Verarbeitung und Design des Huawei P9
Dass das P9 von Huawei stammt, ist eindeutig am Design zu erkennen – es kann als eine Mischung aus dem Huawei Mate 8 (Test), Mate S und dem Nexus 6P (Test) betrachtet werden, wobei es kleiner geraten ist als die drei Vorgängermodelle. Auf der Vorderseite dominiert das 5,2-Zoll-IPS-Display, das ringsherum wenig Rand (Bezel) besitzt. Durch diese Bauweise ist das Huawei P9 äußerst kompakt, was sich positiv auf das Handling auswirkt.
Zu der angenehmen Haptik tragen das 2,5-D-Glas, das sich nahtlos mit dem Gehäuse verbindet, sowie der Metallrahmen, der zur Rückseite abgefräst und abgerundet ist, bei – Kanten oder spitze Ecken sind nicht vorhanden. Wie alle Oberklassemodelle Huaweis besitzt auch das P9 ein Unibody-Gehäuse aus Aluminium, das in Sachen Verarbeitung auf höchstem Niveau liegt – Spaltmaße sind nicht zu finden, alles sitzt bombenfest. Wenn man es mit dem Vorgänger, dem P8 vergleicht, liegen Welten dazwischen: Das P9 wirkt noch mal edler und viel ausgewogener im Design.
Rückseitig fällt direkt der Fingerabdruckscanner ins Auge, der wie wie beim Mate S (Test) nicht rund ist, sondern quadratisch mit abgerundeten Ecken. Mit ihm lässt sich das Gerät per Fingerzeig blitzschnell entsperren. Direkt darüber befindet sich das Schmuckstück des P9: die Dual-Kamera, die wie beim Nexus 6P in ein Glaselement eingelassen ist. Die Linsen stehen übrigens nicht aus dem Gehäuse hervor, wie es bei vielen aktuellen Oberklasse-Smartphones der Fall ist – und das, obwohl das P9 nur 6,96 Millimeter dünn ist.
Unter dem Glas sind außerdem der Dual-LED-Blitz und der Laser-Autofokus zu finden. Um aufzuzeigen, dass man sich für die Kamera-Entwicklung namhafte Expertise herangezogen hat, prangt neben der Kamera auf dem „Visor“ ein Leica-Logo, begleitet von der Objektbezeichnung „Summarit H 1:2.2/27 ASPH“. Das bedeutet, dass im P9 zwei aspherische Summarit-Objektive mit Blenden von f/2.2 und Brennweiten von 27 Millimetern verbaut sind.
Kurzum: Das Huawei P9 ist in Sachen Verarbeitung erste Sahne – außerdem liegt es richtig gut in der Hand. Aber: Wer zu trockenen Händen neigt, dem könnte das Gerät aus den Finger rutschen, was aber auch bei anderen Geräten mit Metallgehäuse der Fall sein dürfte. Dank der angenehmen Größe lässt es sich aber gut greifen.
Display, Performance und Ausstattung des Huawei P9 im Test
Während alle (Technik-)Welt mittlerweile auf hochauflösende Displays mit WQHD-Auflösung setzt – alle Oberklasse-Modelle der Mitbewerber wie Samsung, LG und HTC verbauen entsprechende Panels –, bleibt Huawei der Full-HD-Auflösung treu. Das 5,2-Zoll-IPS-Display löst mit 1.920 x 1.080 Pixeln und einer Pixeldichte von 424 Pixel pro Inch auf, was bei normaler Nutzung vollkommen ausreicht – nur bei Verwendung in VR-Headsets dürfte die Auflösung an ihre Grenzen stoßen.
Die allgemeine Farbwiedergabe des Displays ist ausgewogen, und auch an der Schärfe ist nichts auszusetzen. Im Vergleich mit AMOLED-Panels erreicht das Display des P9 für ein LCD-Panel überraschend tiefe Schwarzwerte. Etwas kurios wiederum ist, dass beim großen Bruder, dem P9 Plus, ein AMOLED-Panel verbaut wurde – das wird erst gegen Ende Mai in den Handel kommen. Auch beim im September 2015 vorgestellten Mate S hat Huawei auf diese Displaytechnologie gesetzt. Womöglich konnte der Hersteller die Herstellungskosten auf diese Weise etwas senken – eine schlechte Wahl ist das P9-Panel keineswegs.
Entsprechend gibt es beim Display in der normalen Nutzung kaum Grund zum Meckern. Nur die Blickwinkelstabilität könnte marginal besser sein: So ist beispielsweise ein leichter Graustich bei Betrachtung im schrägen Winkel von unten wahrzunehmen. Immerhin: Bei Sonneneinstrahlung sind Inhalte stets gut ablesbar. Kurzum: Das LCD-Panel kann zwar nicht ganz mit dem Top-AMOLED des Galaxy S7 mithalten, dennoch ist es recht hell und liefert ausgewogene Farben.
