Seit 2019 sollen neue Lizenzvereinbarungen Microsoft-Kund:innen zur Nutzung der hauseigenen Cloud-Plattform Azure zwingen. Wer seitdem beim Betrieb von Office-Produkten oder Windows-Servern auf alternative Anbieter – wie Google – zurückgreift, muss für die Lizenzen angeblich einen Aufschlag von bis zu 400 Prozent zahlen.
Keine technischen Gründe
Das wirft zumindest Google dem Tech-Rivalen vor. Technische Gründe dafür gebe es nämlich nicht. Nachdem der Versuch, eine einvernehmliche Lösung zu finden, gescheitert sei, habe der Suchmaschinenkonzern jetzt zur letzten Option greifen müssen: einer Beschwerde bei der EU-Kommission wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens.
Wie Google am Mittwoch, dem 25. September 2024, in einem Blogbeitrag schreibt, seien die höheren Preise noch nicht alles. Server-Kund:innen, die andere Cloud-Anbieter nutzten, würden außerdem nicht mehr in vollem Umfang mit Sicherheitsupdates versorgt. Noch vor fünf Jahren sei die Nutzung anderer Anbieter für Microsoft-Kund:innen kein Problem gewesen.
Google fordert EU zum Handeln auf
Google zufolge sei es jetzt an der Zeit, dass die EU faire Wettbewerbsbedingungen schaffe. Schließlich hätten rund zwei Drittel der Unternehmen in Europa erst weniger als die Hälfte ihrer Daten in den Cloud übertragen.
Google befürchtet offenbar, aufgrund der kritisierten, aber nicht offiziell bestätigten Microsoft-Praktiken bei der Vergabe entsprechender Aufträge durch die Finger zu schauen. Die EU sei jedenfalls gefordert zu handeln, bevor es zu spät sei, meinte Google-Cloud-Manager Amit Zavery.
Sicherheitsrisiko durch Marktkonzentration
Und Google hat noch einen weiteren Punkt auf seiner Liste der Vorwürfe gegen Microsoft, wie die FAZ berichtet. Eine zu große Konzentration im Cloud-Markt auf Azure stelle auch ein Sicherheitsrisiko dar. Denn die Auswirkungen eines Ausfalls oder Cyberangriffs seien dadurch ungleich größer.
Azure hatte in den vergangenen Monaten tatsächlich mehrfach mit Ausfällen und Sicherheitsproblemen zu kämpfen. Allerdings ist eigentlich Amazons AWS-Cloud weltweit mit Abstand Marktführer.
Microsoft-Einigung mit europäischen Firmen
Und noch ein weiterer Punkt dürfte dazu beitragen, dass Microsoft mit einer Abweisung der Google-Beschwerde durch die EU-Kommission rechnet. Denn im Juli 2024 hatte sich Microsoft mit den Mitgliedsfirmen der Cloud-Computing-Organisation Cispe geeinigt. Dabei sollen Entschädigungen in Millionenhöhe geflossen sein.
Cispe hatte zuvor ähnliche Vorwürfe wie Google geäußert. Im Rahmen der Einigung hatte Microsoft versprochen, Änderungen in den Lizenzvereinbarungen vorzunehmen. Damit sollen Bedenken wegen möglicher Beeinträchtigung des Wettbewerbs ausgeräumt werden.
Microsoft rechnet mit Beschwerdeabweisung
Google habe eigentlich gehofft, dass die Cispe-Unternehmen weiter prozessieren würden, wie ein Microsoft-Sprecher gegenüber CNBC sagte. Da Google es aber nicht geschafft habe, diese Firmen zu überzeugen, gehe Microsoft davon aus, dass es die Europäische Kommission ebenfalls nicht überzeugen könne.