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Fundstück

Das sind die obskursten Betriebssysteme der Welt

Hannah Montana Linux, Plan 9 oder das Gottes-System Temple Operating System – neben Windows, Linux und macOS gibt es eine Reihe wirklich skurriler Betriebssysteme. Wir zeigen die ungewöhnlichsten.

Von Stephan Dörner
6 Min.
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Mezzano (Screenshots: github.com/froggey/Mezzano)

Plan 9 – alles, wirklich ALLES, ist eine Datei

Das Betriebssystem Plan 9 ist nach dem B-Movie „Plan 9 aus dem Weltall“ benannt, der häufig als schlechtester Science-Fiction-Film der Welt bezeichnet wird. Das 1979 erschiene Buch The Golden Turkey Awards erklärte den 1959 erschienen Spielfilm sogar zum schlechtesten US-Film überhapt.

Plan9-Installation. (Screenshot: Wikipedia)

Plan9-Installation. (Screenshot: Wikipedia)

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Das Betriebssystem Plan 9 ist allerdings keineswegs als Witz gemeint, sondern war der Versuch von den Bell Laboratories in den 1980er Jahren eine Alternative zu den auf Servern dominanten Unix-Systemen zu schaffen, die das alte Unix-Konzept „Alles ist eine Datei“ noch konsequenter umsetzt als Unix selbst.

Bei Plan 9 sind wirklich alle Ressourcen – Dateien, Bildschirme, Benutzer, Programme, Computer – als Datei ansprechbar, sogar wenn sie auf anderen Computern im Netzwerk liegen. Auch andere Computer im Netzwerk können so ebenfalls als Datei angesprochen werden.

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Plan 9 steht seit 2014 wie der Linux-Kernel unter der Open-Source-Lizenz GNU General Public License v2. Die jüngste Hauptversion – Fourth Edition – erschien 2002. Diese wird seit dem immer wieder mit Updates versorgt. Es existiert außerdem ein 2011 abgespaltener Fork namens Plan 9 Front.

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The Temple Operating System – und er sah, dass es gut war

The Temple Operating System ist das vielleicht obskurste aller je erschienen Betriebssysteme. Es wurde von dem Programmierer Terry A. Davis ab 2003 komplett im Alleingang entwickelt und soll ihm zufolge der in der Bibel vorausgesagte dritte Tempel Jerusalems sein. Den Auftrag, Temple OS zu bauen, will Davis direkt von Gott erhalten haben. Sich selbst bezeichnet er als höchsten Priester des dritten Tempels.

TempleOS (Screenshot: Wikipedia)

Temple OS (Screenshot: Wikipedia)

2015 hat Golem.de das religiöse System unter Public-Domain-Lizenz  ausführlich getestet, das demzufolge „auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn balanciert.“ Die technischen Entscheidungen des Systems sind ebenfalls allesamt theologisch begründet. So ist die Grafik auf eine Auflösung von 640 x 480 Pixel und 16 Farben beschränkt und Hardware-Upgrades sollen nur alle 49 Jahre durchgeführt werden. Einem Bericht von Vice zufolge leidet Entwickler Davis an einer unbehandelten Schizophrenie.

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Visopsys – One-Man-Show soll das beste aller Welten vereinen

Visopsys will die guten Eigenschaften aller Betriebssysteme vereinen. (Screenshot: visopsys.org)

Visopsys will die guten Eigenschaften aller Betriebssysteme vereinen. (Screenshot: visopsys.org)

Der Kanadier Andy McLaughlin hat sich Großes vorgenommen: Unter dem Namen Visopsys entwickelt er seit über 20 Jahren ein freies Betriebssystem, das die Vorzüge und Ideen aller anderen Betriebssysteme vereinen soll. Die Bedienung des Betriebssystems erfolgt wahlweise über Maus und Tastatur oder Touchscreens. Auf der Projektseite räumt McLaughlin aber ein, dass das „Visual Operating System“ auch nach 20 Jahren nicht ansatzweise fertig ist.

