in Erwartung dieser Korrektur bereits wieder die Zinsen auf Sparguthaben. Von im Schnitt 3,5 Prozent sanken sie bereits auf nur noch 3,3 Prozent. Gleichzeitig werden Kredite wieder billiger. Für einen typischen Immobilienkredit werden nur noch 3,7 Prozent statt bislang 4,4 Prozent fällig.
Auch die Festgeldzinsen sinken. Ihren Höchststand in der aktuellen Zinsperiode haben sie laut dem Vergleichsportal Verivox Ende vergangenen Jahres erreicht. Bundesweit verfügbare Festgelder mit einem Jahr Laufzeit brachten im Dezember noch durchschnittlich 3,34 Prozent Zinsen, aktuell liegen sie bei glatt 3 Prozent.
Mit einem Minus von 0,55 Prozentpunkten fiel der Rückgang beim zweijährigen Festgeld sogar noch stärker aus: Auf ihrem Höhepunkt im November brachte Festgeld mit zwei Jahren Laufzeit im Schnitt 3,39 Prozent Zinsen, aktuell liegt der Zinssatz bei 2,84 Prozent.
Warum sich Festgeld jetzt besonders lohnt
Laut Verivox könnte jetzt trotzdem der perfekte Moment sein, sich nach guten Festgeldangeboten umzuschauen. Denn der Realzins durchschnittlich verzinster Festgeldanlagen ist seit Februar konstant positiv geblieben. Der Realzins ist der Zinssatz, den du nach Berücksichtigung der Inflation tatsächlich verdienst. Wer sein Geld jetzt zum besten Zinssatz anlegt, kann sich eine Realrendite von 1,45 Prozent sichern.
Festgeld sei so lukrativ wie seit vielen Jahren nicht mehr, sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. „Zum ersten Mal seit dem Ende der Niedrigzinsära bringen sichere Festgeldanlagen wieder so hohe Erträge, dass inflationsbedingte Kaufkrafteinbußen dadurch mehr als nur ausgeglichen werden und sich das Vermögen durch die Geldanlage langfristig vermehrt.“
Lange Zeit waren die Realzinsen in Deutschland im Schnitt negativ. Zuerst, weil es eine lange Niedrigzinsphase gab, und nach der Zinswende der EZB, weil die Inflation so hoch war.
Vom Tagesgeld ins Festgeld wechseln?
Momentan gibt es bei vielen Anbietern zwar noch bis zu 4 Prozent Zinsen auf das Tagesgeld. Sollte die EZB aber tatsächlich in der kommenden Woche die Zinsen senken, werden die Banken ihre Angebote schnell an die aktuellen Leitzinsen anpassen. Sie dürfen ihre Zinsangebote jederzeit mit sofortiger Wirkung ändern.
Beim Festgeld können sich Sparer:innen dagegen auf den vereinbarten Zins verlassen. Aktuell ist im Schnitt eine reale Rendite von 0,64 Prozent bei einer Laufzeit von zwei Jahren drin, bei den Topangeboten am Markt sind es 1,45 Prozent. Einjährige Anlagen bringen laut Verivox im Marktdurchschnitt einen Realzins von 0,8 Prozent, in der Spitze sind für Anleger:innen bis zu 1,4 Prozent Realrendite möglich.
Ob das so bleibt, hängt allerdings davon ab, wie es mit der Inflation weitergeht. Die ist in Deutschland gerade wieder leicht gestiegen: Auf 2,4 Prozent im Vergleich zu 2,2 Prozent im März und April.
Wie funktioniert Festgeld?
Bevor du dich für einen Anbieter entscheidest, solltest du dich grundsätzlich fragen, wie lange du dein Geld anlegen kannst und willst. Denn je länger du dein Geld jetzt auf einem Festgeldkonto parkst, desto länger kannst du dir für die kommenden Jahre einen attraktiven Zins sichern.
Bei dem Geld sollte es sich aber um eine Summe handeln, die du definitiv in dieser Zeit nicht benötigst, auch nicht als Notreserve.
Beim Festgeld wird dein Erspartes, wie der Name schon sagt, für einen vereinbarten Zeitraum fest angelegt. Es ist nicht vorgesehen, es vorher wieder abzuziehen. Dafür gewährt dir die Bank im Gegenzug den festgeschriebenen Zinssatz. Einige Festgeldkonten bieten zwar die Möglichkeit, vorzeitig auf das Geld zuzugreifen, allerdings oft nur gegen eine Gebühr oder mit einem Verlust von Zinsen.
