Stehen Millionen Echo-Geräte vor dem Aus? Die Hürden von Amazons neuer KI-Alexa

Über viele Jahre hat Amazon seine Alexa-Geräte vergleichsweise günstig angeboten, doch kommerziell konnten die Smartspeaker oft nicht das halten, was sich der Konzern davon versprochen hat. Denn viele Kund:innen nutzten die intelligenten Lautsprecher eher dazu, um ihre Musikanlage zu steuern oder sich Witze erzählen zu lassen – anstatt darüber die Einkäufe zu erledigen und Amazon mehr Umsatz zu bescheren, wie sich der Konzern das erhofft hatte.
Mit einer neuen Generation des Sprachassistenten soll das bald anders werden: Die neue Alexa soll vor allem im Bereich der GenAI überzeugen und sich für intelligente Dialoge mit komplexen Verhaltensmustern eignen. Doch bis Alexa soweit ist, könnte noch etwas Zeit vergehen. So berichten Mitarbeitende gegenüber Fortune von erheblichen Verzögerungen zwischen der jeweiligen Anfrage und ihrer Beantwortung.
Langes Warten zwischen Frage und Antwort
Diese Latenz könnte Kund:innen frustrieren und die Alexa-Geräte, für deren KI-Funktionen Amazon wohl ein Abo-Modell plant, weniger attraktiv machen. Fortune liegen aktuelle Dokumente aus den letzten Monaten vor, denen zufolge Amazon einerseits mit den Latenzproblemen von Alexa zu kämpfen hat, aber auch erstaunlich schlechte Zufriedenheitswerte der Nutzer:innen im Betastadium erhält.
Und noch von einer weiteren Hürde ist die Rede: Wie jetzt bekannt wurde, könnten ältere Geräte zumindest mit den neuen KI-Funktionalitäten inkompatibel sein, was einerseits mit der älteren Hardware zu tun haben könnte, aber auch darauf hindeutet, dass Amazon hier mit einer Edge-Cloud-Kombination bei der Verarbeitung von Anfragen arbeitet. Einfache Aufgaben, die sich ohne Hinzuziehen externer (Nutzer-) Daten bewältigen lassen, klärt das Echo-Gerät dann ohne Umweg über die Cloud.
Sind Millionen Echo-Geräte bald hübscher Elektroschrott?
Allerdings stellen die in dem US-Medium geleakten Dokumente nur eine Momentaufnahme dar, sodass ein Teil der Probleme ziemlich sicher vor der endgültigen Veröffentlichung bereits behoben sein wird. Das bekräftigt auch eine Sprecherin von Amazon gegenüber dem Medium. So erläutert Lauren Raemhild gegenüber Fortune, man arbeite hart daran, „proaktivere und leistungsfähigere Unterstützung auf den über einer halben Milliarde Alexa-fähigen Geräten weltweit zu ermöglichen“. Einige der von Fortune eingesehenen Pläne spiegelten nicht die endgültige Erfahrung mit der neuen Alexa wider, wobei sie erwartungsgemäß keine weiteren Details verlauten ließ.
Sind somit Millionen ältere Alexageräte nur noch hübscher Elektroschrott, mit dem die Besitzer:innen nichts mehr anfangen können? Das muss nicht so sein – denn die bestehenden Funktionalitäten der letzten Jahre werden ja nicht so schnell auslaufen. Es könnte aber durchaus sein, dass ein Teil der intelligenten KI-Funktionalitäten nur bestimmten neueren Geräten vorbehalten sind. Das hat dann nichts mit der bereits unterstellten geplanten Obsoleszenz zu tun, sondern ist handfesten technischen Gründen geschuldet.
Insgesamt hat Amazon eine mittlere dreistellige Millionenzahl an Alexa-fähige Geräten verkauft, rund hundert Millionen davon könnten sich noch regelmäßig im Einsatz befinden. Dennoch haben auch Nutzer:innen darüber geklagt, dass bestehende Alexa-Geräte ihre Anliegen nicht mehr so gut verstehen würden wie früher. Ob das tatsächlich so ist oder ob unser Anspruch angesichts der Fortschritte von Chat GPT und anderen GenAI-Lösungen einfach gewachsen ist, lässt sich nur schwer beurteilen.
Der Kampf um den besten GenAI-Assistenten ist hart
Amazon ist zwar einer der großen Anbieter von Cloud- und GenAI-Anwendungen, aber neben Microsoft / Open AI und Google sowie der Alibaba Group nur einer unter vielen. Noch dazu einer, der im Vergleich zu Open AI mehr um die Daten kämpfen muss, die es braucht, um das neue große Sprachmodell, das für das Training von Alexa erforderlich ist, zu optimieren. All das zeigt aber auch, dass GenAI-Produkte für breite Anwender:innenkreise mit den unterschiedlichen Anwendungsszenarien nicht so einfach zu realisieren sind und dass alle relevanten Player hier mit immensen Ressourcen arbeiten.
Für Amazon steht angesichts der immensen Summen, die in den Sprachassistenten und die dazugehörige Hardware über die letzten zehn Jahre investiert wurden, viel auf dem Spiel. Amazon ist deshalb in jedem Fall gut beraten, hier lieber länger zu warten als ein unfertiges Produkt zu veröffentlichen, das bei Kund:innen auf wenig Gegenliebe stößt. Gerade wenn die Fähigkeiten der neuen KI-Alexa in einem Abomodell vertrieben wird, erwarten die Kund:innen hier mehr als bei einem Stück Hardware , das Amazon mehrfach im Jahr für einen zweistelligen Eurobetrag unter die Leute bringt.