Tracken ja, zahlen nein: Wer haftet, wenn Amazon-Lieferfahrzeuge Unfälle verursachen?
Die Bedingungen, unter denen Zusteller:innen Amazon-Bestellungen ausliefern, sorgen immer wieder für Schlagzeilen: das sogenannte Pinkelgate, KI-gestützte Kameraüberwachung – natürlich nur zum Schutz der Fahrer:innen – oder Bots, die automatisiert denen kündigen, die nicht gut genug performen. Bedenkt man, dass ein nicht unerheblicher Teil der Fahrer:innen gar nicht bei Amazon direkt, sondern in Subunternehmen angestellt ist, wirkt das Ganze noch absurder – und könnte Jeff Bezos’ Konzern jetzt auf die Füße fallen.
Wer haftet, wenn Amazon-Lieferwagen Unfälle verursachen?
Wie The Verge unter Berufung auf Bloomberg (Paywall) berichtet, muss ein US-amerikanisches Gericht jetzt klären, wer haftet, wenn Zusteller:innen, die Amazon-Bestellungen ausliefern, Verkehrsunfälle verursachen.
Dahinter steht folgender Fall: Ein:e Fahrer:in war Anfang dieses Jahres in Atlanta mit einem Amazon-Zustellfahrzeug in das Ende eines Staus gerast und hatte dabei den 24-jährigen Ans Rana schwer an Gehirn und Wirbelsäule verletzt. Der hat im Juni Klage gegen Amazon eingereicht – das Unternehmen hatte das zurückgewiesen mit der Begründung, die Person, die das Fahrzeug gesteuert hatte, sei kein:e Angestellte:r von Amazon selbst, sondern für Harper Logistic, ein Subunternehmen.
Ranas Anwalt Scott Harrison argumentiert in einer im September eingereichten Klageschrift jedoch, dass Amazon die Verantwortung trage, gerade weil das Unternehmen mithilfe der Monitoring-Maßnahmen Kontrolle über die Fahrer:innen ausübe. Um das zu beweisen, will Harrison tiefgehenden Einblick in die Mechanismen nehmen und herausfinden, was Amazons Maschinen und Kontrollmechanismen steuern. Dazu müsste er jedoch auch den Algorithmus des Unternehmens untersuchen dürfen. Das, so soll es vonseiten Amazons heißen, würde jedoch „Geschäftsgeheimnisse“ offenbaren.
Urteil könnte weitreichende Konsequenzen für Amazon haben
Sollte die Strategie von Rana und Harrison Erfolg haben, könnte das weitreichende Konsequenzen für Amazon haben. Laut der Bloomberg-Untersuchung gibt es in den USA allein für 2021 119 offene Fälle, in denen Amazon Logistics als Beklagte bei Verkehrsunfällen geführt wird. Das sollen vier Mal so viele Fälle wie noch 2020 sein – und das Weihnachtsgeschäft läuft gerade erst an.
Im Februar dieses Jahres hatte ein texanisches Gericht die Klage eines Paares abgewiesen, das Amazon wegen eines Unfalls mit einem Lieferfahrzeug verklagt hatte. Und in Massachusetts soll ein Mann einen Hirnschaden erlitten haben, als sein Fahrzeug mit einem Amazon-Fahrzeug kollidierte, dessen Fahrer:in am Steuer eingeschlafen war.