Seit 20 Jahren forschen Long Guilu, Physikprofessor an der Tsinghua University, und sein Team an einer quantenbasierten Technologie zur sicheren direkten Kommunikation. Nachdem 2020 der erste große Durchbruch erzielt wurde, als mithilfe der als unknackbar geltenden verschlüsselten Verbindung Daten über rund 18,5 Kilometer übertragen wurden, haben die chinesischen Forscher:innen jetzt einen neuen Reichweitenrekord erzielt.
Quantenkommunikation: Erfolgreicher Versuch
Wie eurasiantimes.com unter Berufung auf einen Bericht in der South China Morning Post schreibt, haben Long und sein Team Informationen mithilfe der Quantenkommunikation über eine Strecke von mehr als 100 Kilometern gesendet. Die Geschwindigkeit soll sich allerdings nur auf 0,54 Bits pro Sekunde belaufen haben. Long zufolge soll die Technologie aber imstande sein, abhörsichere Telefongespräche und Textnachrichten über eine Entfernung von knapp 30 Kilometern erlauben. Über die geringere Distanz sollen 22,4 Kilobit pro Sekunde erreicht worden sein.
Die chinesischen Forscher:innen nutzten für ihren Quantenkommunikationstest Glasfaserkabel. Dadurch könnte die Technologie in das bestehende Internet integriert werden und Datenübertragungen dort sicherer machen. Long zufolge könnten etwa Passwörter beim Onlinebanking zwischen zwei Geräten mithilfe von Relaypunkten quantenverschlüsselt über immerhin 90 Kilometer geschickt werden. Bei den Relaypunkten soll klassische Verschlüsselung zum Einsatz kommen. Die Forscher:innen sehen in ihrer Technologie zudem genügend Potenzial, um möglicherweise das kommende 6G abzusichern.
Warnung vor militärischem Potenzial
Bei westlichen Beobachter:innen rufen die Fortschritte chinesischer Forscher:innen im Bereich Quantencomputing und entsprechender Verschlüsselung aber auch Bauchschmerzen hervor. Schließlich könnte China die Technologie auch militärisch nutzen. Die Befürchtung: Mit Unterstützung von Quantencomputing könnten U-Boote und Flugzeuge effektiver ausgemacht und überwacht werden. Außerdem könnten mit der Technologie bisher genutzte Algorithmen zur Verschlüsselung ausgehebelt werden, um etwa sensible Informationen über militärische Aktivitäten abzugreifen.
Derzeit gibt es aber außer einer entsprechenden Warnung des US-Verteidigungsministeriums über Chinas Aktivitäten im Quantenbereich und einer potenziellen Gefahr der Technologie keine Hinweise darauf, dass China das Quantencomputing für militärische Zwecke einsetzt. Zudem arbeiten weitere Länder an ähnlichen Technologien. Die USA, Australien und Großbritannien haben sich im vergangenen Jahr darauf verständigt, entsprechende Fortschritte im Bereich Quantencomputing und -kommunikation miteinander zu teilen.
Forscher sieht im Quantencomputing Hype
Noch ist die Technologie – soweit bekannt – aber ohnehin noch nicht weit genug entwickelt, um irgendwelche praktischen Anwendungen auf den Markt bringen zu können. Und nicht alle teilen die Meinung, dass das Thema Quantencomputing in den kommenden Jahren große Umwälzungen mit sich bringen könnte, etwa was sichere Verschlüsselung angeht. So zeigte sich der bekannte Quantenforscher Sankar Das Sarma erst kürzlich beunruhigt über den Hype, der um das Thema entfacht worden sei.