Die United States Securities and Exchange Commission (SEC) hat ihre Prüfungsschwerpunkte für 2023 bekannt gegeben. Das tut sie jedes Jahr – auch um aktuelle Risiken am US-Kapitalmarkt hevorzuheben.
Neben dem Schutz der Kleinanleger und ESG (Umwelt, Soziales und Governance )-Themen stehen für 2023 auch „aufstrebende Technologien und Krypto-Assets“ ganz oben auf der Liste der Aufseher. In einer Zeit „wachsender Märkte, sich entwickelnder Technologien und neuer Formen von Risiken“ werde man auch weiterhin Anleger schützen, sagte der SEC-Vorsitzende Gary Gensler.
Bei Kryptounternehmen wollen die Aufseher vor allem „Sorgfaltsstandards“ prüfen, etwa ob sie die Anforderungen der Finanzaufsicht an Compliance und Marketing erfüllen. Die Prüfungen der Kryptounternehmen werde sich auf das Angebot, den Verkauf und die Anlageberatung bei Kryptowährungen oder kryptobezogenen Vermögenswerten konzentrieren, heißt es in einer Mitteilung der SEC. Compliance-, Offenlegungs- und Risikomanagementpraktiken müssen zudem routinemäßig überprüft, aktualisiert und verbessert werden.
Dass SEC-Chef Gensler nach den jüngsten Pleiten kein Kryptofan mehr ist, wurde spätestens Ende Januar klar, als er in einem Twitter Space mit der U.S. Army Kryptowährungen als „hochspekulative, volatile Anlageklasse“ bezeichnet hat. Die Kryptoindustrie ist seiner Meinung nach ein „wilder Westen“ und ein Großteil der 10.000 bis 15.000 Token werde scheitern, sagte Gensler – und warnte Anleger eindringlich davor, sich von der „Fear of missing out“ – also der Angst, etwas zu verpassen, kurz „FOMO“ – leiten zu lassen.
Kritik an der SEC
Doch auch die Börsenaufsicht selbst musste in der jüngsten Pleitewelle am Kryptomarkt Kritik einstecken. Insbesondere aus dem US-Senat kam der Vorwurf, die Aufseher hätten Anleger nicht ausreichend vor dem Zusammenbruch des Kryptomarktes geschützt und Gensler hätte ihr viel früher strengere Regeln auferlegen sollen.
Die SEC hat es versäumt, „Katastrophen in der Branche vorherzusehen und die Verbraucher zu schützen, von Terra-Luna bis FTX“, kritisierte der Kongressabgeordnete Josh Gottheimer in einer Anhörung Anfang Dezember 2022. US-Senatorin Elizabeth Warren forderte aggressivere Maßnahmen gegen die Branche. Sie werde die SEC „weiter dazu drängen, das Gesetz durchzusetzen, um die Verbraucher und die finanzielle Stabilität zu schützen“.
Peinlich für die SEC war zudem, dass ihr Generalanwalt Dan Berkovitz im Dezember 2022 zurücktreten musste, nachdem Verbindungen zwischen ihm und FTX-Gründer Sam Bankman-Fried bekannt geworden waren.
Die Kryptobörse FTX war im Herbst 2022 pleite gegangen und hatte andere Firmen mit sich in den Abgrund gerissen. Gründer Bankman-Fried wartet derzeit auf seinen Prozess. Die SEC wirft ihm unter anderem Betrug vor, weil er FTX-Kundengeldern an die Kryptohandelsfirma Alameda Research abgezweigt haben soll.
Anklagen gegen FTX-Verantwortliche
Gegen Caroline Ellison, die ehemalige CEO von Alameda Research, und Zixiao (Gary) Wang, den ehemaligen Chief Technology Officer von FTX Trading, hat die SEC wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung an dem „mehrjährigen Betrug an Aktienanlegern“ ebenfalls Anklage erhoben.
Auch die Kryptobörsen Gemini sowie der Kryptowährungsbroker Genesis sind ins Visier von Genslers Behörde geraten. Eine Klage richtet sich gegen das von ihnen aufgelegte Programm namens „Earn“ – es soll gegen amerikanische Wertpapiergesetze verstoßen.
Mit Ripple trägt die Behörde seit längerem einen Rechtsstreit aus, der in der Branche genau beobachtet wird, weil es um eine grundsätzliche Frage geht. Die SEC wirft dem Unternehmen vor, mit nicht registrierten Wertpapieren zu handeln. Im Kern geht es dabei um die Frage, ob die von Ripple herausgegebene Kryptowährung XRP unter die Zuständigkeit der Aufseher fällt. Die SEC will sie als Security (Wertpapier) und nicht als Commodity (Ware) bewerten.