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Warum das Homeoffice bisher scheiterte und 5 Tipps, wie es jetzt gelingen kann

Die Umstellung auf Homeoffice wegen des Coronavirus birgt für viele Unternehmen große Herausforderungen. Wir haben 5 Tipps von einem echten Experten.

Von Noëlle Bölling
6 Min. Lesezeit
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(Foto: PR Image Factory/ Shutterstock)

Beim Thema Homeoffice schieden sich bis zuletzt die Geister. Während einige Firmen sich bereits früh für das neue Arbeitsmodell öffneten und andere sogar ihr komplettes Geschäftsmodell darauf aufbauten, blieben andere lange stur. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist die Möglichkeit, von zuhause zu arbeiten, jedoch nicht nur ein nettes Plus in Sachen New Work. Um den Kontakt zu Kollegen und zu unzähligen anderen auf dem Weg ins Büro zu vermeiden, ist es der einzig richtige Weg. Dass nicht jeder seine Arbeit ins heimische Arbeits- oder Wohnzimmer verlegen kann, das ist klar. Eine Umfrage, die der BVDW Anfang März durchführte, ergab jedoch, dass über 75 Prozent der befragten Arbeitnehmer es sich vorstellen könnten, in der gegenwärtigen Situation ins Homeoffice umzuziehen. Zwei Drittel erwarteten außerdem, dass ihr Chef entsprechende Lösungen von sich aus anbietet. Dass ihr Arbeitgeber technisch bereits dazu in der Lage sei, sagte jedoch nur etwas mehr als die Hälfte.

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Die Coronakrise könnte also nicht nur für unser Gesundheits- und Schulsystem den notwendigen Schubser bedeuten, den es für eine Umstellung auf digitale Alternativen braucht – sondern auch für die deutsche Arbeitswelt. Wie sehr viele Unternehmen hinterherhinken, wenn es um flexible Arbeitsmodelle geht, belegt eine Studie, die das Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zusammen mit dem Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung durchgeführt hat. Sie ergab, dass bisher nur jeder vierte Arbeitgeber in Deutschland die zumindest zeitweise Arbeit aus dem Homeoffice oder von unterwegs erlaubte. Und im Rahmen einer Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung stellte sich sogar heraus, dass Arbeitgeber einen Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Angestellten zu machen scheinen: Während 22 Prozent der Frauen angaben, Heimarbeit sei für sie nicht erlaubt, obwohl es technisch möglich wäre, traf unter den Männern diese Aussage nur bei zwölf Prozent zu.

Fehlende Technik, mangelndes Vertrauen

Laut der Chefetagen gibt es viele Gründe, weshalb Homeoffice in ihrem Unternehmen nicht möglich sei. Brendon Craigie, Co-Founder und Managing Partner der europäischen PR-Agentur Tyto, sieht vor allem in den fehlenden Tools und dem mangelnden Willen, sich diese zu beschaffen, ein Problem. Bevor ein Arbeitgeber sein Team ins Homeoffice schicken kann, muss er sich eine ganze Reihe an Fragen stellen: Was muss ich an IT zur Verfügung stellen? Brauche ich eine gesonderte Versicherung? Und wie ist es in diesem Fall mit Arbeitszeiten und Arbeitsrecht? Um sich damit auseinanderzusetzen, fehle vielen einfach die Zeit und die Lust. Der wichtigsten Grund, weshalb Chefs kein Fan von Homeoffice sind, scheint ihm aber der Mangel an Vertrauen zu sein: „Wir kennen doch alle dieses vermeintlich wissende Lächeln von Vorgesetzten und Kollegen, die fest davon ausgehen, dass man dann doch eher Wäsche macht oder gemütlich ein Buch liest, wenn man von zuhause arbeitet.“

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Vor der Gründung von Tyto war Craigie selbst über 16 Jahre lang in einem „normalen“ Bürojob bei der globalen Kommunikationsagentur Hotwire tätig, vor allem in der Rolle als Managing Director und Group CEO. Mit seiner eigenen Agentur ist er zwar der Branche treu geblieben, nicht jedoch den starren Bürostrukturen, die in Deutschland und Europa immer noch zur Normalität gehören. Sein Team bei Tyto arbeitet remote – also von dort aus, wo sie gerade sind, egal, ob aus dem Coworking-Space, dem Büro des Kunden, dem Esszimmer der Eltern, der Ferienwohnung auf Mallorca oder eben dem Büro in der eigenen Wohnung.

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In diesem Konzept sieht er viele Vorteile: „Zum einen habe ich die Erfahrung gemacht, dass Kollegen im Homeoffice sehr viel effizienter arbeiten, weil sie sich besser konzentrieren können. Gleichzeitig sind sie häufig motivierter, weil so können sie die Arbeit um ihr Privatleben herum organisieren. Ob jemand zwei Stunden Mittagspause macht, weil er oder sie mit den Kindern zu Mittag essen will und daher lieber noch einmal eine Aufgabe erledigt, wenn die Kinder im Bett sind – das ist mir völlig egal. Und der Kollege weiß die Flexibilität sehr zu schätzen.“ Auch die Zeit, die durch das wegfallende Pendeln gewonnen wird, ist für ihn und seine Mitarbeiter ein großer Pluspunkt. „Jeder von uns verbringt doch lieber ein, zwei Stunden mehr am Tag mit Familie und Freunden, beim Sport oder im Garten, als im Auto oder Zug zu sitzen“, meint er.

