Charlie Javice: Startup-Gründerin erfindet 4 Millionen Kunden und wird verklagt

Charlie Javice: Die Gründerin von Frank Financial Aid wird verklagt. (Screenshot: Youtube)
Eine Gründerin, die das Blaue vom Himmel verspricht, klingt ein wenig nach dem Fall Elizabeth Holmes und Theranos. Diesmal geht es allerdings nicht um gefälschte Bluttests, sondern um gefälschte Nutzerzahlen. Die amerikanische Gründerin Charlie Javice soll Kundenkonten ihres Fintech-Startups Frank Financial Aid, kurz Frank, erfunden haben, um die Großbank JP Morgan Chase (JPMC) zur Übernahme zu bewegen.
Mit Erfolg: JPMC kaufte Javice zunächst die genannten vier Millionen Nutzerkonten ab und übernahm das New Yorker Startup im Jahr 2021 für 175 Millionen US-Dollar. Doch auf die Übernahme folgte wenig später Ernüchterung, als die versprochenen Nutzer:innen nicht aufzufinden waren.
Statt der genannten 4,265 Millionen Kund:innen soll der Kundenstamm des New Yorker Startups zum Zeitpunkt der Übernahme aus lediglich knapp 300.000 Menschen bestanden haben. Als Reaktion auf den Schwindel hat JPMC nun eine Klage gegen Javice eingereicht – und will den Kauf rückabwickeln.
Am gestrigen 12. Januar wurde die Seite von Frank deaktiviert. „Frank ist nicht länger verfügbar“, heißt es auf der Website.
Gründerin auf „30 unter 30“-Liste
Frank wurde 2016 von der heute 30-jährigen Charlie Javice gegründet, die es damit unter anderem auf die „30 unter 30“-Liste des Forbes Magazins schaffte – genauso übrigens wie Hochstaplerin Elizabeth Holmes, FTX-Gründer Sam Bankman-Fried und Caroline Ellison, Ex-CEO von Alameda Research.
Das Geschäftsmodell: Frank versprach, das Antragsverfahren für Studentenkredite für junge Amerikaner:innen zu vereinfachen. Javice sprach von ihrem Startup gerne als das „Amazon für die Hochschulbildung“ und setzte sich medienwirksam als Kämpferin für eine gerechtere Welt ein.
Als JP Morgan während der Due-Diligence-Prüfung Beweise für die von Javice genannte Kundenanzahl von mehr als vier Millionen verlangte, soll Javice Forbes zufolge eine lange Liste mit Fake-Profilen vorgelegt haben, inklusive Namen, Adressen, Geburtsdaten und anderen persönlichen Informationen.
„Javice wehrte sich zunächst gegen die Anfrage von JPMC mit dem Argument, dass sie ihre Kundenliste aus Datenschutzgründen nicht weitergeben könne“, wird die Anklageschrift von Forbes zitiert. Nachdem JPMC weiterhin darauf bestanden habe, habe Javice dann „mehrere Millionen Frank-Kundenkonten aus dem Hut gezaubert“.
Die Beschwerde, die Ende 2022 beim US-Bezirksgericht in Delaware eingereicht wurde, enthält Screenshots von Pitch-Präsentationen von Javice, in denen die falsche Kund:innen-Entwicklung aufgezeigt wird.
Vor der Übernahme von JPMC hat Frank laut Crunchbase in drei Finanzierungsrunden insgesamt 20,5 Millionen Dollar an Funding erhalten.