Anonym war gestern: EU will Personendaten bei Krypto-Transaktionen erfassen
Wie die deutsche Kryptowerte-Transferverordnung (KryptoTransferV) beschäftigt sich auch die EU-Regelung im Wesentlichen mit Krypto-Dienstleistern. Die sollen bei An- und Verkäufen von Krypto-Assets die Daten der beteiligten Personen erheben, vorhalten und auf Nachfrage einer Behörde übermitteln.
EU-Kommission will neue Behörde erschaffen
Die entsprechende Behörde will die EU – anders als der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) – auch gleich einrichten. Sie soll ab 2023 betriebsbereit sein, sich mit der Bekämpfung von Geldwäsche im Allgemeinen befassen und dabei den Handel von Kryptowährungen mitbearbeiten.
Die Begründung ist bekannt. Die EU-Kommission behauptet im Gleichklang mit den meisten Regierungen weltweit, dass die neuen Regelungen den Missbrauch von Kryptowährungen für Zwecke der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verhindern sollen. Kernpunkt der Gesetzesinitiative sind sogenannte „verstärkte Sorgfaltspflichten für Krypto-Dienstleister“.
Krypto-Regelungen sollen angeblich zur Verbrechensbekämpfung erforderlich sein
Die sollen künftig bei allen Transaktionen Informationen über Auftraggeber und Begünstigte übermitteln, also den Sender und den Empfänger eines Assets identifizierbar speichern. So entsteht nach den Erwartungen der Politik eine transparente Rückverfolgbarkeit, die den staatlichen Interessen der Verbrechensbekämpfung Rechnung tragen soll.
Die neuen Regeln sollen das Prinzip der Pseudonymität von Blockchain-Transaktionen aushebeln. Statt einer kryptischen Adresse, deren Eigentümer erst ermittelt werden müsste (aber auch ermittelt werden könnte), hätten Behörden damit direkten Zugriff auf Namen und Adressen der an einer bestimmten Krypto-Transaktion beteiligten Personen. Letztlich setzt die EU-Kommission damit die Vorgaben der auf Geldtransfers anwendbaren Geldtransferverordnung entsprechend um. So wie es keine anonymen Bankkonten gibt, soll es nach dem Willen der Politik auch keine anonymen Krypto-Konten geben.
Regelungsgrundlage sind wieder einmal die Empfehlungen der FATF
Inhaltlich orientiert sich die EU-Kommission nah an den Empfehlungen der FATF zur sogenannten Travel Rule, die die namentliche Erfassung von Sender und Empfänger bei Finanztransaktionen vorsieht. Die Financial Action Task Force (FATF) ist eine internationale Organisation der OECD, die Empfehlungen an ihre Mitgliedstaaten zur effektiven Geldwäsche- und Terrorismuspräventionsregulierung erarbeitet. Sie gilt als Treiber der weltweiten Geldwäschebekämpfung. Ihre Vorschläge sind vor allem in den Gremien der Europäischen Union stets auf fruchtbaren Boden gefallen.
Dass die EU-Regelungen zu geltendem Recht werden, kann daher mit einiger Wahrscheinlichkeit vermutet werden. Vorerst handelt es sich allerdings erst einmal um eine Initiative der Kommission, die nun in den parlamentarischen Prozess eingebracht werden muss. Mit einem Inkrafttreten ist wohl erst in frühestens zwei Jahren zu rechnen. Diese zeitliche Perspektive macht indes die Inkraftsetzung der deutschen KryptoTransferV wahrscheinlicher. Die braucht nur noch die Unterschrift des Finanzministers.
Kritiker sehen keinen Sinn in dem Regelungspaket
Kritiker dieses Regelungsbündels von Bund und EU geben zu bedenken, dass Kryptowährungen zwar bei der Terrorismusfinanzierung, Drogengeschäften oder Erpressungen wie den häufiger gewordenen Ransomware-Attacken eine Rolle spielen mögen – aber nicht unter Beteiligung von Unternehmen wie Coinbase, Binance, Bitpanda oder anderen Krypto-Verwahrern. Für die gelten bereits KYC-Regeln, die eine Identifizierung der Beteiligten an einer Transaktion zulassen.
Wenn Kryptowährungen in verbrecherischem Kontext eingesetzt würden, dann doch stets in der Form der Unhosted Wallet. Die lebt auf der Hardware des Senders und des Empfängers. Dabei werden weder Sender noch Empfänger vom Regelungskreis erfasst und könnten sich munter weiterhin pseudonymisiert Assets hin- und herschicken. Die Rechtsverordnungen würden insofern das behauptete Ziel gar nicht erreichen können. Vielmehr seien sie gezielt auf die Benachteiligung der Geschäftsmodelle der Krypto-Dienstleister ausgerichtet und würden lediglich mit Strohmann-Argumenten befördert. Im EU-Entwurf findet sich allerdings auch ein Vorschlag, der das Verbot anonymer Wallets bedeuten würde. Dabei bliebe indes die Frage offen, wie ein solches Verbot durchgesetzt werden sollte.