In seinem ersten Interview als neuer Binance-Deutschlandchef gab sich Jonas Jünger in der Börsen-Zeitung noch geduldig. „Uns war von Anfang an klar, dass die Lizenzierung nicht von heute auf morgen erfolgen würde“, sagte er. Gemeint war die Kryptoverwahrlizenz, die Binance im August 2022 beantragt hatte.
Das Warten wird sich für die größte Kryptobörse der Welt allerdings wohl nicht mehr auszahlen. Denn wie der Blog Finance FWD berichtet, soll Binance mittlerweile keine Chancen mehr auf die Erteilung einer solchen Lizenz haben.
Innerhalb der deutschen Finanzaufsicht Bafin sei die Entscheidung gefallen, der Börse keine Kryptoverwahrlizenz zu erteilen, schreibt Finance FWD und beruft sich dabei auf mit der Sache vertraute Personen. Das soll die Finanzaufsicht Binance auch schon klar mitgeteilt haben.
Von der Kryptobörse heißt es in dem Bericht dazu, man setze die Arbeit fort, um die Anforderungen der Bafin zu erfüllen, dies sei ein andauernder Prozess. Die Bafin selbst äußert sich nicht zu einzelnen Unternehmen.
Jonas Jünger ist erst seit Kurzem bei Binance an Bord, nachdem mehrere Manager um Europa-Director Michael Wild die Kryptobörse verlassen hatten. Binance braucht die Lizenz in Deutschland, um seine Dienste auf dem deutschen Markt bewerben zu dürfen. Genutzt werden kann die global agierende Plattform aber auch von deutschen Nutzern.
Probleme mit Regulierern in Europa
In anderen europäischen Ländern war Binance bei dem Bemühen um eine Lizenz erfolgreich: In Schweden, Litauen, Polen, Frankreich, Spanien und Italien erhielt die Kryptobörse eine entsprechende Erlaubnis.
Nun zieht sich die Kryptobörse allerdings – offensichtlich auch unter dem Druck von Regulierungsbehörden – immer stärker aus europäischen Märkten zurück. So soll Binance laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters darum gebeten haben, ihre bestehende Lizenz in Zypern wieder zu streichen. Die Geschäfte dort soll die Kryptobörse nie aufgenommen haben.
Den Handel in den Niederlanden hat Binance bereits eingestellt. Zuvor war die Kryptobörse hier mit dem Versuch gescheitert, eine Lizenz als Virtual Asset Service Provider zu erhalten. Auch in Großbritannien hat die Binance Markets Limited (BML) bereits im Mai einen Lizenzantrag zum Handel zurückgezogen.
Die Expansion in Österreich ist wohl ebenfalls gescheitert, auch dort zog Binance den Antrag auf eine Lizenz zurück. Dabei soll die entsprechende Behörde laut Finance FWD Druck auf das Unternehmen ausgeübt haben.
In Belgien hat die Finanzaufsicht FSMA die Kryptobörse laut einem Reuters-Bericht gerade aufgefordert, ihre Geschäftstätigkeiten einzustellen. Die Behörde wirft Binance vor, in Belgien unregistrierte Börsendienstleistungen anzubieten.
Selbst in Frankreich, wo Binance bereits seit über einem Jahr über eine Registrierung von der französischen Aufsichtsbehörde Autorité des marchés financiers (AMF) verfügt, gibt es aktuell Ärger. Dort wird wegen Geldwäschevorwürfen gegen Binance ermittelt. In Zukunft will sich die Kryptohandelsplattform darauf konzentrieren, die neue EU-Regulierung für Krypto-Assets (Markets in Crypto Assets, kurz: MiCA) umzusetzen. Die MiCA harmonisiert die Regeln für den Kryptohandel in der EU.
SEC-Klage setzt Binance unter Druck
Die stockende Europaexpansion folgt auf massive Problem, die der Kryptobörse gerade in den USA drohen. Denn die US-Finanzaufsicht SEC geht zurzeit äußerst streng gegen Kryptounternehmen vor und hat sowohl Binance als auch die US-Konkurrenz Coinbase verklagt. Beide Plattformen handeln aus Sicht der Behörde mit unregistrierten Wertpapieren – ein Grundsatzstreit, der nun wohl vor Gericht geklärt werden wird.
Zwar konnte Binance zuletzt das Einfrieren seiner Firmenwerte in den USA abwenden, allerdings ist das Fortführen des Geschäfts dort nur noch unter strengen Auflagen möglich.
Die SEC-Klage gegen Binance beinhaltet auch heftige Vorwürfe gegen Gründer Changpeng Zhao. Dabei geht es unter anderem um die engen Verflechtungen zwischen Binance.US und der globalen Binance-Einheit sowie um die Vermischung von Kundengeldern.