„Den Bruder als Investor zu haben, gibt schon extra Druck“
„Ich wollte Axel nicht direkt nach Geld fragen“, erinnert sich August Bard Bringéus, 33, Co-Gründer des nachhaltigen Modelabels Asket, an ein Gespräch mit seinem älteren Bruder Axel, 39, in dem es um die Finanzierung seines Startups ging. August habe seinen älteren Bruder Axel daher nur gefragt, ob er jemanden kenne, der investieren wolle.
Für Axel sei jedoch klar gewesen, dass er selbst dabei sein wollte. Das junge schwedische E-Commerce-Startup sammelte damals, 2015, bewusst nur Kapital von Privatleuten und Kleininvestor:innen ein, um so unabhängig wie möglich zu bleiben.
Axel investierte als einer der ersten – einen „mittleren fünfstelligen Betrag“. Er sagt: „Das war vor meiner Zeit als Investor. Damals habe ich erste Einblicke ins Gründen bekommen.“
Insgesamt kamen in der ersten Finanzierungsrunde von Asket rund 350.000 Euro zusammen. Auch an der zweiten Runde, 2019, in der August Bard Bringéus und sein Co-Founder Jakob Dworsky rund 800.000 Euro einsammelten, waren Axel und seine Frau beteiligt.
Bruder als Investor
„Den Bruder als Investor zu haben, gibt schon extra Druck“, sagt August. „Das war schon eine heikle Sache.“ Denn damals sei Asket noch „sehr early stage“ gewesen. Aber das sei allen Beteiligten bewusst gewesen.
„Es gab ein gutes Verständnis darüber, dass unser privates Verhältnis nicht leiden würde, egal, was passiert“, sagt August.
Er hingegen sei gar nicht gefragt worden, ob er in Axels Unternehmen investieren wolle, sagt er scherzend im Videocall, und meint damit Informed, das junge Startup seines Bruders.
August ist aus Stockholm, Axel aus Berlin zugeschaltet. Während Augusts Schweden-Hintergrund echt ist, hat Axel ein schwedisches Wallpaper für sein Videocall-Fenster gewählt. Beide tragen Asket – von Kopf bis Fuß, wie Axel betont.
2 Startups, 2 Geschäftsmodelle
Axel Bard Bringéus, 39, lebt bereits seit mehr als zehn Jahren in Berlin und war unter anderem bei Spotify für die internationale Expansion des Unternehmens zuständig. In den letzten Jahren war er hauptsächlich als VC tätig.
2020 gründete Axel gemeinsam mit Wirtschaftsjournalist Martin Kaelble und dem Entwickler Benjamin Mateev das News-Startup Informed, das am 8. November offiziell an den Start ging. „Die meisten in der Tech-Szene wollen auch irgendwann selbst gründen“, sagt er.
Informed hat eine komplett andere Finanzierungsstrategie als Asket gewählt: „höhere Multiples, höheres Wachstum“, fasst August zusammen. In der Seed-Finanzierung konnte das News-Startup fünf Millionen US-Dollar einsammeln. Investiert sind HV Capital und 468 Capital. Mit großen Namen und viel Kapital haben die drei Gründer nichts weniger vor, als den Zugang zu „Qualitätsjournalismus“ zu revolutionieren.
Trotz der unterschiedlichen Kapitalstrukturen und Industrien schätzten beide Brüder den Austausch miteinander. „Asket ist E-Commerce, wir sind eine Online-Subscription-Plattform – aber viele der Challenges, wie zum Beispiel der Aufbau von Teams, sind ähnlich“, sagt Axel.
Herzensprojekt: Informed
Informed sei ein Herzensprojekt von Axel, berichtet er. Er habe schon immer eine große Leidenschaft für den Journalismus und Nachrichten gehabt und habe selbst am Anfang seiner Karriere für einige Zeit als Wirtschaftsjournalist in Schweden gearbeitet. Seine Karriere startete er dann jedoch in der Industrie.
