Agenturen und Startups greifen gerne auf Freelancer zurück, wenn sie Unterstützung bei einem Projekt brauchen. Vor allem im Kreativ- und IT-Bereich ist es gang und gäbe, sich kurzfristig mehr Manpower einzukaufen. Die stabile Wirtschaftslage und der Fachkräftemangel in einigen Branchen ermöglichen es, dass bestimmte Berufsgruppen als Freelancer sogar weitaus besser verdienen. Vor allem in der IT-Entwicklung ist die Nachfrage derzeit hoch wie nie: Software-Ingenieure, Wirtschaftsinformatiker und Fachkräfte im Bereich des IT-Prozess- und Service-Managements werden händeringend gesucht. Als Solo-Selbstständiger locken hervorragende Verdienstmöglichkeiten.
Stundensatz berechnen: Nicht immer fließt Geld
Doch unabhängig von der Branche: Wer den Schritt zum Freiberufler wagen möchte, kommt nicht umhin, sich einen Stundensatz zu errechnen, der die neue Karriere auch langfristig profitabel macht. Dabei drehen sich die Gedanken häufig um zwei Fragen: Welcher Tagessatz ist angemessen und wer verdient was? Eine Vorrecherche ist sinnvoll, um einen Überblick über die Marktlage sowie gängige Löhne und Gehälter zu gewinnen. Hinzukommen etliche persönliche Kostenpunkte, die angehende Freelancer unbedingt einpreisen müssen. Selbstständige sind in der Regel mit einigen Zusatzkosten konfrontiert, die ein Angestellter teilweise nicht zu tragen hat, beziehungsweise, die mit der Lohnsteuer schon abgedeckt sind.
„Man kann nicht alle Stunden verkaufen, die man arbeitet.“
Dazu gehören in erster Linie notwendige Krankenkassenbeiträge sowie eine Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie Zusatzausgaben wie eine Rechtsschutzversicherung, um Haftungsansprüche gegenüber problematischen Kunden geltend zu machen. Aber auch die Steuerberatung und eventuell anfallende Reisekosten müssen abgedeckt sein. Dazu kommt, dass während der Auftragsakquise und administrativer Arbeiten in der Regel kein Geld fließt. Auch die Büroausstattung, eigene Geräte und die Miete müssen eingeplant sein. All das muss sich im Einkommen widerspiegeln. Und dann soll schlussendlich auch noch ein Gewinn übrig bleiben, der das Leben finanziert und Rücklagen zulässt.
Ein Experte diesbezüglich ist Gerald Moll. Der Hamburger hat die Buchhaltungssoftware Mein-Tagwerk.de entwickelt, die Freelancern unter anderem dabei hilft, die persönlichen Stundensätze und Angebote zu kalkulieren. Zuvor hat er zehn Jahre lang als Freelancer in der Werbe- und Verlagsbranche gearbeitet. Der Gründer weiß, worauf es bei der Berechnung des eigenen Stundensatzes ankommt. Wichtig sei seiner Meinung nach vor allem, den Grad der eigenen Auslastung realistisch einzuschätzen. „Man kann nicht alle Stunden verkaufen, die man arbeitet. Es kommen beispielsweise Zeiten für die Buchhaltung, die Kundenakquise sowie Tage für Weiterbildungen dazu, die man schlicht nicht abrechnen kann“, erklärt Moll.
Der Stundensatz muss die Auslastung einpreisen
Eine Faustregel für Anfänger sei es, mit 25 bis 50 Prozent zu planen. Das heißt konkret, dass jede Stunde, die verkauft wird, in etwa ein bis zwei nicht verkaufte Stunden mitfinanzieren muss. „Lediglich echte Cracks kommen auf 75 Prozent Auslastung.“ Zudem würden viele angehende Selbstständige zu Beginn den Fehler machen, mit über 300 Arbeitstagen im Jahr zu kalkulieren. Abzüglich einiger Urlaubstage, Wochenenden und durchschnittlich 18 Krankheitstagen, die ein Berufstätiger im Jahr sammelt, kann sich die tatsächliche Anzahl jedoch schnell auf 220 Arbeitstage reduzieren. „Ob und wie viel ein Freelancer am Wochenende arbeitet, muss er natürlich selber wissen“, fügt der Experte hinzu.
Welcher Stundensatz sich schlussendlich ergibt, ist individuell abhängig von den jeweiligen Branchenpreisen, der hiesigen Auftragslage, der angebotenen Dienstleistung sowie der persönlichen Kosten- und Auslastungskalkulation. Klar ist jedoch, das Brutto-Stundenlöhne von 40 Euro oder weniger sich langfristig nicht auszahlen dürften. Vor allem im Hinblick darauf, dass es hin und wieder auch eine Weile dauern kann, bis das nächste Projekte reinkommt. Und damit müssen Freiberufler rechnen: „In jeder Branche gibt es gute und schlechte Monate, auf die schlechten sollte man sich vorbereiten“, weiß auch Gerald Moll.
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Also 40 Euro sind an sich immer noch zu wenig…Die IHK hat für Einzelunternehmer schon vor 10 Jahren mindestens 50 Euro als Stundensatz vorgegeben, weil ansonsten ein Unternehmer gar nicht überleben kann.
Also müsste erst einmal die Marktmacht gebrochen werden oder es gesetzlich wie z. B. die Düsseldorfer Tabelle festgelegt werden, dass Mindestsätze zu zahlen sind.
Solange aber die Agenturen im Auftrag Dritter jederzeit die Preise unter Niveau drücken können oder auch Direktauftraggeber schon fast im Trüben fischen und „Freelancer“ dann für 10-15 Euro Brutto beschäftigen, ist dieser Ratschlag das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben steht.
Leider gibt es auf dieser Welt zu viele derartige Ungereimtheiten, die ganz toll klingen, aber völlig an der Lebenspraxis vorbeigehen.
Und wenn dann die „Erfolgreichen“ in „Eigenwerbung“ irgendwo vorgestellt werden und man jene Leute ein wenig recherchiert, haben die fast alle einen gediegenen Ausstieg als früherer Manager praktiziert und also VORHER ausreichend Erfahrung, Netzwerke und Geld gesammelt.
Anfänger, die das alles ohne diese Gaben versucht haben, sind in der Regel ausnahmslos gescheitert!
Leider wird das im Umfeld der Eigenwerbung durch professionell aufbereitete Berichte oder „Ratgeber“ einfach ignoriert.