Patrick Leibold ist Gründer und CEO der Celebrate Company. Doch in letzterer Funktion haderte er zuletzt etwas. „Als CEO bin ich überflüssig“, schreibt er auf Linkedin und fügt hinzu, dass seine Unsicherheit bezüglich der eigenen Rolle ihn zu einem schlechten Chef gemacht habe. Was das Problem war? Leibold beschreibt es in seinem Posting so: „Ich habe einen CMO, der Marketingkanäle besser steuert als ich. Ich habe einen CFO, der die Finanzen schneller versteht als ich. Kurzum: Das Team, das mich umgibt, kann vieles besser als ich.“
Er habe sich manchmal gefragt, was eigentlich der Mehrwert sei, den er bringe: „Was macht ein CEO und wann ist er ein guter CEO? Ich habe lange Zeit gedacht, ich müsste als CEO in allen Bereichen inhaltlich der Beste sein, um einen würdigen Chef abzugeben, anerkannt zu werden und unverzichtbar zu sein“, schreibt er. So wie ihm geht es auch einigen seiner Followerinnen und Follower. Patrick Leibold erntet Zuspruch. „Willkommen im Club“, schreibt einer. „Ich arbeite auch daran, diese Denkmuster zu durchbrechen“, antwortet eine andere.
Vom Glauben, nicht gut genug zu sein
Psychologinnen und Psychologen bringen mit einem derartigen Denken oft das Impostor-Syndrom in Verbindung. Es beschreibt den Reflex, stets zu glauben, nicht gut zu sein. Geprägt wurde der Begriff bereits 1978. Die Psychologin und Mental-Coach Yana Fehse sagt im t3n-Gespräch: „Viele erfahren in jungen Jahren schon, dass sie nur dann etwas wert sind, wenn sie perfekte Leistungen erbringen und alles überdurchschnittlich gut machen. So können sich bei diesen Menschen extreme Selbstzweifel in Bezug auf ihr Selbstwertgefühl entwickeln.“
Mit dem Denkmuster gehen einige Nachteile einher. Jedoch haben Forscherinnen und Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in einer kürzlich veröffentlichten Studie im Acadamy of Mangement Journal auch ein paar Vorteile identifiziert: Betroffene seien demnach extrem gute Team-Player. Sie würden in besonderem Maße versuchen, die Beziehungen zu Kolleginnen und Kollegen zu pflegen, und legen viel Wert auf eine produktive Zusammenarbeit im Team. Impostor seien emphatischer, heißt es in der Studie des MIT.
Auf Patrick Leibold könnte das zutreffen. In Coachings habe er sich mit seinem Selbstbild konfrontiert und seine Rolle als CEO neu definiert. Auf Nachfrage sagt er gegenüber t3n: „Es geht mir heute im Wesentlichen darum, diejenigen, die täglich an der Umsetzung unserer Strategie arbeiten und uns dabei helfen, europäischer Marktführer zu werden, bestmöglich zu unterstützen.“ Ein CEO sei insofern gut, wenn sie oder er anderen Teammitgliedern ermöglicht, die beste Leistung einzubringen, anstatt selbst stets die oder der Beste zu sein.
Was macht ein CEO und wann ist er gut?
Lange Zeit war die Rolle des CEO in der Wirtschaft und Gesellschaft geprägt vom Bild des Alphatiers, das Bescheid weiß und über alle Bereiche im Unternehmen herrscht. Patrick Leibold hält diese Sicht inzwischen für antiquiert und meint gegenüber t3n: „Ich glaube, dass damit eine künstliche Entschlossenheit suggeriert wird, die es so gar nicht gibt. Unternehmen werden immer komplexer, Märkte schneller. Wer kann da von sich behaupten, ständig alles im Detail im Blick zu haben und auch alle Antworten zu kennen?“
Wer das denke, unterliege der falschen Annahme, dass Menschen immer jemanden brauchen, die oder der stets alle Antworten kennt. Stattdessen, so sagt er, schätzen vor allem Mitarbeitende eher Offenheit, und das „insbesondere in Situationen der Unsicherheit“. Der Gründer und CEO der Celebrate Company weiß inzwischen: „Was sie erwarten, ist jemand, der sie stärkt, ihnen Vertrauen gibt und die Initiative übernimmt, wenn es sie braucht. Kurzum: Ich glaube an einen Führungsstil, in dem der Mensch im Mittelpunkt steht.“
Anderen Führungskräften gibt er den Ratschlag, sich und ihre Rolle regelmäßig zu reflektieren: „Sei offen, hol dir Hilfe, Rat von Experten, zeige das Mindset, mit dem man Situationen meistert“, bringt er seine Gedanken auf Nachfrage von t3n auf den Punkt. Was man dafür überwinden müsse? „Eitelkeit und Ego“, sagt er. Führungskräfte sollten offen mit ihrem Nichtwissen umgehen, das würde anderen die Möglichkeit geben, zu wachsen und selbst Verantwortung zu übernehmen. Das Beste aus ihnen herauszuholen muss Chefsache sein.