Spinnen, Höhe oder Schmerzen: VR-App soll gegen Phobien helfen

Per VR-Behandlung Phobien loswerden: Eine neuseeländische App könnte das möglich machen. (Foto: Shutterstock.com / Roman Chazov)
Sei es die Panik vor Spinnen, vor Höhe oder Nadeln, die Angst vor Schmerzen, vor Menschenmassen oder dem Erröten: Es gibt etwa 650 anerkannte Phobien, die sich in vielen Details unterscheiden. Sie haben jedoch eines gemein: Die jeweilige Angststörung kann die Betroffenen im Ernstfall daran hindern, einen Beruf auszuüben und alltägliche Situationen zu meistern – kurz: ein ganz normales Leben zu führen.
In Ländern mit höherem Einkommen nehmen laut WHO in solchen Fällen 50 bis 65 Prozent der Betroffenen eine Psychotherapie in Anspruch, wohingegen in Ländern mit niedrigem mittleren Einkommen nur 15 bis 25 Prozent behandelt werden. Diese Zahlen fielen im Jahr 2020 auch einem neuseeländischen Unternehmer auf. Seine Idee: eine kostengünstige, effektive Behandlungsmöglichkeit, die Menschen in ihren eigenen vier Wänden wahrnehmen können.
Nach ausgedehnten Konsultationen mit klinischen Psycholog:innen und der Entwicklung eines Prototyps starteten ab Mai 2021 die ersten Tests einer Smartphone-App, die sich auf Expositionstherapie zur Verhaltensbehandlung (auch Konfrontationstherapie genannt) stützt und die Patient:innen in einem sicheren Umfeld einer Situation aussetzt, die ihnen normalerweise Angst machen würde.
Der Testablauf der sechswöchigen Studie wird in einem Bericht des britischen The Guardian näher eingeordnet: Per VR-Headset sahen sich die 109 Teilnehmer:innen Videos an, die in der realen Welt gedrehte, schrittweise angstauslösende Situationen zeigten. Jede:r Patient:in erhielt die Aufgabe, den eigenen Angstzustand vor, während und nach dem Ansehen der Videos aufzuzeichnen. Ein Übergang zum jeweils nächsten Teil des Programms war erst möglich, wenn die Angst ein bestimmtes Level unterschritt.
Der überraschende Effekt: Unmittelbar nach Abschluss des Programms sowie weitere sechs Wochen später schätzten die Teilnehmer:innen die Schwere ihrer Phobie als weniger gravierend ein: Von einem Wert zwischen 26 und 40, was auf eine mittelschwere bis schwere Phobie hinweist, wandelte sich die Selbsteinschätzung der Teilnehmer:innen hin zu einem Wert von 7.
Ob es die Vorhersehbarkeit der sich wiederholenden Inhalte oder eine Art Gewöhnungseffekt war: Die geringeren Ängste der Teilnehmer:innen nach Nutzung des VR-Programms sind in jedem Fall als Erfolg zu werten. „Es gab ein sehr klares, positives Signal, dass die Verwendung der oVRrcome-App das Niveau bestimmter Phobiesymptome einer Person signifikant reduziert hat“, wird Dr. Cameron Lacey, außerordentlicher Psychologie-Professor an der University of Otago und leitender Forscher des Programms, vom Guardian zitiert.
Die App ist weltweit verfügbar und bietet aktuell VR-Behandlungen für bislang zwölf unterschiedliche Phobien an. Die Programme sind auf Erwachsene sowie für Kinder ab 5, 10 oder 14 Jahren zugeschnitten. Eine weitere klinische Studie ist bereits in Planung.
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