Russischer Geheimdienst ging gegen Google und Apple vor, um Putins Erzfeind zu behindern
Alexej Nawalny gilt als schärfster verbliebener Kremlkritiker und Erzfeind des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Nach einem Giftanschlag im August 2020, von dem er sich über mehrere Wochen unter anderem in Deutschland erholte, kehrte Nawalny Anfang 2021 nach Russland zurück. Dort wurde er im Februar zu dreieinhalb Jahren Straflager verurteilt. Wie sehr Putins Regime den Oppositionellen fürchten muss, zeigt eine Begebenheit, die sich im Herbst 2021 – im Vorfeld der Duma-Wahl in Russland – zugetragen haben soll.
Duma-Wahl: Nawalny-App nicht erwünscht
Damals hatte Nawalnys Organisation eine sogenannte Smart-Voting-App entwickelt und in die App-Stores von Google und Apple gestellt. Ziel: Über die Wahl-App sollten oppositionelle Russ:innen Kandidat:innen bestimmen, die ihrer Meinung nach bei der Duma-Wahl die beste Chance haben würden, eine:n Kandidat:in der Putin-Partei schlagen zu können. Die App war der russischen Regierung aber offenbar ein Dorn im Auge. Einem Bericht der Washington Post nach soll sie ihrem Wunsch, die App aus den Stores zu entfernen, bei Google und Apple letztlich recht aggressiv Nachdruck verliehen haben.
Zunächst hatte die russische Medienaufsichtsbehörde Roskomnadsor von den App-Store-Anbietern verlangt, alle Verbindungen zu Nawalny aufzugeben, wie auch Golem berichtet. Die Unterstützer:innen des Putin-Gegners wurden als extremistische Organisation diffamiert. Die Unterstützung der Wahl-App werde Russland als ausländische Wahleinmischung auslegen, hieß es. Weil sich sowohl Apple als auch Google erst einmal weigerten, die Wahl-App zu entfernen, griff Moskau zu härteren Mitteln.
Geheimdienst daheim bei Google-Russland-Chefin
So sollen Mitte September bewaffnete russische Polizist:innen in Googles Russland-Büro in Moskau eingedrungen sein. Als auch das nichts brachte, soll der Geheimdienst Googles Russland-Chefin einen Besuch zu Hause abgestattet haben. Die Drohung: Innerhalb von 24 Stunden möge die App aus dem Play-Store fliegen oder die russische Staatsbürgerin würde im Gefängnis landen. Nachdem Google die Managerin daraufhin in ein Hotel brachte, kamen auch dort Agenten des russischen Geheimdienstes vorbei und verliehen der Drohung noch mehr Nachdruck.
Den Washington-Post-Informationen zufolge hätten sie der Chefin des russischen Google-Ablegers mit einem Verfahren wegen Hochverrats gedroht. Google habe schließlich nachgegeben – und die App noch vor Beginn der Duma-Wahl entfernt. Apple soll ähnlich bedroht worden sein. Auch der iPhone-Konzern nahm die App aus dem Store – trotz anderslautender Bitten der Opposition. Genauere Angaben machte die US-Zeitung dazu nicht. Sowohl Google als auch Apple wollten sich zu dem Bericht nicht äußern.