Doch natürlich hat dieses Modell, das er bewusst als „location-agnostic“ bezeichnet, auch für ihn als Arbeitgeber große Vorteile. Denn beide Seiten müssen sich nicht auf einen Ort beschränken, in dem die Agentur ansässig ist. Craigie erklärt: „Ich suche Mitarbeiter nicht nur in München, Frankfurt oder Berlin, weil da die Stelle ausgeschrieben ist. Ich kann im Prinzip überall in Europa nach passenden Kandidaten schauen. Gleiches gilt für die Angestellten – jemand will unbedingt auf Usedom leben, aber kann das bislang nicht tun, weil es da einfach nicht die richtigen Jobs gibt? Bei uns geht das – solange die Internetverbindung stimmt.“

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5 Tipps für die Arbeit im Homeoffice

Während die aktuelle Lage andere Unternehmen vor große Probleme stellte, die aufgrund ihrer technischen Voraussetzungen schlecht auf die Umstellung vorbereitet waren, bedeutete sie für Brendon Craigie und sein Team keine Umstellung. Sie können auch während der Coronakrise einfach weiterarbeiten wie bisher. Und natürlich hat er für jene Firmen, die jetzt nicht mehr jeden Tag im Büro begegnen, ein paar wichtige Tipps:

1. Transparent kommunizieren

In einer traditionellen Büroumgebung fließt die Information organisch, jeder bekommt irgendwie alles mit. Im Home- oder Remote Office ist das anders, deshalb müssen wir sicherstellen, dass wir transparent, konsistent und sicher kommunizieren. Deshalb nutzen wir bei Tyto eher gemeinsame Channels anstatt private Nachrichten, wenn wir ein Kollaborationstool nutzen.

2. Klare Strukturen schaffen (an die sich auch der Chef hält)

Wenn ihr in erster Linie über Messaging-Plattformen kommuniziert, die ganz leicht auch mit dem Smartphone zu nutzen sind, entwickelt sich schnell die schlechte Angewohnheit, auch außerhalb des Arbeitstages weiter zu kommunizieren. Das wiederum kann zu einer schlechteren Work-Life-Balance führen – zumal, wenn der Chef das vorlebt und Angestellte das Gefühl haben, nachziehen zu müssen.

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3. Neue Kreativ-Techniken entwickeln

Klassische Brainstormings funktionieren über Video einfach nicht, Punkt. Stattdessen empfehle ich die Creative-Sprint-Methode, bei der man den Leuten Zeit gibt, sich mit dem Briefing zu beschäftigen und individuelle Ideen zu entwickeln, die dem Team dann ein oder zwei Tage später in einem gemeinsamen Videocall präsentiert werden. Hier gilt es also eher, Ideen zu diskutieren und zu debattieren, als ein Umfeld zu schaffen, in dem Ideen unter Druck formuliert werden.

4. Wege finden, die Firmenkultur aufrecht zu erhalten und Erfolge zu feiern

Wir schließen unsere Woche mit gemeinsamen, virtuellen Friday-Drinks, gehen virtuell mit unseren Hunden Gassi, schicken den Kollegen Muffins zum Firmenjubiläum und Geschenke zu ihren Geburtstagen. Außerdem haben wir einen Channel namens Pride, der explizit dafür da ist, gute Leistungen zu loben und Ergebnisse zu feiern. Im Culture-Channel ist (fast) alles erlaubt, dort geht es darum, sich als Kollegen besser kennenzulernen. Und natürlich ist es trotz Remote Working auch wichtig, sich regelmäßig persönlich zu sehen.

5. Wirklich zuhören

Im Büro sieht man in der Regel recht schnell, wenn ein Kollege oder Mitarbeiter sich ärgert, bedrückt oder gestresst ist. In einem Remote-Modell ist es dagegen viel schwieriger, solche Schwingungen mitzubekommen. Deshalb ist es wichtig, sich unverhältnismäßig viel Mühe zu geben, den Kollegen zuzuhören und proaktiv zu fragen, wie es ihnen geht.

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Dein t3n-Team

Monica Wörl

Ein schöner Beitrag der zeigt, dass es eben auch anders geht. Sicher ist das für einige Unternehmen einfacher umsetzbar als für andere aber die Situation zeigt dass man immer vorbereitet sein sollte. Ich bin sehr gespannt darauf welche Schlüsse daraus in unserer Unternehmenslandschaft gezogen werden. Ich bekomme es auch selbst bei vielen Kunden mit, die durch die Umstellung auf Probleme stoßen. Oft finden sich andere kreative Wege, das Business weiterzuführen an die zuvor niemand gedacht hätte.

Unsere Gemeinde ist das beste Beispiel: seit Jahren wartet man vergebens darauf, dass z.B. simple Anträge online ausgefüllt werden können. Jetzt wurde aufgrund der aktuellen Lage eine Dokumentenmanagement Software eingeführt mit der genau das möglich wird. Und siehe da, sogar das Amt selbst ist überrascht von den positiven Auswirkungen nach einigen Wochen. Es bleibt nur zu hoffen dass dadurch jetzt ein langfristiges Umdenken stattfinden wird. Zumindest gehe ich davon aus dass auch sehr viele Unternehmen gestärkt aus dieser Krise hervorgehen.

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