Ob Algen als Luftfilter oder die Verwertung von E-Auto-Batterien: Die Geschäftsfelder, in denen in Deutschland gegründet wird, sind vielfältig.
Locatee: Wie viel Büro brauchen wir?
Wo und wie wir arbeiten – die Frage beschäftigt Arbeitnehmer:innen und Unternehmen noch immer gleichermaßen. Thomas Kessler und Benedikt Köppel hatten einen guten Riecher, als sie schon 2014 ihr Startup Locatee gründeten. Das Unternehmen mit Sitz in Zürich und mittlerweile auch New York City bietet Workplace-Analytics-Lösungen, um Büroflächen effizienter zu nutzen.
Konkret werden anonymisierte Daten, etwa aus der LAN- und WLAN-Infrastruktur, ausgelesen, um dann mittels patentierter Technologie zu analysieren, welche Bürofläche tatsächlich wie intensiv genutzt wird und wo Optimierungspotenzial besteht.
Kund:innen zahlen im Rahmen eines Abos zunächst eine Einrichtungsgebühr und später eine jährliche Servicegebühr, die auf Grundlage der analysierten Fläche in Quadratmetern berechnet wird. Die Locatee-Finanzierung lief in der Frühphase über Business-Angels, es folgten der Abschluss einer Series-A-Runde, ein Zuschuss durch den schweizerischen Technologiefonds und zuletzt eine Finanzierungsrunde in Höhe von 7,1 Millionen Euro.
Unser Urteil: Locatee nutzt bereits bestehende Strukturen und kann so auf Distanz und mit wenig Installationsaufwand Büroflächen analysieren. Mit dem Trend hin zu Hybrid- und Homeoffice-Konzepten dürften viele Unternehmen zu potenziellen Kunden werden.
Solaga: Bessere Luft dank Algen im Bilderrahmen
Wanddekoration mit Luftfilterfunktion? Das haben sich Benjamin Herzog und Johann Bauerfeind als Geschäftsmodell ausgedacht.
Seit 2017 vertreibt das Berliner Unternehmen Algenkulturen im Bilderrahmen. Die Idee: Die Mikroorganismen, die durch einen im Rahmen integrierten Wassertank versorgt werden, betreiben Fotosynthese und ziehen zusätzlich Schadstoffe aus der Raumluft – auch an schattigen Plätzen. Alwe ist laut den Herstellern das weltweit erste Mikroalgenprodukt für Innenräume. Zur Finanzierung macht Solaga keine Angaben.
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Unser Urteil: Vom wissenschaftlich aufgestellten Team rund um die beiden Gründer könnte vor allem im Bereich „Smart Green City“ noch die ein oder andere spannende Entwicklung kommen, etwa Fassadenbegrünung, die mit Sensorik zur Bestimmung der Luftqualität ausgestattet ist.
Aktuell sind die Algenbilder mit einem Preis ab 299 Euro allerdings wohl eher ein Einrichtungsgegenstand für Überzeugungstäter:innen.
Mokebo: Grüner Möbelversand
Mit Know-how aus ihren früheren Jobs bei Otto und Amazon haben Moritz Messinger und Philip Kehala 2018 Mokebo gegründet.
Der eigenfinanzierte Kölner Möbelversand, der 2020 einen Jahresumsatz von 3,1 Millionen Euro verzeichnete, lagert seine Waren nicht selbst, sondern verwaltet vor allem die klimaneutrale Lieferung vom Hersteller direkt zu den Kund:innen. Ein Großteil der Möbel werde in europäischen Ländern produziert, Retouren über das Startup Malindo abgewickelt.
Unser Urteil: Genauere Informationen zu den Möbelherstellern sind im Mokebo-Shop aktuell nicht zu finden, das soll sich aber laut Mitgründer Kehala in Zukunft ändern. Insgesamt befindet sich Mokebo auf Wachstumskurs – und liegt mit seinen Bemühungen voll im Trend.
Retamo: Reviews auf einen Blick
„Viele Unternehmen tun sich im Umgang mit Bewertungen sehr schwer“, beobachtete Nico Trittmacher in seinem Job als Webentwickler. Zusammen mit drei weiteren Gründern startete er 2020 deswegen Retamo. Über eine Software-as-a-Service-Lösung soll die Verwaltung, Auswertung und Generierung von Bewertungen erleichtert werden.
Im September 2021 hat das Offenburger Startup nach eigenen Angaben ein siebenstelliges Investment der Firma Conversion Maker erhalten, zuvor hatte es sich aus eigener Tasche finanziert.
Unser Urteil: Aktuell wird Retamo nach eigenen Angaben besonders von Unternehmen im Dienstleistungssektor genutzt, aber auch für die Marktforschung bieten die Tools interessante Informationen.
