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Nein, VW-Chef Blume vollzieht keine 180-Grad-Wende bei der Elektromobilität

Bei der aktuellen Debatte rund um Oliver Blume und die Elektroauto-Strategie von Volkswagen zeigt sich einmal mehr, was passiert, wenn Aussagen aus dem Kontext gerissen und (absichtlich) falsch eingeordnet werden.

Von Frank Feil
3 Min.
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Bis 2030 will Porsche zu 80 Prozent reine Elektroautos verkaufen. (Foto: Frank Feil)

Wer sich nur ein klein wenig mit der Automobilindustrie auskennt und in den vergangenen Tagen die mediale Berichterstattung rund um VW-Chef Oliver Blume sowie die Zukunft des Verbrenners verfolgt hat, dem bereitete bereits das Lesen der Überschriften physische Schmerzen.

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Fangen wir mit einem Best-of an: „VW-Chef Blume sieht rosige Zukunft für Verbrenner“, „VW-Chef legt beim Elektroauto die 180-Grad-Wende hin“ oder “Kehrtwende bei VW: Warum der Verbrenner beim Elektroauto plötzlich eine Zukunft hat“.

Diese und weitere Artikel mit ähnlichem Tenor geistern seit einigen Tagen durch die deutschen Facebook- und Telegram-Gruppen und sorgen dort für Aufsehen. Endlich spricht jemand aus, was alle denken: Die Elektromobilität ist – wie das Internet – nur eine vorübergehende Modeerscheinung und wird bald wieder verschwinden. Die Zukunft gehört natürlich dem V8 und dem guten alten Diesel.

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Aber was hat Oliver Blume wirklich gesagt oder gemeint? Zeit für eine Einordnung.

Oliver Blume setzt auf Elektromobilität

Zunächst muss man sich vergegenwärtigen, dass Porsche unter Oliver Blume als Vorstandsvorsitzendem den Taycan entwickelt und auf den Markt gebracht hat. Bis heute zählt der Taycan zu den besten Elektroautos am Markt und hat dem Konzern Schlagzeilen wie „Taycan wird zum Bestseller – Porsche verkauft erstmals mehr als 300.000 Autos“ eingebracht. Blume weiß ganz genau, dass in der Elektromobilität die Zukunft liegt, weshalb Porsche bis 2030 über 80 Prozent reine Elektroautos verkaufen will. Noch mal zum Mitschreiben: 80 Prozent!

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Mit diesem Wissen ist es geradezu absurd, dass man Oliver Blume unterstellt, bei der Elektromobilität eine Kehrtwende vollziehen zu wollen oder gar im Verbrenner die Zukunft zu sehen. Aber wie kommt es dann überhaupt dazu, dass man dem VW-Chef dies zum wiederholten Mal andichten möchte?

Im Endeffekt ist es ganz einfach: Oliver Blume hat ein Talent dafür, sich in Interviews stets so auszudrücken, dass man die einzelnen Aussagen aus dem Kontext reißen und so auslegen kann, dass man die Story bekommt, die man möchte. Oder anders gesagt: die Story, die die meisten Klicks bringt.

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Warum Oliver Blume über E-Fuels und Verbrenner spricht

Schauen wir uns mal an, was Oliver Blume in dem überall zitierten Interview mit der Zeitschrift Auto Motor und Sport gesagt hat.

Zum Beispiel, dass sich Verbrenner mit E-Fuels nahezu CO2-neutral betreiben ließen und weltweit gefragt sein. Und ja, daran besteht kein Zweifel. Obwohl klar ist, dass E-Fuels aus vielerlei Gründen ineffizient sind, sind sie die einzige Möglichkeit, um Bestandsfahrzeuge CO2-neutral zu betreiben. Deshalb wird auch weiterhin an synthetischen Kraftstoffen geforscht. An der Elektroauto-Strategie von Volkswagen ändert das rein gar nichts.

