Amazon: Miserable Suchergebnisse sollten Absicht sein – und riesige Gewinne abwerfen
Im Verfahren gegen Amazon, das die US-amerikanische Wettbewerbsbehörde FTC zusammen mit 17 Generalstaatsanwälten verschiedener Bundesstaaten seit Ende September führt, waren bisher große Teile der veröffentlichten Anklageschrift zum Schutz von Amazon geschwärzt. Jetzt hat das zuständige Bundesbezirksgericht in Washington aber zugestimmt, größere Teile offenzulegen.
Einer der neu veröffentlichten, bisher unbestätigten Vorwürfe: Amazon soll Suchergebnisse bewusst mit Werbung für irrelevante Produkte durchsetzt haben und hätte so die Anbieter relevanter Produkte in Zugzwang gebracht. Um in der Suche nicht von den irrelevanten Werbebuchungen verdrängt zu werden, hätten die nämlich selbst Geld für einen Werbeplatz ausgeben müssen.
Jeff Bezos soll Werbetaktik angeordnet haben: „Akzeptiert mehr Müll“
Die Anweisung, Werbeplätze gezielt mit minderwertigen oder irrelevanten Produkten zu besetzen, soll laut Anklage vom Amazon-Gründer höchstpersönlich stammen. „Akzeptiert mehr Müll“, soll Jeff Bezos seinen Managern befohlen haben, als er selbst noch CEO des Unternehmens war.
Nicht alle verantwortlichen Manager hätten das für gut befunden, so die Anklage. Einige von ihnen hätten dokumentiert, dass das Vorgehen den „Verbrauchern Schaden zufügt“. Es sei „fast unmöglich, [dass] hilfreiche, organische Inhalte von hoher Qualität sich gegen kaum relevante, bezahlte Inhalte“ durchsetzen.
Amazons Marktmacht: Welche Praktiken stecken dahinter?
Schon vor einigen Wochen waren Passagen der Anklageschrift veröffentlicht worden, in denen mutmaßliche Methoden geschildert werden, mit denen Amazon seine Monopolstellung verfestigt. So soll der Onlinemarktplatz unter anderem einen Algorithmus namens „Project Nessie“ genutzt haben, um zwischen 2016 und 2019 herauszufinden, inwieweit Konkurrenzanbieter bei Preissteigerungen mitziehen und den höchstmöglichen Preis für Waren auszuloten.
Auch bei Amazon Prime soll das Unternehmen mit unsauberen Tricks arbeiten: Laut FTC und insgesamt 17 US-Bundesstaatsanwälten drängt Amazon den Verbrauchern Prime-Abos auf. Die teilnehmenden Händler würden wiederum danach ausgesucht, ob sie Amazons kostenpflichtiges „Fullfilled by Amazon“-Programm (FBA) für die Verpackung und Zustellung ihrer Waren nutzen.
Wie hoch Amazon die FBA-Bearbeitungsgebühren in den letzten Jahren angesetzt hat, ist in der veröffentlichten Anklageschrift bisher weiterhin geschwärzt. Angaben aus 2014 und 2018 zeigen aber, dass die Beträge ordentlich gestiegen sein dürften: 2014 soll Amazon durchschnittlich 28 Prozent vom Gesamtpreis einbehalten haben, 2018 sollen es dann schon rund 40 Prozent gewesen sein.
Anklage gegen Amazon: Worum es der FTC geht
Insgesamt lassen sich die Vorwürfe seitens der FTC und der Bundesstaatsanwälte so zusammenfassen: Amazon soll seine Machtstellung am Markt unfair ausgenutzt und immer wieder den eigenen Profit vor die Bedürfnisse der Verbraucher gestellt haben.
Amazon widerspricht den Vorwürfen vehement, wirft den Anklägern Falschdarstellung vor und argumentiert unter anderem, dass man bei Verbrauchern weltweit ja eine sehr beliebte Plattform sei.