
Nun hat die SEC tatsächlich grünes Licht gegeben – genau so, wie es die meisten Marktbeobachter seit Tagen vorhergesagt hatten. Damit können die beantragten Bitcoin-Spot-ETF schon an diesem Donnerstag in den Handel starten.
Allerdings betont Behördenchef Gary Gensler in einer Erklärung seine skeptische Grundhaltung zum Bitcoin, der „in erster Linie ein spekulativer, volatiler Vermögenswert“ sei und auch für illegale Aktivitäten wie Geldwäsche, die Umgehung von Sanktionen und Terrorismusfinanzierung genutzt werde.
Neben Grayscale haben sich unter anderem auch das Kryptounternehmen ARK sowie 21Shares, Invesco, Wisdomtree, Fidelity und der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock um eine entsprechende Zulassung bemüht. Zuvor hatte die US-Börsenaufsicht ähnliche Gesuche aufgrund der Gefahr möglicher Marktmanipulationen stets abgelehnt.
Was ist der Bitcoin-Spot-ETF?
Konkret geht es um die Zulassung eines sogenannten Bitcoin-Spot-ETF, der den Preis der Kryptowährung am Spotmarkt exakt abbildet und direkt in die Kryptowährung investiert. Das ist ein Novum auf dem US-Markt, wo es bislang nur sogenannte Bitcoin-Future-ETF gibt. Bei solchen Terminkontrakten werden keine tatsächlichen Anteile der Kryptowährung gekauft, aber Anleger können damit auf die Kursentwicklung spekulieren.
Für deutsche Anleger hat die Entscheidung in den USA keine direkten Auswirkungen, denn die neuen ETF werden hierzulande nicht verfügbar sein. Allerdings sind in Europa bereits seit 2018 sogenannte Exchange Traded Notes zugelassen, die den Bitcoin auf Spot-Basis abbilden.
Wer in Deutschland in Bitcoin investiert, würde aber indirekt von der Neuerung auf dem US-Markt profitieren – weil der Kurs der Kryptowährung wahrscheinlich steigen oder sich zumindest stabilisieren würde.
Ein Investitionsweg für die Masse
Denn der Bitcoin-Spot-ETF schlägt eine Brücke von den Kryptowährungen in den traditionellen Finanzmarkt – und damit zum großen Geld. Über die ETF großer Anbieter wie Blackrock werden nun wahrscheinlich vermehrt auch institutionelle Anleger, also Family-Offices und Pensionsfonds, in die wichtigste Kryptowährung der Welt investieren. Die können bislang aus regulatorischen Gründen ihr Geld nicht direkt in den Bitcoin stecken.
Wenn dann viel institutionelles Geld in die neuen Bitcoin-Spot-ETF fließt, wird das den Kurs der Kryptowährung in die Höhe treiben, so die Erwartung. Die britische Bank Standard Chartered sieht den Bitcoin daher nach der SEC-Zulassung bis Ende 2025 sogar bei einer Marke von 200.000 US-Dollar.
Bitcoin-Puristen bewerten die Entwicklung allerdings kritisch – schließlich wurde der Bitcoin vor 15 Jahren als Gegengewicht zum traditionellen Bankensystem konzipiert. Den ETF mit SEC-Stempel nehmen sie als Zähmung der Kryptowährung wahr.
SEC vs. Krypto
Ganz freiwillig sagt die SEC aber nicht Ja zum Bitcoin-Spot-ETF. Im Sommer 2023 hatte Grayscale vor Gericht einen Sieg über die US-Börsenaufsicht errungen und so die Entscheidung über die Umwandlung seines Bitcoin Trust in einen Spot-ETF forciert.
Die SEC sei deshalb in diesem Fall „keine objektiv handelnde Behörde, sondern ein politischer Akteur“, kritisiert Eric Demuth, CEO von Bitpanda. SEC-Chef Gensler ist mehr und mehr zum Gegenspieler der Kryptobranche geworden, nachdem unter anderem die Pleite der Kryptobörse FTX das Vertrauen in den Markt erschüttert hatte. So verklagte die SEC beispielsweise die Kryptobörsen Coinbase und Binance, weil diese angeblich mit Assets handeln, die von der Börsenaufsicht genehmigt werden müssten.
Anbieter locken mit niedrigen Gebühren
Um sich unmittelbar nach der Zulassung als attraktiver Anbieter zu positionieren, haben einige Antragsteller an ihrem Gebührenmodell geschraubt. Das geht aus ihren aktualisierten Anträgen bei der SEC hervor.
So wollen ARK und 21Shares für ihre ETF in den ersten sechs Monaten nach der Börsenzulassung auf 0,25 Prozent der Gebühren verzichten – bis sie das Ziel eines verwalteten Vermögens (Englisch: AuM, Assets under Management) von einer Milliarde US-Dollar erreicht haben.
