
Das Berliner Fintech-Startup Kontist, Anbieter einer mobilen Geschäftskonto-Lösung für Selbstständige und Freelancer, hat jetzt einen digitalen Steuerservice angekündigt, der zentrale Problemstellungen der Zielgruppe lösen soll. Das Unternehmen „erfüllt mit der Produkterweiterung um Buchhaltung und Steuerservice seine Mission, den bürokratischen Aufwand mit der Finanzverwaltung von Selbstständigen deutlich zu erleichtern“, erklärt das Fintech. Unternehmen sollen so in die Lage versetzt werden, weitere Umsatzpotenziale zu erschließen und ihre geschäftliche und private Steuererklärung leichter erstellen und übermitteln zu können.
Nach unternehmenseigenen Berechnungen soll die Automatisierung den Nutzern 70 Prozent ihrer verwendeten Zeit einsparen. Dabei soll die App auf der Grundlage der Banking-Transaktionen und mittels eigener Buchhaltungsfunktionen wie Beleg-Scanning im Hintergrund Buchhaltung und Steuerkalkulation tagesaktuell erledigen können. Ob das wirklich so automatisiert funktioniert und selbst die Meldung ans Finanzamt so erfolgen kann, wie es das Unternehmen verspricht, muss freilich erst bewiesen werden – denn selbst die Finanzen von Solopreneuren sind nicht immer so unkompliziert, dass eine automatische Zuordnung sinnvoll erscheint.
Automatisierung der Buchhaltung, unterstützt durch menschliche Berater
Kunden sollen jedenfalls laut Anbieter ihre Ausgaben nicht mehr selbst kategorisieren müssen und wissen täglich exakt, wie viel Steuern sie dem Fiskus für einen gewissen Berechnungszeitraum schulden. Ergänzt wird das technische In-App-Finanzmanagement durch menschliche Beratungsleistungen der Kontist Steuerberatungsgesellschaft. Kontist will dem Kunden so eine „All-in-one“-Finanzlösung bieten, die die Organisation aller Buchhaltungsprozesse und der gängigen Steuerarten von Selbstständigen übernehmen soll.
Doch in der Tat könnten gerade Selbstständige von der tagesaktuellen Steuerkalkulation profitieren, da hier aufgrund der stark schwankenden Einnahmen geschäftliche Hürden entstehen können – nicht zuletzt auch angesichts der schwierigen Situation in der Coronazeit. Gerade viele Selbstständige, die den Gang zum Steuerberater aus Kostengründen scheuen (und die aufgrund des vergleichsweise hohen Beratungsbedarfs im Vergleich zum möglichen Ertrag auch dort nicht immer besonders willkommen sind), könnten von einer zumindest teilweise automatisierten Lösung profitieren. Während herkömmliche Steuerberater jeweils rund 175 Kunden abdecken können, ist der technikbasierte Steuerservice in der Lage entsprechende Leistungen problemlos auf ein Vielfaches davon zu skalieren.
Kontist hat für Steuerthemen 2 neue Gesellschaften gegründet
Kontist hat dazu nicht nur regulatorische Hürden genommen, sondern auch zwei neue Unternehmen gegründet: die Kontist Steuerberatungsgesellschaft und die Kontist Service, welche die automatisierte Buchhaltung und die steuerliche Beratung verknüpft. Die Kontist GmbH selbst vermittelt die Leistungen beider Neugründungen und ermöglicht einen einheitlichen Zugang in der Kontist-App.
Mit 149 Euro monatlich ist der Service allerdings nicht ganz billig – für knapp 1.800 Euro kann auch ein nach der geltenden Honorarordnung abrechnender Steuerberater einiges leisten. Dafür deckt der Kontist-Steuerservice alle Leistungen ab, die im direkten Zusammenhang mit den geschäftlichen Tätigkeiten und privaten Steuererklärungen Selbstständiger stehen. Kunden, die ihre Buchhaltung weiterhin selbst verwalten möchten, können ihr bisheriges Kontist-Konto sowie alle erhältlichen Integrationen mit anderen Buchhaltungssystemen weiterhin unverändert nutzen.
Mehr als 400 Bestandskunden haben die Leistung laut Unternehmensangaben schon vor dem offiziellen Release bestellt – das Berliner Startup hatte den Dienst im Rahmen eines Softlaunches erst einmal unter den Bestandskunden angeboten, von denen die ersten 250 allerdings lebenslang nur 99 Euro monatlich zahlen müssen.
Ob der Steuerservice in der angebotenen Form wirklich so weit digitalisiert ist, dass der Selbstständige mit wenigen Klicks die Umsatzsteuervoranmeldung und nicht zuletzt auch die Steuererklärung erledigen kann, bleibt abzuwarten. Ob der Dienst günstiger als der Steuerberater ist, hängt natürlich auch vom Umsatz ab. Ein entscheidender Vorteil, der sich allerdings auch mit anderen Buchhaltungs-Tools realisieren lässt, ist der tagesaktuelle Einblick in die Zahlen und die Steuerschuld. Immerhin könnte die Kontist-Steuerberatung dem Selbstständigen einiges an komplexer Arbeit abnehmen, die nicht zu seinem Kerngeschäft zählt.
Tobias Weidemann
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