Gehaltsfrage früher stellen: Bewerbungen scheitern viel zu spät an Uneinigkeit
Zu oft scheitert es am Gehalt. Und das oft zu spät im Bewerbungsprozess. Zu dieser Erkenntnis kommt eine Erhebung von The Stepstone Group. Mit 51 Prozent gab in etwa die Hälfte der befragten Personaler an, dass abgebrochene Bewerbungsverfahren häufig an unterschiedlichen Gehaltsvorstellungen gescheitert sind. In 23 Prozent der Fälle platzen Verhandlungen, weil die Gehaltsfrage nicht früh genug thematisiert wird.
Dabei ist seit Jahren klar: Bewerberinnen und Bewerber wünschen sich klare Ansagen von Unternehmen zum Gehalt. Die Erhebung zeigt auch, dass 59 Prozent der befragten Jobsuchenden auf eine Bewerbung für eine eigentlich passende Stelle verzichtet haben, weil keine Informationen zum Gehalt vorlagen. 86 Prozent würden es begrüßen, wenn Gehälter hierzulande grundsätzlich offenlägen.
Gehaltstransparenz: Deutschland eher Schlusslicht
Beispiele dafür gibt es im Ausland: In Kalifornien etwa gibt es seit Januar 2023 ein Gesetz, das eine Gehaltsspanne in einer Stellenausschreibung voraussetzt. In dem US-amerikanischen Bundesstaat geht es allgemein transparenter zu. Dort kann sogar jeder US-Bürger online nachlesen, was die rund 300.000 Staatsangestellten verdienen. In Deutschland hingegen herrscht oft das „Über Geld spricht man nicht“-Mantra.
Wie die Jobplattform Indeed in einer Untersuchung festgestellt hat, ist es hierzulande mit der Gehaltstransparenz in Stellenanzeigen noch ein weiter Weg. Zwischen Januar 2019 bis März 2023 hat die Jobbörse veröffentlichte Stellenanzeigen aus Deutschland, den Niederlanden, Großbritannien und Frankreich verglichen. Großbritannien weist demnach die meisten und Deutschland die wenigsten Anzeigen mit Gehaltsdaten auf.
Im Verlauf der Untersuchung zeigte sich auch, dass die Stellenanzeigen mit Gehaltsangaben über die Jahre zugenommen haben: 2019 beinhalteten hierzulande rund zwei Prozent der untersuchten Stellenanzeigen eine Gehaltsangabe, im März 2023 waren es bereits 20 Prozent. In Großbritannien waren 2019 bereits 58 Prozent der Stellenanzeigen mit Angaben zum Gehalt versehen, bis März 2023 ist der Wert auf 72 Prozent angestiegen.
Transparente Gehälter haben viele Vorteile
Die Indeed-Untersuchung unterstreicht, was Personaler anführen. Die sehen nämlich noch Verbesserungspotenzial in ihren Unternehmen: 47 Prozent der Firmen haben der Erhebung zufolge noch keine Maßnahmen geplant, offener mit dem Thema Gehalt umzugehen. 17 Prozent wollen klarere und transparentere Gehaltsrichtlinien einführen. Nur 15 Prozent wollen Gehaltsspannen für jede Position veröffentlichen.
„Unternehmen, die sich beim Thema Gehaltstransparenz gut aufstellen und ihren Worten Taten folgen lassen, begegnen Bewerber:innen auf Augenhöhe und helfen ihnen, die bestmögliche Entscheidung zu treffen“, betont Tobias Zimmermann, Arbeitsmarktexperte bei The Stepstone Group. Und nicht nur das: Es helfe ihnen, in Zeiten des Fachkräftemangels mehr Arbeitnehmer zu finden und sie langfristig zu binden.
„Das Gehalt ist und bleibt einer der wesentlichen Entscheidungsfaktoren bei der Jobsuche und gewinnt durch die Inflation und die neuen Kraftverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt noch mehr an Bedeutung“, so Zimmermann. Dass Stellenanzeigen deutlich besser performen können, zeigt eine andere Untersuchung aus gleichem Haus: Neun von zehn Befragten bewerben sich eher auf einen Job, wenn das künftige Einkommen transparent ist.