Und auch wenn Visopsys unter der Open-Source-Lizenz GPL steht, bleibt es auch nach zwei Jahrzehnten Entwicklungszeit eine One-Man-Show. Doch McLaughlin lässt sich nicht unterkriegen: Erst im September erschien Version 0.8 des Systems – unter anderem mit modernisierten Icons. Die Systemvoraussetzungen sind sehr moderat: Es reicht ein alter Pentium-PC mit 64 Megabyte Arbeitsspeicher.

Hannah Montana Linux – ganz schön rosa

Durch die freie Lizenz des Linux-Kernels und der restlichen Komponenten des Betriebssystems ist jeder mit grundlegenden technischen Kenntnissen grundsätzlich in der Lage, seine eigene Linux-Distribution zusammenzustellen.

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Hannah Montana Linux (Screenshot: hannahmontana.sourceforge.net)

Hannah Montana Linux (Screenshot: hannahmontana.sourceforge.net)

Und so hat eines Tages im Jahr 2010 ein Fan der Disney-Kinderserie Hannah Montana mit Miley Cyrus oder ein Witzbold eine funktionierende Linux-Distribution unter dem Namen Hanna Montana Linux ins Netz gestellt. Die Pflege aller Systemkomponenten ist da schon aufwendiger – Updates sind nicht bekannt.

Der Download der entsprechenden Image-Datei funktioniert aber noch heute. Die Desktop-Oberfläche KDE 4.2 präsentiert sich bei Hanna Montana Linux extrem rosa, das Startmenü ist das Logo der Serie und viele weitere Icons wurden passend zum Theme angepasst.

Resume – eine Bewerbung als Betriebssystem

Einen wirklich beeindruckenden Lebenslauf hat ein französischer Entwickler programmiert: Seine Bewerbung verschickte er als komplettes eigenes Betriebssystem, das nichts anderes tut, als seinen Lebenslauf und andere Bewerbungsunterlagen anzuzeigen. Den Quellcode veröffentlichte er auf Github, der dazugehörige Blog-Eintrag ist inzwischen leider gelöscht.

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Mehr dazuGeniale Lebenslauf-Idee – Entwickler stellt sich über eigenes Betriebssystem vor

Red Star OS – ein Betriebssystem wie aus „1984″

Nordkorea ist die letzte Diktatur stalinistischer Prägung auf der Welt – ein Ein-Parteienstaat mit Alleinherrscher Kim Jong-un an der Spitze. Für die in der kommunistischen Diktatur nur vereinzelt vorhanden PCs hat die Regierung ein eigenes linuxbasiertes Betriebssystem namens Red Star OS veröffentlicht, das ab 2002 entwickelt wurde. Die aktuelle Version Red Star OS 3.0 erschien im Sommer 2013.

Red Star OS 3.0. (Screenshot: Wikipedia)

Red Star OS 3.0. (Screenshot: Wikipedia)

Teil von Red Star ist ein angepasster Mozilla-Browser mit dem Namen Naenara, der dem Nutzer Zugang zum inhaltlich komplett von der Parteiführung kontrollierten nordkoreanischen Intranet namens Kwangmyong verschafft, das nur aus 28 Websites besteht. Seit Version 3 orientiert sich Red Star OS optisch an Apples Mac-Betriebssystem, davor war offensichtlich Windows das Vorbild.

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Auf dem 32. Chaos Communication Congress präsentierten Ende 2015 zwei deutsche IT-Forscher das Ergebnis ihrer eingehenden Untersuchung von Red Star OS. Demnach besitzt das Betriebssystem eine Funktion, die jede mit Red Star geöffnete Datei mit einem Wasserzeichen versieht, das auf Grundlage der Festplatten-Seriennummer erzeugt wird. So lässt sich der Ursprung und Weg einer Datei nachverfolgen. Ein angebliches Anti-Viren-Programm löscht Dateien, sobald es bestimmte kritische Textmuster erkennt. Eine Funktion für die komplette Außensteuerung des PCs fanden die Forscher nicht.

