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Enshrouded: Wie das deutsche Studio mit dem Hype umgegangen ist – und was danach kam

Manchmal haben Gaming-Studios das Glück, dass ihr Spiel beinahe über Nacht zum Megahit wird. Doch nur wenige können den Erfolg halten. Für Indie-Studios sei das nicht einmal schlimm, findet Jan Jöckel von Keen Games.

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Die vielen Möglichkeiten im Spiel sorgten bei Enshrouded für einen Hype am Anfang des Jahres. Das Studio möchte das Momentum nutzen, auch wenn davon nicht mehr viel übrig ist (Screenshot: Keen Games).

Im Januar 2024 haben über 160.000 Menschen gleichzeitig Enshrouded vom deutschen Entwicklerstudio Keen Games auf Steam gespielt. Das Koop-Survival-Action-RPG ist ein Fantasy-Genre-Mix mit einer fast komplett zerstörbaren Welt. Der Indie-Titel bedient sich an einem Mix aus bewährten Konzepten. Die voxelbasierte Welt hat etwas von Valheim, einem schwedischen Indie-Spiel. Die Rätsel und Dungeons erinnern an die neueren Teile der Zelda-Reihe. Das Konzept kam an.

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Zum Early-Access-Release gehörte Enshrouded zu den meistgespielten Games auf Steam. „Ich glaube, wirklich jeder Mitarbeiter hat diese Zahlen verfolgt und die neuen Höchststände immer im Firmenchat gepostet“, erinnert sich Jan Jöckel, CEO von Keen Games.

Doch Keen Games konnte die Spielerzahl nicht halten. Im September spielten noch knapp 30.000 Spieler:innen Enshrouded pro Tag. Statt gleichzeitig 160.000 Menschen waren nur noch 4000 bis 7500 Spieler:innen zur selben Zeit online. Mehrere Games-Magazine zählten den Titel schon an: Der Hype sei vorbei.

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Damit ist Enshrouded aber kein Sonderfall. Auch Palworld, das im selben Monat wie Enshrouded erschienen ist, hat stark sinkende Spielerzahlen. Während zum Release über zwei Millionen Spieler:innen gleichzeitig das „Pokémon mit Waffen“ spielten, sind im Oktober nicht einmal ein Prozent der User:innen übrig geblieben.

Dass der Hype nicht ewig hält, war dem Team hinter Enshrouded bewusst, sagt Jan Jöckel. „Natürlich war uns allen klar, dass die Zahlen wieder fallen werden“. Die Aufmerksamkeit hat Enshrouded und Keen Games aber trotz der jetzt sinkenden Zahlen geholfen – auch langfristig.

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Erst mal eine Testphase

Ein wichtiger Faktor für Erfolg ist immer der Release-Zeitpunkt. Hier ist nicht nur das genaue Datum entscheidend, sondern auch, wie fertig das Spiel schon ist. Enshrouded konnte durch verschiedene Testphasen erste Interessierte sammeln. „Wir hatten einfach unglaublich viele Alpha-, Beta-Tests oder Friends-and-Family-Tests im Vorfeld“, sagt der CEO von Keen Games. So wollte das Studio sicherstellen, dass so viele Spieler:innen wie möglich ein gutes Erlebnis direkt zum Start haben. Dazu gehört auch die Kompatibilität für genug Systeme, auch wenn das ziemlich kompliziert sei. „Für alle kann man das als kleines Indie-Studio einfach nicht gewährleisten“, fügt Jöckel hinzu.

Trotzdem habe man den Early-Access-Zeitpunkt gut getroffen: „Sei es YouTuber, die das Spiel ohne Bezahlung lange gespielt haben. Oder das gute Feedback, das wir von der Spielerseite bekommen haben – das war eine große Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“ Würde ein Spiel zu früh erscheinen, dann könnten Bugs und fehlende Features Spieler:innen abschrecken. Wenn das Spiel den Erwartungen nicht gerecht werden kann, wird es schnell zum Flop.

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Ein Negativbeispiel ist hier The Day Before. Der Trailer war vielversprechend und wurde 2,7 Millionen Mal aufgerufen. Doch beim Launch im Dezember 2023 fühlten sich viele vom Entwicklerstudio Fntastic betrogen. Angekündigte Features fehlten. Hinzu kamen Bugs und Glitches. Das Studio wurde noch im selben Jahr geschlossen. Von über 38.000 Spieler:innen blieb einen Monat später nur einer über.

Von den eigentlichen Features von The Day Before ist wenig übrig geblieben. Die Enttäuschung der Spieler:innen hat sich auch bei den Steam-Bewertungen bemerkbar gemacht. (Screenshot: Fntastic Games)

Knackpunkt Server

Besonders die ersten Tage seien also wichtig, um überhaupt einen Hype zu ermöglichen. „Wenn ein Spiel so viele Probleme beim Start hat, dass Spieler ein schlechtes Erlebnis haben, dann ist es wirklich schwer, sich davon zu erholen“, erzählt Jöckel. Trotzdem sei die Anfangszeit stressig gewesen. „In der Zeit kurz vor und nach Release war es nicht möglich, ohne Überstunden auszukommen. Das war aber auch okay für alle Mitarbeiter“, sagt Jöckel. Das ganze Team sei stolz auf den Erfolg des Spiels. „In den ersten Wochen haben wir den Fokus darauf gesetzt, all das Feedback der Community zu verarbeiten und viele Patches mit Verbesserungen zu veröffentlichen“, so der CEO.