Blackrock plant in den ersten zwölf Monaten oder bis man ein AuM von fünf Milliarden Dollar erreicht hat mit einer Gebühr von 0,2 Prozent, danach werden es 0,3 Prozent sein. Das günstigste Angebot kommt aber von Bitwise: In den ersten sechs Monaten oder bis zu einer Milliarde Dollar AuM will der Asset-Manager gar keine Gebühren verlangen, danach dann 0,24 Prozent.
Eric Balchunas, ETF-Analyst bei Bloomberg, ist allerdings skeptisch, ob so ein Gebührenkrieg zwischen möglichen Bitcoin-Spot-ETF einem Anbieter Vorteile verschaffen kann. „Historisch gesehen hat das nicht viel bewegt. Berater konzentrierten sich auf reguläre Gebühren, da sie langfristige Investoren sind. Aber da all diese ETF das Gleiche tun, wird es vielleicht doch eine Rolle spielen, wir werden sehen“, so Balchunas auf Twitter.
Zulassung ist schon eingepreist
Schon die Gerüchte um die Zulassung des ETF haben den Kurs des Bitcoin seit Mitte Oktober beflügelt – erstmals seit April 2022 stieg der Wert der Kryptowährung wieder über die Marke von 45.000 US-Dollar. Zuvor hat er bei rund 27.00 Dollar gelegen. Kann der Bitcoin-Spot-ETF denn Markt also überhaupt noch so stark nach oben treiben, wie es die Optimisten erwartet?
Denn: Ein Großteil der Erwartung steigender Kurse sind offenbar bereits eingepreist. Nach einem kurzen Aufschwung werde es nach der Zulassung daher wohl zu einem „Sell the News“-Ereignis kommen, meint Bitpanda-Chef Demuth. Das bedeutet, dass Anleger dann ihre Gewinne mitnehmen werden.
In den vergangenen Tagen hatte sich die Bitcoin-Rally zwischenzeitlich bereits abgekühlt. Nach der Twitter-Meldung der SEC am Dienstagabend schoss der Kurs zunächst auf 48.000 Dollar, gab dann nach aber wieder nach, als klar wurde, dass es sich um eine Falschmeldung handelte.
„Ein Großteil der Erwartung, dass der ETF genehmigt wird, ist bereits eingepreist, und es ist wahrscheinlich, dass wir nach einem kurzen Aufschwung ein ‚Sell the News‘-Ereignis erleben werden.“
Trotzdem ist der Bitpanda-Chef zuversichtlich, „dass wir die Marke von 100.000 Dollar in diesem Jahr knacken können“. Die zusätzliche Liquidität im System, das bevorstehenden Bitcoin-Halving, also die künstliche Verknappung des Angebots im April, oder sinkende Leitzinsen der Notebanken könnten den Bitcoin-Preis in einen sechsstelligen Bereich führen.
Kein Massenandrang, aber Signalwirkung
„Die Anleger werden nicht sofort in Massen in den Bitcoin strömen, wenn der Spot-ETF in den USA zugelassen wird“, meint auch Philipp Sandner, Professor an der Frankfurt School of Finance. „Aber in einem Horizont von drei bis neun Monaten glaube ich schon, dass viele Investoren, Asset-Manager und Vermögensverwalter sich das neue Instrument anschauen werden – vor allem, weil von diesem ETF eine unglaublich große Signalwirkung ausgeht“, sagt er.
Der ETF sei ein attraktives Vehikel, dass eine Investition erlaubt, ohne dass sich dafür die regulatorischen Bedingungen ändern müssen. „Aus Sicht institutioneller Investoren ist er eine praktische Form, um die Unwägbarkeiten des Kryptomarkts in den Griff zu kriegen.“
Eine konkrete Prognose zur Kursentwicklung des Bitcoin will Sandner zwar nicht abgeben, er geht aber davon aus, dass er deutlich nach oben gehen wird und dann auch alte Höchststände überschritten werden. Sein bisheriges Allzeithoch erreichte der Bitcoin im November 2021 bei einem Preis von 68.789,63 Dollar.
„Die Anleger werden nicht sofort in Massen in den Bitcoin strömen, wenn der Spot-ETF in den USA zugelassen wird.“
Und wie sehen klassische Vermögensverwalter hierzulande das Thema? Bei der Allianz Global Investors heißt es auf Nachfrage, dass man aufgrund des spekulativen Charakters des Assets, der hohen Volatilität und des nicht-messbaren intrinsischen Wertes zurückhaltend agiere, wenn es um Produkte geht, die in den Bitcoin investieren.
Den Markt für Krypto-Assets und seine Entwicklung verfolgt der Vermögensverwalter aber grundsätzlich „mit offenen Augen“, so ein Sprecher. „Vonseiten institutioneller Investoren erreicht uns im Moment aber eine eher überschaubare Nachfrage nach BTC-bezogenen Anlagelösungen.“