
Der die Mütze falsch herum tragende Bitcoin-Maximalist Nayib Bukele hat sich verspekuliert. Einstweilen kann er dennoch recht ruhig bleiben, denn er hat ja nicht sein eigenes Geld verbrannt, sondern jenes seiner Landsleute.
Wenn der Dip zum Abgrund wird
Zwar hatte sich Bukele auf Twitter mehrfach selbst dafür gerühmt, dass er stets den „Dip“ kaufe – also zum Bitcoin-Kurs nach einem kurzen Durchhänger. In der Nachbetrachtung erweist sich indes, dass der „Dip“ sich zu einer veritablen Senke entwickelt hat, aus der es schwer wieder aufzusteigen scheint.
So hatte Bukele sich im Oktober 2021 noch gefreut, 420 Bitcoin zum damaligen Dip-Kurs von 60.300 US-Dollar kaufen zu können. Ähnlich vergnügt zeigte er sich im Mai 2022 beim Kauf von 500 Bitcoin für mehr als 30.700 Dollar pro Coin.
Bei dem aktuellen Kurs um 22.000 Dollar, der größten Delle seit Ewigkeiten, zeigt er sich weniger investitionsfreudig – jedenfalls kommuniziert er keine Dip-Erfolge. Das mag daran liegen, dass der aktuelle Wert des Bitcoin niedriger ist als jeder andere Wert, zu dem Bukele bisher gekauft hat. In anderen Worten: El Salvador befindet sich rein netto in der Verlustzone.
Alle Anlegenden der vergangenen 18 Monate schreiben rote Zahlen
Das Land El Salvador besitzt derzeit 2.301 Bitcoin, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrages 50,6 Millionen Dollar wert sind. Das sind nur noch unter 48 Prozent der 105,6 Millionen Dollar, die Bukele bislang investiert hat.
Natürlich steht El Salvador mit dieser Problematik nicht allein da. Im Grunde kann gesagt werden, dass jede und jeder, die oder der in den vergangenen 18 Monaten erstmalig in den Bitcoin investiert hat, jetzt mit einem Verlust dasteht. Das dürfte die breite Masse sein, denn die Kryptowährung hat ja gerade wegen der großen Zuwächse, die sich nun in Luft auflösen, neue Anlegende angezogen.
Verzweifelte Anleger jetzt noch verzweifelter
Darunter werden sicher auch welche sein wie El Salvador. Also Anlegende, die schon vor der Investition in finanziell schwierigen Verhältnissen steckten und den Bitcoin als eine Art Ausweg begreifen wollten. Im Falle El Salvadors ist das nun gründlich schiefgegangen, wobei zu sagen ist, dass schon während der kurzen Zeit, in der der Bitcoin für El Salvador nicht völlig aus dem Ruder lief, kein einziges der drängenden Probleme des Landes deswegen besser hätte angegangen werden können.
Stattdessen sah sich Bukele einer Reihe von Protesten gegen die Einführung des Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel in dem mittelamerikanischen Land ausgesetzt. Die Verbrechensrate konnte ebenfalls nicht namhaft gesenkt werden. Das stünde zwar auch nicht zu erwarten, zeigt aber ganz gut, worum es Bukele offenbar tatsächlich ging – nämlich darum, seine wichtigen Probleme zu verschleiern und mit der Aura des New-Finance-Vorreiters zu kaschieren.
Bukele bleibt locker
Bukele ficht das nur marginal an. Verloren habe er gar nichts, weil er ja nicht verkaufen werde, ließ er wissen. Das ist richtig, aber nur ums Hodlen kann es ihm ja nicht gegangen sein. Denn ein Land dient nicht gut als reines Sparschwein. Die groß angekündigten Vulkananleihen zur Finanzierung der geplanten Bitcoin-City hat er jedenfalls schon mal auf Eis gelegt. Ursprünglich sollte es die schon seit März geben.
Wer nun aber direkt die Staatspleite El Salvadors herbeiredet, übertreibt die Bedeutung der Bitcoin-Deals deutlich. Immerhin betreibt das Land einen Staatshaushalt im Volumen um sieben Milliarden Dollar. Da sind die bisher verlorenen 55 Millionen Dollar die sprichwörtlichen Peanuts. Selbst ein Totalverlust würde El Salvador nicht zahlungsunfähig machen. Dieser Zustand kann indes jederzeit aus anderen Gründen eintreten. Marode genug ist das Land.
55 Mio. sind ca. 2% dessen, was uns die Spritpreisbremse in zwei Wochen gekostet hat.