Die Nachrichten Agentur Reuters berichtet über ein turbulentes Townhall-Meeting. Twitter-Mitarbeitende sehen die Gefahr eines Braindrain einerseits und einer vom potenziellen Neueigner Elon Musk induzierten Massenentlassung andererseits. Die Twitter-Führungsetage beteuerte, die Fluktuation unter den Beschäftigten stetig im Blick zu haben. Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt gebe es da aber keine Auffälligkeiten.
Mitarbeitende fürchten Massenexodus
„Ich bin es leid, von Shareholder Value und Treuepflicht zu hören. Was sind Ihre ehrlichen Gedanken zu der sehr hohen Wahrscheinlichkeit, dass viele Mitarbeiter nach Abschluss der Transaktion keine Arbeit mehr haben werden?“, brachte es ein Twitter-Mitarbeiter auf den Punkt.
Agrawal antwortete ausweichend. Twitter habe sich immer um seine Mitarbeiter gekümmert und werde dies auch weiterhin tun. „Ich glaube, dass die künftige Twitter-Organisation sich weiterhin um ihren Einfluss auf die Welt und ihre Kunden kümmern wird“, beteuerte der Twitter-Chef.
Musk zeigt sich weiterhin angriffslustig
Die Befürchtungen scheinen berechtigt. In den vergangenen Tagen hatte Musk nicht nur wiederholt die Moderationspraktiken von Twitter sowie eine Führungskraft, die für die Festlegung von Sprach- und Sicherheitsrichtlinien zuständig ist, kritisiert. Zudem hatte Musk in einem Tweet Kritik an Vijaya Gadde, der weithin angesehenen obersten Twitter-Juristin, geäußert und damit einen Mob aktiviert, der Gadde online Belästigungen ausgesetzt hatte.
Ebenso soll Musk angeblichen Insider-Informationen zufolge seinen Kreditgebern vorgeschlagen haben, die Gehälter des Vorstands und der Führungskräfte zu kürzen. Informationen darüber, in welcher Höhe das passieren könnte, gibt es nicht. Entscheidungen über Stellenstreichungen werde Musk erst treffen, wenn er Eigentümer von Twitter geworden ist, behaupten die bereits genannten Insider.
Mitarbeitende besorgt um Werbegeschäft
Das teils aggressive, teils erratische Verhalten Musks besorgt Mitarbeitende auch unter dem Aspekt, dass sich dadurch Werbetreibende abgeschreckt zeigen könnten. Das könnte Twitters Geschäft destabilisieren und dem Unternehmen finanziell schaden, befürchten sie.
„Haben wir in naher Zukunft eine Strategie, wie wir damit umgehen können, dass Werbekunden ihre Kampagnen zurückziehen?“, fragte ein Mitarbeiter. Twitters oberste Kundenmanagerin Sarah Personette beteuerte, das Unternehmen kommuniziere den Werbetreibenden ständig und sehr konsistent die Botschaft, dass sich „die Art und Weise, wie wir unsere Kunden bedienen, nicht ändern wird“.
Twitter-Chef Agrawal räumte ein, dass in der Zukunft unter neuer Führung Veränderungen zu erwarten seien. Das sei klar. Ebenso klar sei, dass das Unternehmen in den vergangenen Jahren bessere Leistungen hätte erbringen können. Auch er hätte „Dinge besser machen“ können. Darüber denke er oft nach.
Aussagen der Twitter-Führung überzeugen Mitarbeitende nicht
Nach dem Treffen sagte ein Twitter-Mitarbeiter gegenüber Reuters, dass er wenig Vertrauen in die Aussagen der Führungskräfte habe:
„Diese PR-Sprache verfängt nicht. Sie haben uns gesagt, wir sollen loyal bleiben und einen Job machen, auf den wir stolz sind. Aber es gibt keine Anreize für uns, das auch zu tun“.
Für Parag Agrawal würde sich ein möglicher Abgang immerhin weich gestalten. Nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Equilar würde der Twitter-Chef schätzungsweise 42 Millionen US-Dollar erhalten, wenn er das Unternehmen innerhalb von 12 Monaten nach dem Eigentümerwechsel verlassen müsste.