Claym Plus: Digitale Schadensregulierung bei Verkehrsunfällen
Wie komme ich an mein Geld, wenn es auf der Straße mal gekracht hat? Hier will Gordian Madsen mit seinem im Januar 2021 gegründeten Legaltech-Startup Claym Plus Hilfe bieten und Geschädigte bei einem Verkehrsunfall in Rechtsfragen unterstützen.
Die Abwicklung erfolgt komplett digital, wodurch schneller Ergebnisse erzielt werden sollen. Für die Geschädigten ist der Service des Hamburger Unternehmens inklusive Besichtigungstermin durch Gutachter:innen vor Ort kostenlos. In Haftpflichtfällen muss nämlich die Versicherung des Unfallverursachers die Kosten für einen unabhängigen Schadenregulierer übernehmen.
Claym Plus arbeitet neben dem Privatsektor auch mit Autohäusern und Fuhrparks zusammen, denen das Unternehmen neben der Fallabwicklung beispielsweise Statistiken zu Fällen, Werkstattkosten und Erstattungszahlungen zur Verfügung stellt. Im Zuge dieser Kooperationen wickelt Claym Plus auch Kaskoschäden kostenfrei ab. Für 2021 rechnet das eigenfinanzierte Jungunternehmen mit einem Umsatz zwischen 350.000 und 500.000 Euro.
Unser Urteil: Weil die Abwicklung bei Claym Plus komplett digitalisiert ist, haben Betroffene alle Vorgänge schnell und übersichtlich dokumentiert. Damit will sich das Unternehmen von herkömmlichen Anbietern abheben.
Circunomics: Zweites Leben für E-Auto-Batterien
Bis zu zehn Millionen Elektroautos erhofft sich die deutsche Bundesregierung bis 2030 auf den Straßen – die Batterien dürften Patrick Peter und seinem Frankfurter Team also kaum ausgehen. 2019 gegründet, will Circunomics Autohersteller und Batterieverwertungsfirmen effizient miteinander vernetzen.
Das Startup analysiert den Zustand der Lithium-Ionen-Batterien und den Wert enthaltener Rohstoffe in einem automatisierten Verfahren und erstellt einen digitalen Zwilling der Batterie – dafür zahlen die Autohersteller pro Kilowattstunde. Wird die Batterie dann zur Verwertung weitervermittelt, erhält Circunomics eine Provision.
Unser Urteil: Circunomics zufolge ist die Auto- und Batterieindustrie von eingefahrenen Strukturen geprägt, deren Aufbruch noch Überzeugungsarbeit verlangt. Die jüngste Investmentrunde im Juni 2021 in Höhe von 1,8 Millionen Euro und die Kooperation mit dem global agierenden Recycling-Management-Systemanbieter TES dürften dabei helfen.
Pionize: Einstieg ins Smarthome
Smarthomes sollen das Leben vereinfachen, doch die Auswahl und Installation ist oft alles andere als einfach. Maximilian Hauke, Alexander Lerach, Mirabror Mirzokhidov und Tymofii Melnyk haben deshalb 2019 an der Universität Passau ihr Startup Pionize gegründet.
Ihr Produkt: eine Web-App, in der potenzielle Kund:innen nach einer kurzen Registrierung fünf Fragen zu ihren Bedürfnissen beantworten. Darauf basierend werden Produktpakete in verschiedenen Preisumfängen vorgeschlagen, die sich individuell anpassen lassen.
Pionize beschränkt das Angebot vorerst auf sogenannte Plug-&-Play-Produkte, damit die Installation möglichst einfach ausfällt. Bei Bedarf stehen interaktive Anleitungen bereit, auch die Vermittlung eines kostenpflichtigen Installationsservices ist möglich. Anfang 2022 wollen die Gründer das Leistungsspektrum erweitern und die vermittelten Geräte verschiedener Marken über nur eine Anwendung steuerbar machen. Im Kundenbereich soll der Fokus künftig auf B2B liegen, etwa in Zusammenarbeit mit Immobiliengesellschaften.
Unser Urteil: Pionize kann mit seinem sehr niedrigschwelligen Angebot einen Einstieg in Smarthome bieten, auch die Steuerung verschiedenster Produkte mit nur einer App hat Potenzial. Allerdings läuft im Dezember 2021 die bisherige Förderung aus – dann sucht das Startup nach einer neuen Finanzierung.
Toll dass wir immer mehr „grüne“ Unternehmen gründen. Häufig setzen sich viele davon nicht durch weil sie eben nicht so stark Gewinn-getrieben sind. Eine Förderung macht hier auf jeden Fall Sinn.
Grüße
Finity In Team
https://www.finity-in.com