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Interview

Scalable-Chef Erik Podzuweit: „Wir haben einen Vorteil gegenüber Banken“

Zinsrally der Neobroker: Scalable Capital, Trade Republic und Co locken mit Zinsen von über drei Prozent. Warum haben sie oft bessere Angebote als Banken? Scalable-Mitgründer Erik Podzuweit über Zinsen, Aktien und Konkurrenten.

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2014 gründete der heutige Co-CEO Erik Podzuweit Scalable Capital. (Foto: Fabian Zapatka)

Die Zeiten niedriger Zinsen sind vorbei. Seit die Europäische Zentralbank (EZB) und ihr amerikanisches Pendant Fed im vergangenen Jahr die Leitzinsen erhöht haben, überbieten sich verschiedene Anbieter mit Angeboten für Tagesgeld und Co.

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Wer kann die Zinsen am schnellsten an die Kund:innen weitergeben? Neobroker, die während der Niedrigzinszeit mit ETF und Aktien groß geworden sind, scheinen ihre Konkurrenten abzuhängen. Die meisten Banken zögern mit langfristigen Zinsangeboten. Dabei ist es seit Jahrhunderten ihr Kerngeschäft, während die Broker-Neulinge auf Investments ausgerichtet sind.

Scalable Capital ist einer der größten Neobroker aus Deutschland. 2014 von Erik Podzuweit, Florian Prucker, Adam French, Stefan Mittnik gegründet, hat die Plattform nach eigenen Angaben über 600.000 Kund:innen in fünf europäischen Ländern. Mit CEO Podzuweit haben wir über Erwartungen, Gewinne und Marktveränderungen durch Zinsen gesprochen.

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t3n: Auch wenn die Zinsen gerade wieder gestiegen sind, ist die Inflation höher als die Zinssätze, sodass das Geld trotz Zinsen im Wert sinkt. Was macht Tagesgeld und Co trotzdem so attraktiv für Kund:innen?

Erik Podzuweit: Langfristig schlägt nichts ein breit diversifiziertes Aktienportfolio. Ich sehe aber drei Gründe, warum Menschen stattdessen die Zinsofferten nutzen, obwohl die Inflation so hoch ist. Sie wollen es entweder nur kurzfristig parken, fühlen sich noch nicht wohl damit, ihr Geld der Volatilität von Aktien auszusetzen – das geht leider noch vielen Menschen so -, oder sie wollen zwar gerne beginnen, in Aktien zu investieren, warten aber ab, weil sie die geopolitische Lage verunsichert.

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t3n: Zinsen sind eigentlich das Geschäft von Banken. Seit Kurzem beteiligen sich aber auch Neobroker wie ihr an der Zinsrally. Wie passt das zu eurem Geschäftsmodell?

Tatsächlich erhalten unsere Kunden die Zinsen über unsere Partnerbank im Hintergrund. Wir sind eine Investmentplattform. Da passt das Angebot gut zu unserem Anspruch, eine ganze Bandbreite an Anlagen abzubilden. Und dazu zählen heute ganz klar auch wieder Zinsen.

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Wir haben einen großen Vorteil gegenüber traditionellen Banken: Wir haben weniger Kundengelder. Alteingesessene Banken haben teils große Barbestände von Privat- und Firmenkunden, da können Hunderte Milliarden Euro zusammenkommen. Wenn sie den Bestandskunden diese Summen verzinsen wollen, wird das ganz schön teuer. Da verlieren die Banken lieber fünf bis zehn Prozent ihrer Kunden pro Jahr und verdienen dafür aber die volle Zinsmarge von über drei Prozent.

t3n: Ihr habt hingegen keine Altbestände und somit keine Kosten dafür.

Genau. Und dann kommt hinzu, dass Banken ihre Kundeneinlagen nicht liegen lassen, sondern etwas damit machen. Zum Beispiel Staatsanleihen kaufen oder als Hypothekenkredit verleihen. Im ungünstigsten Fall ist das Geld für viele Jahre darin gebunden und wirft nur Zinsen von unter einem Prozent ab.

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Viele Großbanken haben zwar auch gerade Zinsangebote, das sind aber meist eher Lockangebote oder nur für Neukunden, für die dann die Rechnung der Banken genauso ist wie bei uns Neobrokern.

t3n: Ein Lockangebot hat aber auch Scalable Capital mit kurzzeitigen 3,5 Prozent Zinsen im Sommer gemacht, oder?

Ja, das war ein Marketing-Move. Aber bei uns fallen die Kunden und Kundinnen nach den drei Monaten Laufzeit nicht auf 0 oder 0,5 Prozent Zinsen zurück, wie bei vielen Banken. Sondern auf 2,3 Prozent oder bald sogar 2,6 Prozent. Ähnliche Marketingkampagnen haben wir immer wieder mal. Aber langfristig hältst du die Leute nur, wenn sie wirklich mit dem Service, dem Zins und vor allem dem Gesamtpaket happy sind.

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t3n: Lohnen sich solche Angebote für euch?

