Wer genauer hinschaut, merkt allerdings, dass Bezos und Musk wie auf der Erde auch im All häufig ganz unterschiedliche Ziele verfolgen und eigentlich gar nicht in einem Wettbewerb miteinander stehen. Bezos will schließlich nicht vorrangig auf den Mars und Musk hat wenig für die von Blue Origin geplanten Raumstationen übrig.
Ist das Space-Race eine Inszenierung für mehr mediale Aufmerksamkeit?
In ihrem Buch „Die neuen Patriarchen des digitalen Kapitalismus – berühmte Tech-Gründer und Machtnetzwerke“ finden Alison Winch und Ben Little eine klare Antwort auf diese Frage. Ihren Erkenntnissen nach konkurrieren Tech-Größen sowohl persönlich als auch unternehmerisch gar nicht miteinander, vielmehr unterstützen sie sich gegenseitig in ihrer jeweiligen Monopol-Stellung. Das Space-Race wäre deshalb eher inszeniert als tatsächlich unternehmerisch relevant.
Dementsprechend seien SpaceX und Blue Origin auch keine Wettbewerber auf demselben Markt. Vielmehr hätten sie diesen bereits unter sich aufgeteilt und sich so gegenseitig eine Monopolstellung verschafft. Elon Musk setzt dabei ganz klar auf den Mars, während Jeff Bezos seine Projekte eher in der Erdatmosphäre oder ihrer direkten Umgebung verortet. Tatsächlich leuchtet die These ein: Für Musks Marspläne scheint es erstmal nicht relevant zu sein, wie gut sich Jeff Bezos beim Weltraumtourismus im Orbit schlägt. Nicht nur im Weltraum würden sich die Interessen der Tech-Giganten häufiger angleichen als konkurrieren. Hier verweist Little auf ein Zitat von Google-Mitbegründer Larry Page, das frei übersetzt besagt: „Sillicon-Valley-Milliardäre reisen im Rudel und halten zusammen wie Pech und Schwefel.“ Doch warum sollten große Unternehmen ein Interesse daran haben, diese Wettkampf-Erzählung weiter zu befeuern?
Weg vom „Warum“ hin zum „Wie“
Auch bei dieser Frage findet Little für The Conversation eine klare Antwort. Die regelmäßigen Sticheleien und Beteuerungen, in Konkurrenz zueinander zu stehen, sorgten demnach dafür, dass sich die Frage vom „Warum“ hin zum „Wie“ und „Wer“ verschiebt. Die Öffentlichkeit möchte wissen, welcher Unternehmer dem anderen im Space-Race einen Schritt voraus ist und wie die neusten Entwicklungen in diesem spektakulären Wettkampf aussehen. Bei näherer Betrachtung dürfte es selbst Fans der Materie schwer fallen, eine Ziellinie für das Rennen ums Weltall zu definieren.
Medien und Öffentlichkeit seien viel zu sehr darauf fokussiert, die Auseinandersetzung zwischen den Konzernen und ihren Köpfen zu hypen. Sie hörten deshalb auf zu fragen, wie sinnvoll die Weltall-Expansion eigentlich sei und wer hier welche Interessen verfolge. So werde der Anschein von fairem Wettbewerb gewahrt, während sich in Wahrheit mehrere Monopolisten gegenseitig den Rücken freihalten. Die Frage, ob Weltall-Tourismus für Superreiche wirklich die Umweltbelastung rechtfertige und beispielsweise auf dem Rücken von schlecht bezahlten Amazon-Mitarbeiter:innen ausgetragen werden sollte, tritt jedenfalls angesichts ständig neuer Superlative bei technischen Errungenschaften regelmäßig in den Hintergrund.
Kommentar: Zynische Weltall-Milliardäre: Astronaut Bezos taugt nicht als Vorbild.
So kam die Studie zu ihren Ergebnissen
Das Space-Race ist für Little und Winch also vor allem eines: geschicktes Framing. Dafür seien Musk und Bezos schon vor ihren Weltallplänen bekannt gewesen. Für ihre Studie werteten die beiden Wissenschaftler:innen eine Datenbank mit über zehn Millionen Worteinträgen aus 95 Büchern über die Tech-Industrie aus dem Silicon Valley aus. Mittels eines Algorithmus wurden gemeinsame Erwähnungen von mehreren Unternehmern herausgefiltert und in verschiedene Kategorien geclustert. Little zufolge konnte so festgestellt werden: Musk und Bezos haben sich zwar nicht direkt finanziell unterstützt, sie sind aber Teil eines größeren finanziellen Netzwerkes, das dies regelmäßig tut. Weitere Mitglieder dieses Netzwerkes: Mark Zuckerberg, Peter Thiel, Sergey Brin und Sheryl Sandberg.
Wettbewerb durchaus vorhanden
Es gibt allerdings durchaus Projekte, die nicht nur den Anschein von Konkurrenz haben dürften. SpaceX und Blue Origin stritten sich beispielsweise um den Nasa-Auftrag für eine kommerzielle Mondlandefähre. Amazon besitzt außerdem unter anderem Anteile am Tesla-Konkurrenten Rivian. Zudem arbeiten Musk und Bezos beziehungsweise ihre Unternehmen beide an einem Satelliten-Netz. Allerdings lassen sich auch darauf die Ergebnisse der Studie übertragen: Dank einer neuen Konkurrenz-Erzählung gerät die Frage nach dem zunehmenden Weltallschrott durch die Satelliten in den Hintergrund.
Was folgt aus diesen Ergebnissen? Little ruft Medien und ihre Leser:innen zu mehr kritischem Bewusstsein auf und schließt mit den Worten: „Wenn wir also in Clickbait über diese Männer schwimmen, ist es kein Zufall, dass wir sie neben Prominentennachrichten finden: Es ist absolut grundlegend für ihre Geschäftsstrategien und somit eine wichtige Quelle ihres Reichtums und ihrer Macht.“
Also einen ganzen Artikel über ein space Race zwischen den beiden schreiben aber mit keinem Wort erwähnen, dass blue Origin noch nie eine Rakete in den Orbit gebracht hat ist schon… Interessant.
Dieser Artikel war echt schmerzhaft. Keine Erwähnung dessen, dass SpaceX BO Jahre vorraus ist, was Orbitalraketen angeht. Gerede von einem Monopol wo bisher nur Träume sind (Und im Falle von BOs Raumstationen mehrere andere Unternehmen, die bereits deutlich weiter sind in dem Feld, die unerwähnt bleiben). Infragestellung der grundlegenden Begründung für Raumfahrt ohne inhaltliche Auseinandersetzung. Eine solche Studie, die sich nur und ohne jeglichen Inhalt über die „bösen Superreichen“ auslässt sollte keine mediale Aufmerksamkeit bekommen.