Kongressanhörung: Tiktok-Chef kann Abgeordnete nicht überzeugen – Verbot droht
In einer mehr als fünfstündigen Befragung vor dem Energie- und Handelsausschusses des US-amerikanischen Repräsentantenhauses hatte sich Shou Zi Chew bemüht, darzustellen, dass die in den USA verwendete App frei von jeglicher ausländischer Einmischung, vor allem solche der chinesischen Regierung ist.
Es mag ihm dabei nicht unbedingt geholfen haben, dass es eben jene Regierung für nötig hielt, wenige Stunden vor der Anhörung zu erklären, sie werde sich gegen jeden Versuch der USA wehren, den Verkauf des Unternehmens durch seine chinesischen Eigentümer zu erzwingen.
Feindselige Stimmung bleibt über 5 Stunden erhalten
So sah sich Shou Zi Chew scharfen Angriffen aus beiden politischen Lagern ausgesetzt. Sowohl Demokraten wie Republikaner brachten ihre wachsende Besorgnis über Pekings Einflussnahme auf Tiktok sehr unmissverständlich zum Ausdruck.
Schon einleitend hatte die republikanische Ausschussvorsitzende Cathy McMorris Rodgers verlangt, Shou Zi Chew möge „mit 100-prozentiger Sicherheit“ erklären, dass die chinesische Regierung weder Tiktok direkt noch indirekt über seine in Peking ansässige Muttergesellschaft ByteDance Ltd. dazu nutzen könne, US-Amerikanerinnen und Amerikaner zu überwachen oder Inhalte zu manipulieren, die diesen Nutzendengruppen angezeigt werden.
Es kam nicht gut an, dass Chew allgemein formulierte, sein Unternehmen habe sich verpflichtet, die Daten der US-Nutzenden vor „allen unerwünschten ausländischen Zugriffen“ zu schützen und die Inhalte „frei von jeglicher Manipulation durch irgendeine Regierung“ zu halten. „Wenn Sie es nicht mit 100-prozentiger Sicherheit sagen können, nehme ich das als ein ‚Nein‘“, resümierte die Vorsitzende.
Kein Vertrauen in Chews Aussagen
Auch der Vizevorsitzende Frank Pallone zeigte sich überaus skeptisch. „Ich glaube immer noch, dass die kommunistische Regierung in Peking das, was Sie tun, kontrollieren und beeinflussen kann“, sagte er. Er halte Tiktok nicht für „ein gutartiges Unternehmen, das nur einen öffentlichen Dienst leistet“.
Insgesamt darf die Anhörung in ihrem gesamten Verlauf als durchaus feindselig gestimmt bezeichnet werden. Verschiedentlich wurde Chew mit Zuckerberg verglichen. Auch der habe sich als Meister des Worts zu gerieren versucht. Auch der habe damit nicht überzeugen können.
Derweil mühte sich Chew, allerlei Versprechen abzugeben. So werde die Plattform daran arbeiten, ein sicheres Umfeld für junge Menschen zu gewährleisten. Direkt an die Abgeordneten richtete er:
„Unser Ansatz war nie, diese Bedenken abzutun oder zu bagatellisieren. Wir haben sie mit echten Maßnahmen angegangen. Wir müssen uns Ihr Vertrauen verdienen“.
Ebendiesen Erfolg sprach ihm gegen Ende der Anhörung die Demokratin Lori Trahan ab. „Für mich ist das bis jetzt nicht der Fall“, sagte sie und meinte damit den Versuch, das Vertrauen der Ausschussmitglieder zu gewinnen.
Zugriff chinesischer Entwickler auf US-Daten verärgert Ausschuss
Besonders schlecht war zudem angekommen, dass Chew einräumen musste, dass auch chinesische Entwickler Zugang zu amerikanischen Daten haben. „Wir sind auf globale Interoperabilität angewiesen, und wir haben Angestellte in China, also ja, die chinesischen Ingenieure haben Zugang zu globalen Daten“, sagte er. „Amerikanische Daten wurden in der Vergangenheit immer in Virginia und Singapur gespeichert. Und der Zugriff darauf erfolgt nach Bedarf durch Ingenieure auf der ganzen Welt zu Geschäftszwecken“.
Im Ergebnis dürfte es als Konsens zu betrachten sein, dass der Ausschuss nicht davon überzeugt werden konnte, dass Tiktok nicht doch dem Zugriff der chinesischen Regierung unterliegt. Die Regierung Biden hatte kürzlich die chinesischen Eigentümer von Tiktok aufgefordert, ihre Anteile zu verkaufen. Anderenfalls sei mit einem Verbot zu rechnen.
Aussagen des chinesischen Handelsministeriums wirken kontraproduktiv
Dass das chinesische Handelsministerium kurz vor der Anhörung erklärt hatte, dass jeder Verkauf den Export chinesischer Technologie bedeuten würde und von der chinesischen Regierung genehmigt werden müsste, verärgerte den Ausschuss zusätzlich.
„Die Kommunistische Partei Chinas glaubt, dass sie das letzte Wort über Ihr Unternehmen hat“, sagte die Vorsitzende des Ausschusses und ergänzte: „Ich habe null Vertrauen in Ihre Behauptung, dass ByteDance und TikTok nicht der Parteiführung verpflichtet sind.“