Die Serie „Kleine Studios, große Wirkung“
Der Games-Markt ist hart umkämpft. Studios, die über kein gigantisches Marketing-Budget verfügen, müssen oft andere Wege finden, um mit wenig Geld ihr Publikum zu erreichen. In dieser Serie wollen wir kleinere Videospiel-Studios vorstellen, die auf kreative Art ihre Spiele bewerben; die neue Kanäle nutzen, gekonnt mit Influencern zusammenarbeiten oder durch geschicktes „Word of Mouth“-Marketing zum Erfolg gefunden haben. Hier geben sie Tipps, wie auch mit wenig Geld ein gutes Spiel bekannt werden kann. Alle Artikel der Serie findet ihr hier.

Ein großer Knackpunkt beim Erlebnis sind die Server. Wird deren Kapazität durch zu viele User:innen überfordert, leidet das Spielerlebnis durch Lags und Verbindungsfehler. Doch hier hatte Keen Games eine andere Strategie: „Man kann das Spiel auf Dedicated Servern mit bis zu 16 Personen, im Singleplayer oder auch Peer-to-Peer spielen. Jeder kann ein Spiel hosten und die Freunde treten bei“, erzählt Jöckel. Statt von durch das Studio betriebenen zentralen Servern müssen hier die Spieler:innen ähnlich wie bei Minecraft das Spiel selbst hosten. „Die technische Infrastruktur war so weniger kompliziert als bei vielen anderen Online-Spielen“, so der CEO.

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Andere Genres, wie Free-to-Play-Shooter sind viel mehr auf die aktiven User:innen angewiesen. Kenn Games habe das bewusst vermieden. „So etwas hätte uns überfordert“, sagt Jöckel. Das einzig große technische Problem sei die Suche gewesen, mit der die Spieler:innen einen Server finden können. Die ist nämlich direkt nach dem Early-Access-Launch abgestürzt, als tausende Spieler:innen ihre Server eröffnet haben und so die Suchliste überfüllt haben. „Glücklicherweise konnten wir das aber innerhalb von einer Stunde lösen, sodass der Launch gelungen ist“, so Jöckel. Mit einem so großen Andrang hat niemand gerechnet. Keen Games hat die Suchfunktion nur mit 40 Servern getestet.

Größere Probleme hatte etwa Arrowhead-Studios. Denn die Server ihres Spiels, Helldivers 2 waren zum Release kaum auf die Masse an Spieler:innen vorbereitet. Die Folge: Viele konnten das Spiel nicht spielen und verbrachten zeitweise Stunden in einer Warteschlange – auch Wochen nach Release. Doch auch hier konnte langfristig das Spiel mit gutem Gameplay und schnellen Fixes überzeugen. Auch sechs Monate nach dem Release gehört Helldivers 2 zu den 50 beliebtesten Spielen auf Steam.

Endloser Content?

Durch den erfolgreichen Early-Access konnte Keen Games sicherstellen, ihr Spiel auch zu Ende entwickeln zu können. „Wir sind natürlich auch dabei, uns zu überlegen, wie wir schneller mehr Content liefern oder wie User sich auch eigenen Content machen können“, verspricht Jöckel.

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Seit dem Early-Access-Release integrieren Jan Jöckel und sein Team laufend die angekündigten Features: „Die Welt ist zum Zeitpunkt ja rund halb gefüllt gewesen, von dem, was unser Plan ist.“ Die Liste dafür ist lang. „Wir arbeiten an einem Wetter-System. Wir arbeiten an neuen Biomen. Wir arbeiten daran, die Basen noch lebendiger zu machen, dass man NPCs oder Farm-Animals hat“, so der CEO.

Auch das Feedback der User:innen möchte Keen Games berücksichtigen. „Das war auch eine Sache, darauf mussten wir uns einstellen“, erzählt Jöckel. „Wir haben so viele Feedback-Channel: unser Discord-Server, diverse Foren, das Steam-Forum, das Upvote-Board. Das alles zu kanalisieren und zu prüfen, mussten wir erst üben.“ Inzwischen hat sich das Team von Keen Games in allen Bereichen verstärkt. „Durch den großen Erfolg haben wir auch sehr viele und sehr gute Bewerbungen bekommen“, sagt Jöckel. Entwickler:innen aus großen Tripple-A-Studios haben sich beworben, die sich nach mehr Einfluss gesehnt hätten. Vor allem bei technischen Rollen in Senior-Positionen habe es viel Andrang gegeben. „Das ist auch so ein Punkt, wo ein Hype auch wirklich positiv ist“, so Jöckel. Trotzdem will Keen Games nicht endlos wachsen. Mit den ungefähr 70 Mitarbeiter:innen sei Keen für die kommenden Aufgaben gut gerüstet.

Keen Games hat den Hype im Januar 2024 also genutzt, auch wenn die Spielerzahlen gesunken sind. Jöckel hofft, dass die Aufmerksamkeit auch bei der Veröffentlichung des fertigen Titels helfen kann. „Da wird das Spiel noch mal besser und größer sein. Wir denken, dass viele Leute dann noch mal zurückkommen“, sagt Jöckel. Auch die Menschen, die das Spiel noch auf der Wunschliste haben, möchte das Studio dann überzeugen. Der Release der 1.0-Version von Enshrouded ist für 2025 geplant.

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Den Erfolg richtig feiern konnte das Studio erst nach dem großen Hype – einen Monat nach dem Release. „Wir haben eine tolle Party gemacht, in der wir das Team und unseren Erfolg gefeiert haben“, so Jöckel.

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