Die Vier-Tage-Woche wird für Ökonominnen und Ökonomen immer interessanter: Wie der britische Guardian berichtet, startet jetzt auch Großbritannien ein weitreichendes Pilotprojekt, um die Auswirkungen einer verkürzten Wochenarbeitszeit zu untersuchen. Mehr als 3.300 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus insgesamt 70 Unternehmen des Vereinigten Königreichs nehmen von Juni bis Dezember 2022 an dem Experiment teil – angefangen bei der kleinen Frittenbude bis zur Softwarefirma, heißt es in der Tageszeitung. Die Teilnehmenden erhalten binnen dieser Zeit das volle Gehalt.
„Wir werden analysieren, wie Arbeitnehmende auf einen zusätzlichen freien Tag reagieren, und zwar in Bezug auf Stress und Burnout, Arbeits- und Lebenszufriedenheit, Gesundheit, Schlaf, Energieverbrauch, Reisen und viele andere Aspekte des Lebens“, sagte Juliet Schor, Soziologieprofessorin am Boston College und leitende Forscherin des Projekts. Initiatoren sind „4 Day Week Global“, „Denkfabrik Autonomy“ und die „4 Day Week“-Kampagne. Die wissenschaftliche Begleitung übernehmen das Boston College sowie Forscherinnen und Forscher der Universitäten Cambridge und Oxford.
4-Tage-Woche: Das Interesse steigt weltweit
Ähnliche Experimente laufen derzeit in Irland, den USA, Kanada, Australien, Neuseeland und Israel. Auch Spanien hat Untersuchungen angekündigt. Island hat 2021 das bis dato größte Experiment durchgeführt. Das Projekt bestand aus zwei Versuchen zur Untersuchung des Effekts der Arbeitszeitverringerung. Ein Testlauf startete schon 2015, daran nahmen bis zu 2.500 Beschäftigte teil. Am zweiten Teil des Experiments nahmen ab 2017 über 400 Personen teil. Die Ergebnisse der Studien waren durchweg positiv. In der öffentlichen Verwaltung ist die verkürzte Wochenarbeitszeit inzwischen beschlossen.
In dem Experiment haben die Teilnehmenden ihre Wochenarbeitszeit von jeweils 40 auf 36 oder 35 Stunden reduziert. Das Gehalt blieb gleich, die Produktivität und die erbrachte Leistung sollen ebenfalls gleich geblieben sein oder sich sogar noch verbessert haben. Um das zu erreichen, waren im Rahmen des Projekts auch Arbeitsroutinen überarbeitet worden. In der Regel geht der Vier-Tage-Woche eine Modernisierung der Prozesse voraus. So wurden Meetings verkürzt oder durch E-Mails ersetzt. Zudem haben die Forscherinnen und Forscher nach Aufgaben gesucht, die sich streichen ließen.
Die Ergebnisse aus Großbritannien veröffentlichen die Initiatoren und das Forscherteam entsprechend erst 2023. Auch dieses Projekt wird von Befürwortenden und Kritisierenden mit Argusaugen verfolgt. Auch in Deutschland ist das Interesse an der Vier-Tage-Woche groß. Laut einer Forsa-Umfrage würden es 71 Prozent begrüßen, wenn hierzulande das gleiche Modell wie in Belgien gelten würde. Dort dürfen Arbeitnehmer künftig wählen, ob sie ihre 40 Arbeitsstunden pro Woche an vier oder an fünf Tagen verrichten wollen. Eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit ist das genau genommen jedoch nicht.