
Nio ET 5 (Bild: Nio)
Im abgelaufenen zweiten Quartal 2023 hat Nio einen Verlust von 835 Millionen US-Dollar angehäuft. Der Umsatz mit Autoverkäufen brach um 25 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein.
Nio macht pro E‑Auto 35.000 Dollar Miese
Die Zahl der verkauften E‑Autos belief sich in dem Dreimonatszeitraum auf 23.520, ein Rückgang um gut sechs Prozent. Damit verliert der chinesische E‑Auto-Bauer mit jedem verkauften Fahrzeug über 35.000 Dollar, wie die New York Times ausgerechnet hat.
Das liegt zum einen daran, dass speziell auf dem chinesischen Markt die Nachfrage eingebrochen ist, die Kapazitäten aber weiter stark ausgebaut werden. Das Überangebot müssen die Hersteller mit geringeren Verkaufspreisen kompensieren – und das bei gestiegenen Preisen.
Investitionen in Forschung und Entwicklung
Bei Nio kommt hinzu, dass das Unternehmen in den vergangenen Jahren stark in Forschung und Entwicklung investiert hat. So hat der Autobauer eine Technologie entwickelt, die es ihm erlaubt, mit nur 30 Techniker:innen 300.000 E‑Auto-Motoren zu produzieren, wie elektroauto-news.net schreibt.
Darüber hinaus steckt Nio Geld in den Aufbau einer eigenen Batterieproduktion und weitere riesige Fabriken. So soll der Konzern aktuell gleich mehrere Autofabriken parallel bauen, wie eine Auswertung von Satellitenbildern ergeben hat.
Nio baut Produktion weiter kräftig aus
Allein im sogenannten Neo Park nördlich der chinesischen Stadt Hefei sollen künftig eine Million Stromer jährlich vom Band rollen. Diese sollen offenbar vor allem in Europa verkauft werden, wo ein großer Absatzmarkt wartet und sich höhere Verkaufspreise erzielen lassen.
Wie andere Hersteller aus China, etwa BYD, drängt Nio derzeit mit aller Macht in die EU – inklusive der dazu notwendigen Marketingaufwendungen und dem Aufbau entsprechender Infrastruktur. Auch das verursacht vergleichsweise hohe Kosten.
China investiert in E‑Auto-Branche
Wie Nio das schafft? Ein offenes Geheimnis: Der chinesische Staat und die Banken des Landes greifen E‑Auto-Bauern wie Nio unter die Arme. So hatte China im Jahr 2020, als Nio kurz vor der Pleite stand, 24 Prozent der Anteile an dem Unternehmen für eine Milliarde Dollar übernommen. Eine chinesische Bank führte eine Investitionsrunde an, die weitere 1,6 Milliarden Dollar in die Firmenkasse spülte.
In den vergangenen drei Jahren soll China die E‑Auto-Exporte in Richtung Europa so um 850 Prozent gesteigert haben. Die EU prüft derzeit, ob sie aufgrund möglicher staatlicher Subventionen für chinesische E‑Auto-Hersteller Zölle auf die Fahrzeuge erheben kann. Das wäre allerdings ein nicht unumstrittener Schritt – auch unter europäischen Branchenbeobachter:innen.
Nachfrage: Nio steht unter Druck
Für Nio wird in den kommenden Monaten und Jahren entscheidend sein, dass die Nachfrage nach Elektroautos wieder anzieht – und der Konzern schwarze Zahlen einfährt. Nio-CEO William Li gestand ein, dass das Unternehmen diesbezüglich „unter großem Druck“ stehe. Li gab sich aber zuversichtlich, dass sich die Investitionen in die Technologie auszahlen werden.
Zuletzt sah es für Nio schon besser aus. Für das dritte Quartal meldete das Unternehmen 55.432 verkaufte E‑Autos, ein Plus von 75 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Wie sich das auf Umsatz und Gewinn ausgewirkt hat, wird Nio aber erst in einigen Wochen mitteilen.
In Deutschland könnte der eigentlich im Luxusstromersegment angesiedelte Hersteller nicht zuletzt mit seiner neuen Submarke Firefly punkten. Deren Elektroautos könnten in Europa zum Preis von rund 25.000 Euro angeboten werden – was ungefähr dem Preis des geplanten VW ID 2 entsprechen würde. Auch die geplante Nio-Untermarke Alps soll auf dem EU-Markt weniger als 30.000 Euro kosten.
VW und Co. müssen sich warm anziehen
Die deutschen Traditionsmarken VW, Mercedes oder BMW müssen sich also warm anziehen. Und auch Tesla, das zuletzt die Preise senken musste, wird die E‑Auto-Offensive der chinesischen Hersteller in Europa zu spüren bekommen. Verbraucher:innen dürften sich dagegen auf günstigere E‑Autos freuen können.