Mit Lesen und Langeweile zu besseren Entscheidungen: So macht es der Amazon-CTO

Ob auf der Uhr oder dem Smartphone, im Privatleben oder beruflich: Benachrichtigungen, die das unterbrechen, was man eigentlich gerade macht, gehören mittlerweile für viele Menschen zum Alltag.
Das hat seinen Preis, sagt Amazon-CTO Werner Vogels. Wer ständig gestört wird, verliere den eigenen Fokus und die Fähigkeit zu lernen. „Wir sind nicht mehr konzentriert, weil immer etwas anderes passiert“. Wie er für sich privat und in den Meetings bei Amazon dagegen ankämpft, hat Vogels jetzt in einem Interview verraten.
Werner Vogels: Lesezeit in Meetings und ein freier Nachmittag
Im Gespräch mit Business Punk erklärt der Niederländer: Wer bei Amazon an einem Meeting teilnimmt, bekommt zu Beginn ein sechsseitiges Textdokument ausgehändigt. Das können sich die Teilnehmenden in den ersten 30 Minuten des Meetings ganz in Ruhe durchlesen. „Nach diesen 30 Minuten sind alle auf dem gleichen Stand“, so Vogels.
Durch die fest eingeplante Lesezeit könne man sicherstellen, „dass alle mit ihrem Kopf dabei sind“ – und die Qualität der im Anschluss gefällten Entscheidungen sei „extrem hoch“.
Vogels selbst nimmt sich einen Nachmittag pro Woche frei, um das Lernen wieder zu lernen. Kein Telefon, keine Mails, „alles wird abgeschaltet“. Und dann liest er beispielsweise ganz ungestört akademische Texte oder „spielt“ mit Tools und Technologien, die bei Amazon gerade in der Entwicklung sind.
Langeweile als Kreativitätstreiber: „Lass es geschehen“
Insgesamt beobachtet der Amazon-CTO eine Gegenbewegung zur ständigen Erreichbarkeit und Ablenkung. Neben spezieller Hard- und Software gehören dazu teilweise auch gemeinschaftlich organisierte Offline-Zeiten. „Menschen treffen sich, um ohne Technologie zu lesen, zu reden oder sich bewusst zu langweilen“.
Und gerade dieser Langeweile kann der CTO einiges abgewinnen. „Langeweile ist eine unterschätzte Kraft. Sie gibt unserem Gehirn Raum, kreativ zu werden“. Wer also auf der Suche nach Inspiration und zündenden Ideen ist, sollte aus seiner Sicht versuchen, einfach mal nichts zu tun. Denn, so Vogels: „Nichtstun bedeutet, dass du dein Gehirn leer machst. Lass es geschehen!“