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Mining fürs Klima? Bitcoin als Stütze der Energieversorgung

Verfolgt man übliche Pressemeldungen, geht es bei der Kryptowährung Bitcoin fast immer um zwei Themen: entweder sind es auffällige Kursschwankungen oder es ist der hohe Energieverbrauch. In diesem Gastbeitrag geht es um eine Energieversorgungsoption, die die gängige Kritik praktisch auf den Kopf stellt.

Von BTC ECHO
4 Min. Lesezeit
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Bitcoin-Mining. (Bild: Cryptographer/Shutterstock)

Es sind Aussagen wie diese, die sich in der Öffentlichkeit festsetzen: „Eine Bitcoin-Überweisung kostet so viel Energie, wie ein vierköpfiger Haushalt in sechs Monaten verbraucht“. Diese Aussage ist genauso sinnlos wie die Behauptung „mein Auto verbraucht sechs Liter pro 100 Kilometer, weil ich hin und wieder den Blinker betätige“, weil es die Nebenfunktion zur Hauptfunktion erklärt, die beim Bitcoin-Netzwerk eben beim Sicherheitsaspekt liegt.

Energiebedarf

Die extreme IT-Sicherheit des Bitcoin-Netzwerkes lässt sich bekanntlich nur durch entsprechenden Energieaufwand gewährleisten. Dieses Sicherheitsniveau wäre für unsere Infrastruktur (Energieversorgung, Internet, Regierungsapparat) ebenfalls wünschenswert. Die Kosten durch Cyberkriminalität übersteigen laut einer Studie der Münchener Rück mittlerweile die Schäden sämtlicher Naturkatastrophen.

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Der Energiebedarf des Bitcoin-Netzwerks entsteht im Wesentlichen bei den weltweit verteilten Mining-Betrieben (Rechenzentren). Diese Hallen sind mit Spezialrechnern bestückt, sogenannten Mining Rigs, die wiederum mit speziellen ASICs (Applikationsspezifische ICs) bestückt sind. Solche Rechner können mit einer unvorstellbaren Geschwindigkeit nur eine ganz bestimmte Rechenoperation ausführen: den sogenannten Hash-Wert eines neuen Datenblocks (der circa 2.000 Überweisungen enthält) für die Blockchain-Datenbank ermitteln. Diesen Prozess kann man im Prinzip live verfolgen, siehe Bild 1.

(Bild: https://mempool.space/de/ )

Das Verfahren nennt man PoW (Proof of Work). Es wurde 1997 von Adam Back entwickelt und verursacht rund 90 Terawattstunden Energieaufwand pro Jahr.

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Schauplatzwechsel

Trotz der Entwicklung von erneuerbaren Energiequellen (Solar und Wind) und Forschungsarbeiten wie etwa der Kernfusionstechnik, ist absehbar, dass sich der stark steigende Strombedarf der Weltbevölkerung mittelfristig nur CO₂-neutral decken lässt, indem massiv auf Kernenergie zurückgegriffen wird. Dabei gibt es innovative Konzepte, die dezentral und umweltverträglich sein sollen. Ein mögliches Stichwort dazu: Laufwellenreaktor. Ein Nachteil der erneuerbaren Energien ist deren „Unzuverlässigkeit“, verursacht durch Flauten und schwankenden Sonnenlichtertrag. Diese möglichen Versorgungslücken sind anderweitig zu kompensieren. Leider gibt es noch keine Patentlösung, große elektrische Energien speichern zu können. Ein Beispiel dazu: Ein deutsch-japanisches Forschungsprojekt hat die EWE in der norddeutschen Kleinstadt Varel vorgestellt. Dabei handelt es sich um einen Hybridgroßspeicher, der bei Bedarf mehr als 11,5 Megawatt Leistung abgeben kann. Er könnte alle Haushalte von Varel circa fünf Stunden lang mit Strom versorgen.

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Alle derartigen Forschungsanstrengungen sind zu begrüßen und wichtig, aber nach einem bahnbrechenden Durchbruch sieht das zunächst nicht aus. Und hier kommt eben eine alternative Idee ins Spiel: Schnell abrufbare Energiereserven sind für unsere Netzstabilität unverzichtbar – vor allem in Zeiten von schwer kalkulierbaren regenerativen Energiequellen. Wie oft Deutschland schon an Blackout-Szenarien vorbeigeschrammt ist, wird den Bürgern ja nicht direkt mitgeteilt, aber es lässt sich eben auch nicht ganz verschweigen. So schrieb Niklas Záboji erst im August dieses Jahres: „Ab 19:49 Uhr zogen die Netzbetreiber deshalb weitere Register und nahmen mit den sofort abschaltbaren Lasten (SOL) vier Industrieanlagen vom Netz, darunter die Aluminiumhütte von Trimet in Essen. Elf Minuten später ging der Abwurf von Großverbrauchern quer durch die Republik weiter. Nun wurden zusätzlich mehrere der schnell abschaltbaren Lasten (SNL) auf Geheiß der Netzbetreiber von der Stromversorgung abgeklemmt, um Erzeugung und Nachfrage ins Lot zu bringen. Bei ihnen gibt es eine Vorlaufzeit von einigen Minuten, während die SOL innerhalb von 250 ms vom Netz gehen. Die Abwürfe dauerten bis 21 Uhr.“

Um das geschilderte Problem zu entschärfen, werden Energiereserven benötigt.