Ein weiterer schöner Satz von Blume: „Unsere Strategie ist, dass wir die Verbrenner vorerst im Markt lassen, weil sie in vielen Weltregionen sehr beliebt sind.“ Anders ausgedrückt: Es gibt Länder, in denen die existierende Infrastruktur (noch) nicht auf eine Elektrifizierung des Individualverkehrs ausgelegt ist. Und bis es so weit ist, möchte sich Volkswagen die Geschäfte in diesen Ländern natürlich nicht entgehen lassen. Deshalb belässt man auch weiterhin ein paar Verbrenner im Portfolio. Logisch und nachvollziehbar, allerdings hat auch das nichts mit der übergeordneten Elektroauto-Strategie zu tun.

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Selbiges gilt übrigens auch mit Blick auf Porsche. In ein paar Jahren werden nahezu alle Modellreihen des Sportwagenherstellers vollelektrisch unterwegs sein, aber dennoch möchte man für Nostalgiker mit großem Geldbeutel auch weiterhin ausgewählte Modelle mit Verbrennungsmotor anbieten.

Und wenn dann abschließend noch die Rede davon ist, dass Blume bei der Elektromobilität eine „Kehrtwende vollzieht“, dann meint das lediglich, dass er sich die künftige Modellpalette etwas anders vorstellt als sein Vorgänger, aber vollelektrisch wird sie dennoch sein.

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Kommentare (2)

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Hans Wurst

Blume hat die geplante neue Fabrik für E-Autos in Wolfsburg gekippt. Stattdessen sollen alte Werke umgerüstet werden. Das bedeutet Verzögerungen und höhere Produktionskosten pro Fahrzeug und damit weiterhin E-Autos, mit denen kein Gewinn gemacht wird.
Blume hat die geplante SSP-Plattform für E-Autos (Nachfolger der aktuellen MEB-Plattform) auf unbestimmte Zeit verschoben.

Damit wird VW vom europäischen Vorreiter der E-Mobilität (wahre Vorreiter sind Tesla und China) zum zögerlichen Mitschwimmer. Das birgt erhebliche Risiken. Der Markt für die profitablen Verbrenner in den wichtigsten Absatzregionen Europa, China und Nordamerika bricht ein, während VW mit Elektroautos noch immer keinen Gewinn erzielen kann.

Josef Gilles

Herr Blume hat die massive und 100% Elektrostrategie von Herrn Dies beendet. Was das für VW in der nahen Zukunft bedeutet, wird man noch sehen. Als VW Fahrer sehe ich täglich das Problem das VW und Software nicht harmonieren, da sind evtl. schmerzliche Entscheidungen nötig. Vielleicht hat Herr Dies die Veränderungsmöglichkeiten im Konzern überschätzt. Da muß Herr Blume möglicherweise korrigieren, VW muss auch heute Geld verdienen und kann nicht auf eine tolle Zukunft hin investieren.

Das er E-Fuels beim aktuellen Stand eine Zukunft über 2035 hinaus zubilligt, ist eine Fehlentscheidung die sich vermutlich erst auswirkt wenn Herr Blume im Ruhestand ist. Falls Nostalgiker später noch unbedingt einen Verbrenner nutzen müssen, sollen sie sich ein Historisches Auto pflegen. Wir müssen für eine gemeinsame Zukunft auch bereit sein, lieb gewonnene Dinge loszulassen.
Der Wirkungsgrad von E-Fuels gegenüber einem Batterieelektrischen Auto ist heute unterirdisch. Die eingeforderte Technologieoffenheit muss sich auch an der Effizienz des Systems messen lassen.
Der Verbrenner wird auch immer Verbrennungsnebenprodukte erzeugen, die ein großes Problem darstellen. Die Batterie ist da von der Herstellung bis zur Entsorgung gekapselt. Selbst beim Wasserstoffauto wird nicht nur Wasser abgegeben, nach techn. Informationen „verbraucht“ sich das Katalysatormaterial in der Brennstoffzelle und wird über das Abgas verteilt. Die Batterie speichert ihren Müll bis zur Entsorgung, bei der ein sinnvolles Recycling notwendig und möglich ist.

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