Kriterien für das Festgeldkonto
Neben dem Zinssatz und der Laufzeit solltest du bei der Wahl des Festgeldkontos vor allem darauf achten, ob es eine Mindesteinlage gibt und wann und wie die Zinsen ausgezahlt werden. Einige Banken zahlen die Zinsen monatlich, vierteljährlich oder jährlich aus, während andere die Zinsen am Ende der Laufzeit gutschreiben.
Handelt es sich bei der Bank um einen Anbieter aus der Europäischen Union, dann sind Einlagen bis zu einer Höhe von 100.000 Euro pro Kund:in und Bank durch die gesetzliche Einlagensicherung geschützt. Kommt der Anbieter aus dem (weiteren europäischen) Ausland, ist das nicht unbedingt so.
Daher solltest du auf jeden Fall die Stabilität und die Reputation der Bank überprüfen und wie dein Geld im Fall einer Pleite geschützt ist. Die Stiftung Warentest empfiehlt beispielsweise derzeit nur Banken aus EU-Ländern mit Topbewertungen von den drei großen Ratingagenturen Fitch, Moody’s und Standard & Poor’s.
Bei einigen Anbietern profitierst du als Neukund:in von besonders guten Konditionen oder bekommst eine Prämie. Diese Angebote solltest du aber nur als zusätzlichen Vorteil betrachten, sie sollten nicht das Hauptkriterium für deine Entscheidung sein.
Es gibt auch Festgeldkonten, die in einer fremden Währung eröffnet werden. Dabei solltest du das Währungsrisiko berücksichtigen, da Wechselkursschwankungen deine Rendite beeinflussen können.
Außerdem solltest du darauf achten, ob Bedingungen für eine automatische Verlängerung des Festgeldes nach Ablauf der Laufzeit vorgesehen sind. Bei dieser sogenannte Prolongation müssen Anleger:innen nämlich den dann geltenden Zinssatz akzeptieren und können weiterhin nicht auf ihr Geld zugreifen.
Wie du ein gutes Festgeldkonto findest
Um Festgeldkonten zu vergleichen, die aktuell die besten Zinsen bieten, kannst du natürlich Vergleichsportale wie Verivox und Check24 oder Zinsplattformen wie Weltsparen nutzen. Hier kannst du konkret mit der Summe, die du anlegen willst, und deiner gewünschten Laufzeit suchen und den Vertrag dann über die Plattformen abschließen. Aber Achtung: Hier werden auch Angebote von Auslandsbanken gelistet, die nicht den gleichen Schutz deines Ersparten bieten wie die aus EU-Ländern. Es empfiehlt sich also, auch auf das Ursprungsland und die Reputation der Bank zu achten.
Auch die Stiftung Warentest bietet einen Vergleich der Angebote an, wobei hier einige Angebote von Auslandsbanken nicht berücksichtigt werden, die als unseriös oder von den Bedingungen her als besonders unvorteilhaft für Verbraucher:innen eingeschätzt werden. Das ist etwa aktuell bei Angeboten aus Portugal und Kroatien der Fall, weil die Einlagensicherung Sparer:innen im Fall einer Bankenpleite dort nicht so zeitnah entschädigen kann, wie es im EU-Recht vorgeschrieben ist.
Laut Verivox bieten deutsche Banken aktuell bis zu 3,45 Prozent bei einer Einlage von 10.000 Euro für zwei Jahre. Bei den zweijährige Festgeldanlage der Sparkassen sind es 2,23 Prozent und bei den Volksbanken 2,3 Prozent.
Vorsicht: Scams mit Tages- und Festgeld
Auch Betrüger:innen kennen die Trends in der Geldanlage. Daher gibt es, seit die Zinsen wieder attraktiv für Sparer:innen sind, auch dubiose Tages- und Festgeldangebote. Bei besonders hohen Zinsversprechen sollten daher die Alarmglocken schrillen.
Die Verbraucherzentrale warnt davor, dass Betrüger:innen als Spezialist:innen für die Vermittlung von Festgeldangeboten auftreten und mit täuschend echten Websites und Onboarding-Verfahren operieren. Das Geld wird dann aber auf die Konten der Betrüger:innen überwiesen.
Die Finanzaufsicht Bafin warnt daher davor, dass betrügerische Anbieter mit ungebetenen Anrufen auffallen und versuchen, Zeitdruck aufzubauen, etwa indem ein exklusives Geschäft angeboten wird, für das du dich aber sehr schnell entscheiden musst. Auch wenn Überweisung ins Ausland gefordert werden, solltest du skeptisch werden. Bekannte unseriöse Anbieter listet die Stiftung Warentest in ihrer „Warnliste Geldanlage“ auf.