Sieben oder acht Jahre soll Apple an Vision Pro entwickelt und sicherlich unzählige Prototypen auf den Müll geworfen haben, bis das im Zuge der WWDC-2023-Keynote enthüllte AR-Headset den Vorstellungen des Apple-Managements und vor allem des CEO Tim Cook entsprochen hat.
Vision Pro: Apples Headset übertrifft die Konkurrenz
Das Resultat kann sich durchaus sehen lassen und stellt aus technischer Sicht alles in den Schatten, was Meta, Microsoft, HTC oder Sony bisher in Sachen Mixed respektive Virtual Reality auf die Beine gestellt haben. Neben dem Produktdesign verbaut Apple zum einen ultrahochauflösende Bildschirme, zig Sensoren und Kameras sowie einen nach außen gerichteten OLED-Bildschirm- Dieser ist unter anderem dazu in der Lage, die Augen des Trägers oder der Trägerin in Echtzeit abzubilden, um den isolierenden Charakter von VR-Headsets zum umgehen, ohne die Bildqualität des Headset zu opfern.
Überdies werden für das Apple-Headset keine Controller benötigt, die für präzise Interaktion mit der virtuellen Welt bei Metas oder Sonys Headsets und weiteren derzeit im Grunde Standard sind. Apples Headset lässt sich einfach per Fingergesten bedienen, was neben der Software auch den vielen nach außen gerichteten Sensoren zu verdanken ist. Zudem tragen die nach innen gerichtete Sensoren dazu bei, dass ein Blick auf ein Icon oder eine App diese ansteuert. Auch per Sprache lässt sich das Headset bedienen.
Den ersten Eindrücken diverser Tech-Medien zufolge funktioniert das Ganze nach einer kurzen Gewöhnungszeit überraschend gut und präzise.
Apple will nichts ins Metaverse
Was die Einsatzszenarien angeht, die Apple für das Headset vorschweben, ist der Fokus komplett anders gewichtet als der von Zuckerbergs Metaverse. Während der Meta-Chef sich dabei das Wandeln in einem digitalen Abbild der realen Welt vorstellt, in der Menschen sich treffen, austauschen und Dinge kaufen oder konsumieren, verfolgt Apple mit dem Headset andere Ziele.
Entsprechend fiel während der Vorstellung des Headsets kein einziges Mal das Wort Metaverse. Interessanterweise hatte dies schon Anfang 2022 – also anderthalb Jahre vor der WWDC 2023 – der Bloomberg-Reporter Mark Gurman vorhergesagt. Damals sagte er ferner, dass die Idee einer vollständig virtuellen Welt, in die die Nutzer flüchten können – wie in der Zukunftsvision von Meta –, für Apple tabu sei.
Apple schweben als Einsatzzwecke für die Vision Pro eher die Möglichkeiten eines Notebooks oder iPads vor, aber mit raumfüllenden, schwebenden Bildschirmen. Es ist daher etwa möglich, das Headset dank der nahtlosen Verzahnung des Ökosystems mit einem Macbook zu verbinden und die Anwendungen im Raum als virtuelle Fenster anzuzeigen und mit einer Hardware-Tastatur zu schreiben.
Außerdem lässt sich das Headset unter anderem dank der Kooperation mit Disney als Heimkino verwenden. Dabei erscheint vor den Augen eine riesige Kinoleinwand, die entweder in das heimische Wohnzimmer eingebettet ist, oder in einen virtuellen Raum, der die reale Welt verschwinden lässt. Auch Videocalls – aber nicht als comichafte Avatare wie bei Meta, sondern einem echt erscheinenden Abbild der Träger:innen – sind möglich, ebenso die Zusammenarbeit mit Kolleg:innen an Dokumenten – auch Microsoft ist übrigens an Bord.
Die Einsatzzwecke decken letztlich das ab, was Apple seit Jahren anbietet, aber in einem neuen Setting. Daher kategorisiert Apple das Headset als „räumlichen Computer“ („Spatial Computing“) und kann daher eher als Neudefinition des Personal Computers interpretiert werden.
Ein Problem der Vision Pro: Der hohe Preis
Ob Apple mit diesem Ansatz erfolgreich sein wird, kann zur Stunde nicht vorhergesagt werden. Denn das erste Headset kommt erst Anfang 2024 und dann zunächst nur für die USA auf den Markt. Erst später sollen weitere Länder folgen. Diese Strategie deutet an, dass Apple die Einführung der neuen Produktkategorie behutsam angehen will, zumal der hohe Preis des Headsets ohnehin die breite Masse von einem Ansturm ähnlich neuer iPhones abhalten dürfte. Denn Apples Vision Pro schlägt mit saftigen 3.500 US-Dollar zu Buche, was auf den europäischen Markt sicherlich locker 4.000 Euro entsprechen dürfte.
Wir tippen darauf, dass die erste Generation des Spatial-Computers ohnehin zunächst für Entwickler:innen bestimmt ist, um das App-Ökosystem mit Leben zu füllen. Erst in ein oder zwei Jahren wird Apple eine nächste, günstigere Generation des Headsets auf den Markt bringen, heißt es.
Bis dahin dürfte sich auch herauskristallisiert haben, wofür die ersten Käufer:innen das Headset vornehmlich nutzen, und Apple wird diese Features, ähnlich wie bei der Apple Watch, optimieren und ausbauen. Ebenso wird sich im Laufe der Zeit auch zeigen, ob so ein Headset aus dem Hause Apple erfolgreich sein und die gesamte Mixed-Reality-Industrie aus dem Tal der Tränen holen wird. Denn derzeit sind die Absatzzahlen dieser Produktkategorie rückläufig.