Hallo, wir sind immer noch die Neuen auf dem Arbeitsmarkt. Wir sind gekommen, um zu bleiben. Gestatten: Gen Z. Doch wer sind wir eigentlich? Und wie wollen wir arbeiten? Oh, pardon: „Wir“ ist in meinen Fall nicht immer richtig. Ich bin selbst mal ein Teil der Generation, die die Arbeitswelt in Unruhe bringt, und mal nicht, denn ich bin 1996 geboren.
Dieses Hin und Her verursacht die Wissenschaft: Je nach wissenschaftlicher Definition fängt die Gen Z mal beim Jahrgang 1997 oder beim Jahrgang 1995 an. Bei Abschlussarbeiten werden diese Definitionen gern auf unzähligen Seiten ausgerollt – und wer einmal die Einordnung mit Geburtsjahren gefunden hat, steht schnell vor dem nächsten Problem.
Generationen sind nur eine grobe Einteilung
Bei der Generationen-Frage gibt es einen weiteren wichtigen Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt: Denn auch der Wissenschaft ist bewusst, dass nicht alle Personen, die in einem definierten Zeitraum geboren sind, die gleichen Eigenschaften haben. Schließlich muss auch bei jedem die Individualität bedacht werden.
Das gilt für alle Generationen – wobei in meiner Wahrnehmung die Gen Z häufig als homogene Menschenmasse gesehen wird. Das Klischee: Sie (oder eher wir) wollen nicht arbeiten und wenn, dann nur zu vermeintlich vermessenen Bedingungen: Vier-Tage-Woche, flexibler Arbeitsplatz und Work-Life-Balance als oberstes Gebot.
Verschiedene Studien haben sich bereits mit der Gen Z befasst und ihre Ansprüche an die Arbeitswelt erforscht. Etwa zeigte eine Forsa-Umfrage im Auftrag von Xing, dass junge Menschen sich eine Vier-Tage-Woche wünschen würden, zudem seien sie gegenüber Unternehmen weniger loyal als Vorgängergenerationen, wie etwa die Millennials.
Eine andere Studie wiederum, von Yougov, zeigt jüngst: Auch die Gen Z kann ihrem Arbeitgeber treu sein – wenn sie sich dort wohlfühlen. Ich finde das verständlich: Warum soll ich bei einem Arbeitgeber bleiben, bei dem ich mich nicht wohlfühle?
Ist gutes Gehalt für Arbeit ein revolutionärer Gedanke?
Es ist doch eher ein Zeichen für eine problematische Arbeitswelt, wenn so etwas nicht wichtig ist. Auch Fragen nach einem vernünftigen Gehalt, von dem eine Person und möglicherweise eine Familie leben kann, beschäftigt doch nicht erst uns. Wir können „hart arbeiten“ und ja, dafür soll das Gehalt stimmen. Wir wollen also von diesem Geld leben können und nicht noch einen Nebenjob machen müssen, damit mal ein Urlaub drin ist – ist das verwerflich? Möglicherweise beschäftigt uns die Gehaltsfrage allerdings mehr, da die klassische 40-Stunden Woche vor mehr als einem halben Jahrhundert auf den Markt kam, während folgendes galt: Mutter = Haushalt, Vater = Arbeit.
Das ändert sich mehr und mehr – auch bei älteren Semestern –, für junge Menschen ist dieser Umbruch der Auftakt für unsere Zukunft. Der zeigt sich übrigens auch an vielen anderen Stellen: Klimawandel und Digitalisierung sind dafür zwei Beispiele. So gesehen wäre es Wahnsinn, zu glauben, die Arbeitswelt könne bleiben, wie sie ist, während sich alles um sie herum in einem stetigen Wandel befindet.
Wir haben also keine andere Wahl, als neue Ideen aufzubringen. An der Arbeitswelt hängt für uns nicht nur „Geld verdienen“, sondern auch elementare Fragestellungen: Ist es noch in Ordnung, Kinder zu bekommen? Diese Frage ist in meinem Umfeld schon häufig aufgekommen.
Neue Fragen, neue Lösungen
Wie soll der Haushalt mit einer 40-Stunden-Woche funktionieren? Diese Frage stellen übrigens Männer und Frauen. Bei unserer Elterngeneration haben wir alle erlebt, wie Beziehungen in die Brüche gingen, der Vater nur gestresst in Abendstunden auf der Bildfläche erschien. Das sind Punkte, die viele von uns anders machen wollen. Kann man es uns verdenken? Ich denke nicht.
Außerdem, das zeigen Studien ebenfalls, wir wollen arbeiten. Nur eben nicht bis zum eigenen Zusammenbruch, der Kapitulation des Privatlebens oder damit wir erst mit grauem Haar lernen müssen, mit Freizeit umzugehen. Wir sind eine junge Generation, mit einem Haufen von Individuen, von denen jede:r eigene Träume und Ziele hat – die passen gar nicht alle in eine Umfrage. Wir haben bei unseren Eltern gesehen, was nicht funktioniert, was unglücklich und krank macht. Das wollen wir halt besser machen – und ihr?
Arbeitsscheu sein ist doch nichts schlechtes! Es führt zu Effizienzverbesserungen. Menschen, die gerne viel Arbeiten, sind mir suspekt. Ich nehme an, sie haben schlichtweg noch nichts schöneres als Arbeiten in ihrem Leben gefunden. Das finde ich traurig.
Ich finde die Forderungen nicht verwerflich und auch die älteren Generationen würden sie gerne mitnehmen. Allerdings müssen schon mindestens 2 Aspekte berücksichtigt werden.
1. Wandel braucht Zeit!
Was im Kopf so spielend leicht umzusetzen ist, stellt sich in der Realität ganz anders dar. Gewachsene Strukturen in Unternehmen und noch viele Mitarbeiter, die das Arbeiten anders kennengelernt haben, können nicht von heute auf morgen auf links gedreht werden. Zumal auch die Bereitschaft zum Wandel vorhanden sein muss. Spätestens wenn die Generation Alpha ihre Forderungen an die Generation Z stellt, wird das deutlich werden.
2. Es muss bezahlbar sein!
Und ich rede nicht davon, dass der höhere Gewinn durch den technologischen Fortschritt direkt wieder in den Taschen der oberen 10.000 verschwindet. Das wird er weiterhin.
Aber Stundenreduzierungen, dadurch mehr Freizeit und dort mehr Ausgaben, mehr Remote-Work (am besten an paradiesischen Stränden, was auch bezahlt werden muss neben der etwaigen Wohnung im Heimatland) auf der einen Seite und auf der anderen Seite der Wunsch nach Eigenheim, Kindern, Urlaub etc. … das muss auch erstmal finanziert werden. Da ist es nicht verwunderlich, dass der Kostenfaktor Kind als erstes in Frage gestellt wird („Ist es noch in Ordnung, Kinder zu bekommen?“).
Forderungen dürfen gerne gestellt werden und mit Vorurteilen muss man klar kommen können. Allerdings würde mich eher interessieren, welche Einschränkungen die Generation Z auf der anderen Seite in Kauf nehmen würde. Dazu ein Artikel wäre mal was ganz spektakuläres.