Mobilität in Deutschlands Großstädten: Auto verliert gegen Fahrrad und ÖPNV

Verkehr in Berlin: weniger Autos, mehr Fahrräder. (Foto: Shutterstock/Mickis-Fotowelt)
Im Vergleich zur Zeit vor der Coronapandemie ist der Autoverkehr in deutschen Großstädten deutlich zurückgegangen. So waren in der ersten Jahreshälfte 2023 in Berlin im Schnitt rund 14 Prozent weniger Pkw unterwegs als im Vergleichszeitraum des Jahres 2019.
Ebenfalls ein Minus von sieben beziehungsweise fünf Prozent war in Hamburg und München zu verzeichnen, wie eine Datenauswertung des Spiegel zeigt. Einen deutlichen Rückgang gab es auch bei Autofahrten auf Bundesstraßen und Autobahnen.
In Köln hatte eine Umfrage unter 11.000 Bewohner:innen im November 2022 ergeben, dass das Auto nur für 25 Prozent aller Wege genutzt wurde. 2017 war das noch bei 35 Prozent der Wege der Fall. Beim Fuß- und Radverkehr habe es dagegen ein starkes Plus gegeben, wie der Spiegel schreibt.
Verantwortlich für den deutlichen Rückgang bei den Autofahrten ist Expert:innen zufolge der auch nach der Coronapandemie anhaltende Trend zum Homeoffice und zu Videokonferenzen. Darüber hinaus seien viele Menschen in den vergangenen Jahren auf Bus, Bahn und Fahrrad umgestiegen.
Auch die aktuelle Konjunkturschwäche sowie die gestiegenen Preise, etwa für Diesel und Benzin, könnten eine Rolle spielen. Nicht erwähnt, aber möglicherweise ebenfalls mit einem – wenn auch geringen – positiven Einfluss auf den ÖPNV: das im Mai gestartete Deutschlandticket.
Einer aktuellen Studie zufolge ist durch die Einführung des Tickets die Nutzung des ÖPNV im Schnitt um bis zu sieben Prozent gestiegen. Immerhin jede:r fünfte Neuabonnent:in fährt weniger Auto – was im Umkehrschluss freilich heißt, dass 80 Prozent von ihnen die Nutzung des Autos bisher nicht eingeschränkt haben.
Der Trend zur sinkenden Autonutzung dürfte sich aber in den kommenden Jahren – zumindest in den Großstädten – weiter fortsetzen. In Hamburg etwa stagniert der Bestand an privaten Pkw, obwohl die Hansestadt um 40.000 Einwohner:innen gewachsen ist. Seit 2019 sei der Radverkehr wiederum um ein Drittel angestiegen.
Ziel der meisten Großstädte: den Autoverkehr weiter drastisch senken und den Anteil von Fuß- und Radverkehr und ÖPNV weiter erhöhen. Ausgerechnet der bisher förderliche Trend zu Homeoffice und Videokonferenzen könnte dabei aber einen gegenteiligen Effekt haben, wie Philipp Kosok vom Thinktank Agora Verkehrswende im Spiegel warnt.
In ersten Erhebungen deute sich schon an, dass Menschen bereit seien, pro Tag etwa 60 bis 90 Minuten unterwegs zu sein. Kosok meint, dass das, was beim Arbeitsweg eingespart werde, woanders drangehängt werde. Wer etwa nur drei Mal die Woche ins Büro müsse, nehme dann auch längere Arbeitswege in Kauf – und ziehe etwa aus der Stadt weg.
Kosok: „Wir sollten uns also nicht darauf verlassen, dass uns das Homeoffice automatisch bei der Mobilitätswende und beim Klimaschutz hilft.“
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