ID Buzz und ID Cargo: Unsere Probefahrt mit dem E-Bulli durch Dänemark und Schweden

Volkswagen hat in seinem Portfolio drei Modelle, die fast jeder Mensch kennt: den Käfer, den Golf und den Bulli. Die Neuauflage des Käfers, der Beatle, kam nie an den Erfolg des Klassikers heran. 2019 stellte VW die Produktion nach zwei Generationen ein. Auch die Zukunft des Golf ist ungewiss, denn der Name ist fest mit dem Verbrennungsmotor verbunden und ob es nach 2035 eine E‑Version geben wird, darüber will man bei VW noch nicht nachdenken oder entsprechende Pläne zumindest nicht mit der Öffentlichkeit teilen.
Bleibt der berühmte Bulli, der als T7 bereits in der siebten Generation gebaut wird und sich bei Lieferdiensten, Handwerksbetrieben und Camping-Fans großer Beliebtheit erfreut. Und auch wenn der neue ID Buzz nicht die Typenbezeichnung T8 trägt, so ist die Verwandtschaft doch sofort zu erkennen und von den Designer:innen auch gewünscht.

Das Design des ID Buzz ist an das Design des Ur-Bullis angelehnt. (Foto: Volkswagen)
Wie gut das funktioniert, zeigt auch unsere eintägige Probefahrt durch Dänemark und Schweden. Wer regelmäßig E‑Autos fährt, der weiß, dass man an Parkplätzen und auf Raststätten häufig angesprochen wird, doch der ID Buzz löst so viele Reaktionen aus wie kein anderes Auto – und fast immer fällt der Name Bulli.
Der erste rein elektrische Bus- und Lieferwagen
Produziert wird der ID Buzz bereits seit Mai, im September sollen die ersten Fahrzeuge an Kund:innen ausgeliefert werden. Zunächst gibt es das Fahrzeug aber nur in zwei Varianten: der Pro-Version mit stärkerem Motor und der Cargo-Variante. Das günstigere Pure-Modell mit weniger Leistung folgt später. Für die etwas weiter entfernte Zukunft sind auch eine voll autonom fahrende Version sowie das zum Camper umgebaute California-Modell geplant.
Volkswagen hat uns jeweils die Pro-Version und das Cargo-Modell für einen Tag zur Verfügung gestellt und uns erste Eindrücke sammeln lassen. Für einen ausführlichen Test reicht dieser eine Tag allerdings noch nicht, einen entsprechenden Testartikel liefern wir so bald wie möglich nach.

Der ID Buzz in Kopenhagen. (Foto: Volkswagen)
Was wir aber jetzt schon sagen können, die 150 Kilowatt Leistung, also umgerechnet 204 PS, und die 310 Newtonmeter machen den ID Buzz zwar mit seinem Hinterradantrieb nicht zum Rennwagen, für das Gesamtgewicht von fast 2,5 Tonnen ist er dennoch spritzig und agil zu bewegen. Auf skandinavischen Autobahnen nicht zu merken, für deutsche Kund:innen aber vielleicht wichtig: Abgeriegelt wird bei 145 km/h.
Tatsächlich erinnert der ID Buzz während der Fahrt eher an einen Pkw als an einen Transporter – selbst in der Cargo-Version. Und das, obwohl er fast fünf Meter lang und rund zwei Meter hoch und breit ist. Der kleine Wendekreis von rund elf Metern verstärkt diesen Eindruck noch. Die maximale Zuladung liegt übrigens bei 530 Kilogramm beim normale ID Buzz und bei 650 Kilogramm beim ID Buzz Cargo in Form von zwei Europaletten. Wer möchte, hängt noch bis zu 1000 Kilogramm an die optionale Anhängerkupplung.
Aus dem Stand ist Tempo 100 laut VW in 10,2 Sekunden erreicht. Die Reichweite gibt der Hersteller mit 425 Kilometern an bei einem kombinierten Stromverbrauch von 20,4 bis 22,2 Kilowattstunden (kWh). Leer fahren und damit die tatsächliche Reichweite testen konnten wir leider nicht, dafür reichte die Zeit nicht aus. Allerdings lag der Stromverbrauch während unserer Fahrt laut Bordcomputer tatsächlich bei rund 21 Kilowattstunden.
Aufgeladen werden soll die 77-kWh-Batterie im neuen E‑Bulli laut VW an einer Schnellladesäule mit bis zu 170 Kilowatt in 30 Minuten von 5 auf 80 Prozent. Zu Hause oder auf dem Firmenparkplatz schafft der ID Buzz an der Wallbox elf Kilowatt und braucht dort siebeneinhal Stunden für eine vollständige Ladung.