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Überschüssiger Strom für Mining Rigs

Und diese könnten die obengenannten innovativen Kernkraftwerke vorhalten. Aber jeder Techniker kennt die nächste Frage: Wohin mit der Energie, wenn sie im öffentlichen Netz nicht benötigt wird? Solche Kraftwerke benötigen eben zwingend eine gleichmäßige Auslastung, anders geht es nicht. Und bevor man jetzt überflüssige Energie in eine Lithium-Ionen-Anlage speist, die sonst nur Geld kostet und nichts erwirtschaftet und außerdem nur eine begrenzte Kapazität hat, kann das Kraftwerk besser eine benachbarte Mining-Anlage speisen, auch längerfristig. Mining-Anlagen arbeiten weltweit höchst wirtschaftlich, werfen also Gewinn ab, indem sie Bitcoins schürfen. Das Kraftwerk kann seine Energie also stets mit Gewinn abgeben, auch ohne das „öffentliche Netz“ zu benötigen. Und es ließe sich noch weiter optimieren: Die Mining Rigs wandeln die Energie zu 100 Prozent in Wärme um. Diese ließe sich durch Wärmetauscher nutzen und etwa für Fernwärme verwenden. Solche Konzepte werden in Übersee bereits verfolgt, nur in Deutschland stehen zunächst wieder ideologische Barrieren im Wege. Dieses Problem entkoppelt uns vom Weltmarkt.

Der größte Vorteil dieses Systems wäre folgender: Braucht das öffentliche Netz plötzlich viel mehr Energie vom Kraftwerk, lassen sich die Mining Rigs in Sekundenschnelle stufenweise abschalten (vermutlich SOL), ohne dass dadurch irgendwelche Nachteile für jemanden entstehen und ohne, dass es jemand überhaupt bemerkt – und es gehen auch keine Informationen verloren. Unsere Energieversorgungsnetze ließen sich optimal stabil betreiben, trotz erneuerbarer Energien. Das Bitcoin Mining würde als Werkzeug zur Stabilisierung der Netze dienen, ohne Kosten zu verursachen. Wähler und Politiker müssen diese Zusammenhänge nur verstehen und umsetzen, aber die Zeit drängt. Bislang gab es solche Alternativen zur „Lithium-Ionen-Mega-Speicherungs-Anlage“ überhaupt nicht, daher fällt uns die neue Orientierung und Denkweise schwer; trotzdem ist es eine Überlegung wert. Eine Verteufelung der Bitcoin-Technologie könnte sich als großer Denkfehler erweisen.

Einige CO₂-Informationen sollten an dieser Stelle auch nicht fehlen, um die Größenordnungen vergleichen zu können: Eine Studie der Universität Cambridge stellte beispielsweise bereits 2020 fest, dass für das BTC Mining bereits 39 Prozent regenerative Energien verwendet werden. Auf einen höheren Anteil bei der Nutzung regenerativer Energien kommt Deutschland selbst nicht. Die Bilanz dürfte sich bald noch verbessern, da das Mining in China seit 2021 kaum noch erlaubt ist und dort überwiegend mit fossilen Brennstoffen gearbeitet wurde. Bitcoin ist Stand heute nur für circa 0,05 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich, die Modeindustrie für fünf Prozent. Und da stellt sich die Frage, was wichtiger ist: die neueste Kollektion oder das erste weltweit faire Wertesystem?

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Folgende Zahlen zeigen in Millionen Tonnen den jährlichen CO₂-Ausstoß verschiedener Bereiche:

    • Bitcoin: 44,1
    • Goldgewinnung: 144
    • Finanz- und Versicherungswesen: 1.368
    • Rüstungsindustrie: 2.500

Autor des Artikels ist Hannes Leidenroth.

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2 Kommentare
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Darkwing Duck

ÖÖÖööÖÖÖöööHHHhhhHHHhhh wie bitte? Kernenergie in Zeiten des globalen Terrorismus. Da ist wohl jemand in der prallen Sonne eingenickt. Die Sicherheitsstandards solcher Anlagen sind ein schlechter Witz. Auch Endlagerung ist ein massives Problem.

Da verzichte ich doch eher auf Krypto-Tech, da es ohnehin nur noch energieaufwendiger wird, sobald Quantencomputer die Norm werden. Denn wie bereits richtig erwähnt beutetet mehr Sicherheit auch mehr Energiebedarf.

Antworten
Dan Spam

Hmm, oder um es mit am Anfang aufgeführten Vergleich zusammenzufassen: wenn wir blinken wollen, dann ist es sehr effizient, dies in einem 3L Auto zu tun.

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