Payment-Trends: Das Bezahlen soll möglichst einfach nebenbei erfolgen
Der Zahlungsdienstleister Wirecard hat anlässlich des Wirecard-Innovation-Day Trends für den Handel der Zukunft vorgestellt, die aus technologischer Sicht einiges verändern könnten. Die Technologien lassen sich beliebig kombinieren und miteinander verbinden – und was davon sich durchsetzt, hängt einerseits von der jeweiligen Branche, aber auch von der Mentalität der Kunden ab.
Es ist schon erstaunlich, wenn ein Payment-Dienstleister erklärt, dass die Kassenzone in Zukunft nicht mehr wirklich relevant sein wird. Was im ersten Moment nach einem Widerspruch klingt, ergibt dann doch irgendwie Sinn. Denn in Zukunft sitzt immer seltener jemand an der Kasse und rechnet mit dem Kunden ab. Bei der Präsentation in München hatte Wirecard beispielsweise einen mit Sensoren und Kameras zur Bildverarbeitung versehenen Schrank dabei, der etwa in Hotels oder Unternehmen zum Einsatz kommen könnte – der stumme Verkäufer quasi, der gegen kleine Mauscheleien seitens der Kunden immun ist, aber dann doch nicht überall in der freien Wildbahn funktionieren kann. Und auf ein Zugeständnis an die deutschen und europäischen Datenschutzbedenken weist man dabei auch gleich hin: Denn anders als beispielsweise in China dürfte sich hierzulande eine solche Technik vor allem dann durchsetzen, wenn man nicht mit Personenbildern arbeitet, sondern auf der Basis von einzelnen Eigenheiten und Punkten des Gesichts, die fingerabdruckartig erfasst werden.
Payment im Handel möglichst unauffällig
Doch auch im herkömmlichen Laden dürfte die Kasse bald anders aussehen – und vor allem nicht mehr mit einer langen Schlange einhergehen. Denn die empfinden Kunden als unangenehm. Wer daher mehr Umsatz machen will, setzt auf Konzepte, bei denen der Kunde die Artikel schon beim Einsammeln in den Wagen scannt und nicht erst alles aufs Kassenband legen muss. Im hochpreisigen Handel, etwa bei Mode oder Luxusartikeln, könnte es dagegen gar keine Kassen mehr geben, so wie wir das bereits vom Apple-Store kennen.
Wenn wir als Kunde dann tatsächlich zahlen, tun wir das in Zukunft wohl immer seltener mit Bargeld. Klar, dass ein Unternehmen wie Wirecard das so sieht, aber es gibt viele Argumente dafür, dass es auch tatsächlich so kommen könnte: durch kontaktlose Karten, NFC-fähige Smartphones und Dienste wie Google Pay, Apple Pay oder Boon, die Kontaktlos-App von Wirecard. Die ist beispielsweise schon kompatibel mit einer Vielzahl von Wearables wie Uhren oder Armbändern.
Doch für den Kunden wird es in Zukunft darum gehen, dass alles möglichst einfach und aus einem Guss abläuft. Eine interessante Technik von Swatch, die es allerdings erst mal nur in der Schweiz gibt, hatte Wirecard ebenfalls dabei: Uhren, die mit einem NFC-Chip ausgestattet sind, der im Handel beim Kauf freigeschaltet werden muss. Dabei handelt es sich um eine klassische Armbanduhr, keine Smartwatch, die nur für wenige Tage Akkuleistung bereitstellt. Der Vorteil: Bis zu zwei Jahre ist der NFC-Chip verfügbar, bevor eine neue Batterie her muss.
Eine andere Technologie dagegen betrifft den Einkaufswagen selbst: Der kann nämlich in Zukunft datengetrieben den Kunden beraten, dessen Kundenkonto oder den hinterlegten Einkaufszettel auslesen. Damit wird der Einkaufswagen im Laden selbst buchstäblich zum Begleiter in der Customer-Journey des Kunden. Online und offline dürften so besser verschmelzen, wenn der Kunde bereits mithilfe der App den Einkaufszettel schreibt (und der Handel so möglicherweise gleich auf dem Weg durch den Laden auf bestimmte Produkte oder Produktkombinationen verweisen kann). Auch hier wird der Bezahlvorgang quasi nebenbei erfolgen – dank mehr oder weniger komfortablem Tracking der eingekauften Waren, ähnlich wie man bereits heute mit einem entsprechenden Stift in deutschen Supermärkten einkaufen kann, ohne alles aufs Kassenband legen zu müssen.
Blockchain: Hohe Hürden für den Handel
In diesem Kontext ziemlich sicher eine Rolle spielen wird Voice-Commerce in seinen unterschiedlichen Spielarten – über Amazon- oder Google-Lautsprecher oder über das ohnehin stets mitgeführte Smartphone. Auch wenn Wirecard verschiedene Voice-Anwendungen auch auf dem Innovationstag dabei hatte, wird schnell deutlich, dass die Einbindung einer Bezahlvariante hier eher beliebig ist – will sagen, dass es eher von Amazons Alexa und Googles Assistant abhängen wird, wie komfortabel und gerne der Kunde auf diese Weise einkauft.
Und dann ist da noch die Blockchain, eine der Technologien, die noch keiner so richtig einzuschätzen weiß, von der manche Unternehmensberatungen sogar schon wieder sagen, dass sie überschätzt sei. Dass man bei solchen Themen erstmal Überzeugungsarbeit leisten muss, sieht auch Wirecard so – denn obwohl man bereits mit ersten Modellkunden über Cases nachdenkt, die beispielsweise die Herkunft und die Authentizität von fair gehandeltem Kaffee verfolgen können, stellt sich die Frage, ob für solche vergleichsweise einfachen Anwendungen ein derartiger Aufwand überhaupt Sinn ergibt. Im Handel mit beispielsweise Medikamenten dagegen dürfte sich eine lückenlose Nachverfolgbarkeit via Blockchain-Technologie durchaus rechnen – insbesondere bei teuren Präparaten, die in der Vergangenheit immer wieder gefälscht in Umlauf kamen.
Klar ist: Egal, um welche zukünftigen Anwendungen es geht, gerade im Kontext von Handel und Geldflüssen werden offene Standards, die mit anderen Partnern kompatibel sind, gefragt sein. Lösungen, die mit einer API nach außen offen sind, dürften vor allem im europäischen und US-amerikanischen Kontext erfolgreich sein. Die Banken dagegen werden sich gegenüber dem Handel die Frage gefallen lassen müssen, warum sie immer noch nicht den Datenschatz und die datengetriebenen Services bieten können, die Payment-Anbieter dem E-Commerce, aber auch dem physischen Retailer schon heute bieten können. Im Handel wird online und offline immer weiter zusammenwachsen und dabei wollen die Kunden immer weniger mit dem Bezahlen selbst zu tun haben.
Das könnte dich auch interessieren:
- Instant Payment: Warum Geld in Echtzeit für Onlinehändler wichtig ist
- Die Omnichannel-Lüge: Wie sich der stationäre Handel selbst im Weg steht
- Jede 6. Bestellung im Onlinehandel geht zurück