Mezzano – wofür Common Lisp alles gut ist

Mezzano (Screenshots: github.com/froggey/Mezzano)

Mezzano (Screenshots: github.com/froggey/Mezzano)

So obskur viele der hier vorgestellten Betriebssysteme auch sind: Die meisten nutzen immerhin eine für Betriebssysteme übliche Programmiersprache wie C, um das System zu bauen. Mezzano dagegen ist ein Betriebssystem aus der Kategorie „Weil ich es kann“: Das System ist komplett in der Programmiersprache Common Lisp geschrieben.

Das OS befindet sich in einem frühen Stadium, besitzt allerdings unter anderem schon einen funktionierenden Compiler und eine Garbage Collection. Der Sourcecode steht auf Github zum Download bereit.

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Red Flag Linux – Chinas totes OS

Auch Chinas autoritäre Regierung hat ein eigenes linuxbasiertes Betriebssystem entwickelt, um von Microsoft Windows unabhängiger zu werden. Die erste Version erschien im August 1999. Die vom chinesischen Staat finanzierte Linux-Version konnte sich jedoch gegen die Konkurrenz von Red Hat und Suse nicht durchsetzen. Im Februar 2014 wurde Red Flag Linux eingestellt.

AmigaOS – Ja, er lebt noch!

Wehmütig werden sich viele Kinder der 1980er und 1990er an ihren ersten Homecomputer zurückerinnern: Neben vielen C64 stand auch häufig ein Commodore Amiga im Kinderzimmer. Im professionellen Umfeld wurde der 1985 erstmals vorgestellte Computer vor allem für Grafik- und Videobearbeitung eingesetzt.

Amiga OS 4.1 FE mit Workbench-Oberfläche. (Screenshot: amigaos.net)

Amiga OS 4.1 FE mit Workbench-Oberfläche. (Screenshot: amigaos.net)

Mit der Pleite von Commodore 1994 endete auch die Ära des Amigas – allerdings nie so ganz. Bis heute gibt es eine aktive Gemeinde rund um den Amiga und immer noch aktuelle Programm- und Spieleveröffentlichungen – sowohl für klassische Amiga-Computer, als auch für sogenannte NG-Amiga, die auf PowerPC-Prozessoren basieren. Dazu gehört beispielsweise der seit kurzem erhältliche AmigaOne X5000.

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Bis heute wird auch AmigaOS weiterentwickelt, das auf klassischen Amigas mit PowerPC-Upgrade und den NG-Amigas wie der AmigaOne-Serie läuft. Es basiert nach wie vor auf dem Code des Original-Betriebssystems und wird von dem belgischen Unternehmen Hyperion Entertainment entwickelt und kommerziell vertrieben. Die aktuelle Version AmigaOS 4.1 FE kostet rund 30 Euro und ist in der Version für Classic-Amigas mit etwas Gefrickel auch in Kombination mit einem Amiga-Emulator wie WinUAE lauffähig.

AROS und MorphOS – des Amigas neue Kleider

Das Open-Source-Betriebssystem AROS läuft neben PowerPC- und den klassischen Amiga-Prozessoren der 68000er-Reihe von Motorola auch auf modernen ARM-, Intel- und AMD-Chips und hat das Ziel, zum letzten klassischen AmigaOS 3.1 binärkompatibel zu werden. Programme für die Original-Amigas sollen sich so in einer modernen Betriebssystem-Umgebung und auf aktueller Hardware ausführen lassen.

Nur für PowerPC dagegen ist MorphOS gedacht. Das proprietäre System will per Emulation ebenfalls möglichst binärkompatibel zu klassischen Amiga-Programmen werden. Die jüngste Version 3.9 stammt von Juni 2015. Die noch aktive deutsche Amiga-Community gruppiert sich vor allem rund um das Forum a1k und die Amiga-News-Website amiga-news.de.

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Kommentare (3)

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André B.

Reitzmann XP – eine echte Legende

baxbear

Wo ist Windows in der Liste obskurer Betriebssysteme?

Steve

Es ist sehr interessant was es neben Windows, Linux und MacOS noch so für Betriebssysteme gibt!

http://www.operating-system.org/index2.html

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