Es lohnt sich, wenn ein bestimmter Prozentsatz der Kunden auch nach der Aktion bleibt und zusätzlich auch langfristig in Aktien und ETF investiert. Würden alle Nutzer abspringen, wäre das für uns rausgeschmissenes Marketinggeld. Aktuell sieht das gut aus, aber eine Bilanz können wir erst nach den drei Monaten ziehen.

t3n: Ihr konkurriert im Zinsgeschäft nicht nur mit anderen Investmentplattformen, sondern auch mit Banken. Verschwimmen jetzt die Grenzen zwischen Banken und Neobrokern?

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Ja, ein bisschen streben wir schon immer mehr das Gleiche an. Aber Banken haben natürlich ein viel breit gefächertes Geschäft, während unser Fokus die Geldanlage ist und dazu nun auch das Sparen gehört. Vom Angebot einer Großbank sind wir aber weit entfernt.

t3n: Wie wirken sich die gestiegenen Zinsen auf den Aktienmarkt aus?

Grundsätzlich sind steigende Zinsen eher schlecht für die Entwicklung des Aktienmarktes. Er richtet sich nach den zukünftigen Gewinnen, den zukünftigen Ausschüttungen und Cashflows der Unternehmen. Die Prognosen sind heute schon im Aktienkurs enthalten. Wenn der Zins aber hoch ist, dann sind diese zukünftigen Gewinne der Unternehmen in zehn Jahren weniger wert als heute. Der Fachbegriff dafür heißt Diskontierung. Das führt dazu, dass, wenn der Zins ansteigt, die Aktienkurse fallen. Bei den Zinserhöhungen im Juni und Mai ist das nicht passiert, weil der Aktienmarkt diese Zinsschritte schon eingepreist hatte.

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t3n: Welche nächsten Zinsschritte erwarten die Marktteilnehmenden momentan?

Die aktuelle Markterwartung ist, dass die EZB Ende Juli die Zinsen erneut um 0,25 Prozentpunkte erhöhen wird. Insgesamt wird das derzeitige Zinsniveau wahrscheinlich noch bis Mitte oder Ende nächsten Jahres bleiben. Wenn die EZB und Fed das genau so machen, dann sollten die Aktienkurse auch wenig nach oben oder unten gehen.

t3n: Was würde passieren, wenn die Notenbanken etwas Unerwartetes machen?

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Sollten die Notenbanken die Zinsen senken, würden die Aktien bestimmt brutal nach oben springen. Erhöht sie aber nicht nur 0,25 Prozentpunkte, sondern mehr – also eine unerwartet aggressive Zinspolitik -, würde der Aktienmarkt schlagartig zurückgehen.

t3n: Abseits von Kursentwicklungen: Was hat die lockere Zinspolitik der vergangenen Jahre noch bewirkt?

Geld hat in den vergangenen 10 bis 15 Jahren fast nichts gekostet. Das hat zu viel Liquidität im Markt geführt: Viele Preise sind inflationiert und Investoren haben viel Kapital investiert. Zum Beispiel im Kryptobereich hätte es viele Auswüchse der letzten Jahre wie NFT nicht gegeben, wenn das Geld etwas gekostet hätte. Aber auch Startups trifft es, dass Investoren heute zurückhaltender sind.

t3n: Wie zeigt sich das bei euch als Neobroker, wenn der Aktienmarkt angespannt ist?

Es hat eine negative und eine positive Seite. Negativ ist ganz klar, dass unsere Kunden jetzt zögerlicher und weniger handeln. Zum Glück sind wir schon größer und bekannter. Der Großteil unserer Kunden hat Sparpläne, in die sie unbeeindruckt von der Nachrichtenlage oder den Aktienkursen weiter einzahlen. Wir brauchen auch kein neues Funding, weil wir sehr gut mit dem Letzten gehaushaltet haben.

t3n: Und die positive Seite?

Das ist, dass der Wettbewerb unter neuen Investmentplattformen stark zurückgegangen ist. Mehr oder minder gibt es nur noch zwei wirklich starke Player in Europa: Scalable Capital und Trade Republic. Vor ein paar Jahren waren in jedem europäischen Markt noch drei oder vier weitere kleine Konkurrenten mit ähnlichen Modellen. Die sind nicht alle pleitegegangen, aber sie haben alle Probleme und mussten ihr Marketing stark reduzieren. Und auch Kryptoanbieter, mit denen wir um das Geld der Kunden konkurrieren, haben Probleme.

t3n: Welche Player trifft die aktuell schlechte Marktlage am härtesten?

Bei Startups und Fintechs setzt das natürlich denen zu, die noch jung und klein sind und deren Businessmodell noch nicht etabliert ist. Wir haben sogar zuletzt häufiger andere Fintechs zum Kauf angeboten bekommen.

t3n: Wie realistisch ist so ein Kauf für Scalable?

Eher unrealistisch. Es gibt zwar interessante Projekte, aber die Kunden zu migrieren und viel Arbeit in eine Fusion zu stecken, würde sich für uns nur lohnen, wenn dann unsere Kundenanzahl dadurch auch einen gigantischen Sprung nach vorne macht. Wir wachsen sehr gut organisch und haben heute mehr als 15 Milliarden Euro auf unserer Plattform.

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