Mit seinem großen Innenraum wird der ID Buzz sicher auch auf vielen Campingplätzen zu finden sein (Foto: Volkswagen)
Der Preis der später erhältlichen Pure-Version ist noch nicht bekannt. Die Pro-Version mit der größeren Batterie liegt bei rund 65.000 Euro, die Cargo-Version ist ab rund 55.000 Euro zu haben.
Viele Assistenten an Bord
In der Ausstattungsliste findet sich auf Wunsch ein Travel Assist, der zum Beispiel bei passenden Bedingungen selbstständig einen Spurwechsel durchführt und dafür auch auf Schwarmdaten zurückgreift. Das System ruft dabei von einem Server anonym die Daten anderer Fahrzeuge im Umfeld ab, um die Spurführung damit zu verbessern. Autonom fährt der ID Buzz nicht, daran forscht und entwickelt Volkswagen noch. Bis 2025 möchte der Konzern zusammen mit der eigenen Tochter Moia autonome Taxis auf die Straße bringen.
Ebenfalls optional ist der Park Assist Plus. Damit fährt der E‑Bulli mit Memory-Funktion genau so in die heimische Garage, wie man es ihm vorher beigebracht hat. Zur Grundausstattung gehört eine Nahumfelderkennung von Gefahren und ein Notbremsassistent mit Fußgänger- und Radfahrererkennung.
Bei der Software ist noch Luft nach oben
Ausgeliefert werden die Fahrzeuge mit der ID Software, wie man sie auch aus den anderen ID-Modellen kennt. Allerdings kommt der ID Buzz direkt mit Version 3.2, welche Plug-and-charge und eine verbesserte Ladeplanung für Langstrecken liefern soll und per Over-the-Air-Update aktualisiert werden kann.
Design und Aufbau sind auch in der neuen Version fast identisch und auch sonst scheint das System keine allzu großen Sprünge gemacht zu haben. Während unserer Probefahrt weigerte sich das Navi leider für die Hälfte der Strecke, Audiohinweis auszugeben, und auch die Sprachsteuerung funktionierte nicht zuverlässig.

Der Innenraum ist laut VW tierfrei. (Foto: Volkswagen)
Was hingegen gut und auch kabellos funktionierte, ist die Kopplung von Smartphones aus Cupertino oder Mountain View, denn Apple Carplay und Android Auto sind beim ID Buzz an Bord und zumindest für Strecken ohne Ladesäulenplanung eine echte Alternative zum System von VW.
Cargo-Version genauso beliebt
Während die Pro-Version des ID Buzz auf unserer Probefahrt mit Ambientebeleuchtung, tierfreiem Interieur in Wagenfarbe und Holzoptik sehr edel wirkt, geht es in der Cargo-Version in Schwarz und sehr viel mehr Plastik deutlich schlichter zu. Dafür bietet das Armaturenbrett eine größere Ablage und auf Wunsch finden im Cockpit drei Sitze Platz. Der Laderaum ist durch eine feste Wand abgetrennt. Wahlweise bietet der ID Cargo gegen Aufpreis eine zusätzliche Schiebetür auf der Fahrerseite und Flügeltüren am Heck.

Der ID Buzz Cargo bietet Platz für zwei Europaletten und maximal 650 Kilogramm Zuladung. (Foto: Volkswagen)
Schon vor dem eigentlichen Marktstart ist die Lieferwagenversion des neuen Bullis sehr beliebt. Von den 10.000 Vorbestellungen des ID Buzz entfallen fast 50 Prozent auf die Cargo-Variante. Der E‑Bulli schließt allerdings auch eine Marktlücke, denn rein elektrische Lieferfahrzeuge europäischer Hersteller gibt es in dieser Form bisher nicht. Renault bietet zwar den Master E‑Tech und Mercedes einen E‑Sprinter an, beide Modelle teilen sich die Plattform allerdings mit den Verbrennerversionen.
Der ID Buzz wird also wie der klassische Bulli nicht nur auf Campingplätzen, sondern auch im städtischen Lieferverkehr zu sehen sein.
Transparenzhinweis: Der Autor reiste auf Einladung von Volkswagen nach Kopenhagen.