Doch das Thema ließ ihn nicht los. Während seiner Zeit bei Spotify von 2011 bis 2017 habe er immer wieder über Parallelen und Unterschiede zwischen Musik- und News-Business nachgedacht – und sich gefragt, warum es im Journalismus nicht ähnlich große Veränderungen wie in der Musikbranche gab. Projekte wie Blendle hatten nur mäßigen Erfolg.
„Ich hatte immer den Gedanken, etwas im News-Bereich zu machen“, sagt Axel. Seine beiden Co-Gründer überzeugten ihn dann davon, dass die Zeit für ein Projekt wie Informed genau jetzt sei.
Denn heute sei der Venture-Capital-Markt besser – „zumindest war er das bis vor ein paar Monaten“, sagt Axel. Das sei eine wichtige Voraussetzung in dem kostenintensiven Lizenzgeschäft, in dem nicht wenig Geld an die Verlage abgegeben werden müsse. Zweitens seien viele Verlage inzwischen daran interessiert, ihre Revenue-Streams weiter zu diversifizieren. Ihre Paywalls allein reichten nicht mehr aus.
„Viele andere waren zu früh dran“, sagt Axel.
Herzensprojekt: Asket
Auch Asket ist für August ein Herzensprojekt. Anfangs wollten er und Co-Gründer Jakob Dworsky eigentlich nur ein weißes T-Shirt produzieren. Das perfekte weiße T-Shirt, um genau zu sein. Doch aus diesem Vorhaben entstand schnell eine größere Aufgabe.
„Wir spürten eine Verantwortung, unseren Kund:innen zu erzählen, was hinter den Kulissen der Modebranche passiert“, sagt August in einem Interview mit Business Punk. Sie hatten im Entwicklungsprozess gemerkt, welch enormen Einfluss Kleidung auf den Warenkreislauf, die Menschen und den Planeten hat.
Askets Antwort ist Zeitlosigkeit. Ihr Geschäftsmodell baut auf dem Streben nach weniger auf. Alles, was nicht essenziell ist, wird bewusst weggelassen. So gibt es bei Asket auch nur eine permanente Kollektion – keine Herbst-Winter-Kollektion, keinen Sommerschlussverkauf, keine Trendfarben oder sichtbaren Labels.
Im letzten Jahr wurde die Männerkollektion um eine Frauenkollektion ergänzt.
Diplomatensöhne
So unterschiedlich ihre Unternehmen auch sind, so ähneln sich doch die Werdegänge der beiden Gründerbrüder, die übrigens noch zwei weitere Geschwister haben. Der dritte Bruder ist Anwalt, die jüngere Schwester arbeitet in einem Startup.
Obwohl sie nicht aus einer Unternehmerfamilie kommen – ihre Eltern sind Diplomaten –, entschieden sich sowohl Axel als auch August für ein BWL-Studium an der Stockholm School of Economics.
August hätte sich auch wegen der Tätigkeit seiner Eltern für eine Karriere als Gründer entschieden: „Es gibt wenige Berufe, in denen man mehr Kontrolle hat, als als Gründer“, sagt er. „Als Diplomat wird man durch die Welt geschickt und bleibt nicht länger als fünf Jahre an einem Ort.“ Die vielen Umzüge seien ihm irgendwann zu viel gewesen. Nach Stationen in Bonn, Washington D.C. und Österreich sei August jetzt fest verwurzelt in Stockholm.
Das viele Reisen hätte den beiden aber neben Fremdsprachenkenntnissen – beide sprechen fließend Deutsch – auch Perspektiven mit auf den Weg gegeben. Beide sagen, sie könnten nicht „für irgendetwas“ arbeiten. Es müsse schon etwas mit Purpose sein.
Auch das gemeinsame Gründen schließen die beiden nicht aus. Irgendwann vielleicht. Jetzt seien sie erst einmal busy mit ihren eigenen Projekten.