Huawei P9: Performance und Ausstattung im Test
Huawei verbaut im Unterschied zu den Mitbewerbern wie dem HTC 10 (Test) und dem LG G5 (Test) und teilweise auch dem Galaxy S7 weiterhin keinen Snapdragon-820-Prozessor, sondern fokussiert sich auf seine eigenen Kirin-Chips. Der verbaute 64-Bit-fähige Kirin-955-Prozessor besitzt acht Kerne – vier Cortex-A72- mit 2,5 Gigahertz und vier schwächere Cortex-A53-Kerne mit 1,8 Gigahertz. Der Chip wird von drei Gigabyte RAM (das P9 Plus besitzt vier Gigabyte) und der Grafikeinheit „Mali T880 MP4“ unterstützt. Im Benchmarkvergleich mit dem Snapdragon 820 und Samsungs Exynos 8890 zieht der Huawei-Chip den Kürzeren: Der Prozessor erreicht im AnTuTu-Benchmark nur 90.000 Punkte, während die Rechenknechte der Konkurrenz mit 130.000 Punkten im synthetischen Leistungstest eindeutig performanter sind.
Die Benchmarkwerte spielen aber im Grunde nur auf dem Papier eine Rolle, denn der Huawei-Prozessor leistet solide Arbeit auf Top-Niveau und läuft sowohl bei den üblichen Alltagsaufgaben als auch bei leistungsintensiven Games flüssig.
Die beste Leistung bringt einem allerdings nichts, wenn man ständig die Steckdose aufsuchen muss, um den Akku wieder aufzuladen. Dank des 3.000-Milliamperestunden-Akkus ist das über den Tag hinweg in der Regel nicht notwendig. Im Laufe des Tests hatten wir am Ende des Tages kaum Sorge, dass dem Smartphone der Saft ausgeht. Es kam sogar vor, dass das P9 auch erst nach anderthalb Tagen ans USB-Typ-C-Ladekabel musste. Wenn man aber viel fotografiert, surft, auf Facebook unterwegs ist und E-Mails checkt, ist nach einem Tag Schluss.
Für Apps, Games, Fotos und andere Inhalte stehen im Huawei P9 32 Gigabyte interner Speicher zur Verfügung, wobei diese Angabe relativiert werden muss, denn davon gehen etwa zehn Gigabyte für das System drauf. Wem die rund 22 Gigabyte Speicher nicht genügen, kann den internen Speicher per microSD-Karte erweitern. Leider besteht nicht die Möglichkeit, den externen Speicher mit dem internen per „Adoptable-Storage“-Funktion zu koppeln, was Google mit Android 6.0 Marshmallow eingeführt hatte. Nur das HTC 10 unterstützt dieses Feature ab Werk, ohne Tricks anwenden zu müssen.
Die weitere Ausstattung des Huawei P9 ist Oberklasse-Standard: WLAN 802.11 ac, Bluetooth 4.2 LE, GPS und NFC sind allesamt an Bord. Der USB-Typ-C-Anschluss basiert auf USB 2.0 – USB 3.1 wird wie bei den Nexus-Modellen leider noch nicht unterstützt. Im Alltag ist das aber meist zu verschmerzen.
Die Kamera des Huawei P9: Es wird!
Huawei arbeitet sich allmählich nach vorne – nicht nur bei den Marktanteilen, auch bei der Kameraqualität. Die Knipsen des Huawei Mate S und Mate 8 machten schon Spaß, aber der Detailreichtum der schon guten Fotos ließ zu wünschen übrig. Um an die großen Kameraspezis wie Samsung und LG aufzuschließen, hat Huawei sich Verstärkung geholt und zusammen mit den Experten von Leica aus dem hessischen Wetzlar an der Dual-Kamera des P9 gearbeitet.
Die mit der Leica-Dual-Kamera geschossenen Bilder können sich absolut sehen lassen, denn mithilfe der beiden Zwölf-Megapixel-Kameras, von der ein Sensor für RGB-, der andere für Monochrome-Aufnahmen verantwortlich ist, werden Fotos unter idealen Lichtbedingungen knackig scharf und können teilweise an die Bildqualität eines Galaxy S7 heranreichen.
Doch nicht nur Detailreichtum und Farbrealismus sind äußerst ordentlich, sondern auch die Kontraste. Nicht nur bei Tageslicht gelingen tolle Fotos, auch bei widrigem Licht sehen die Bilder durchaus gut aus. Zwar fehlt es ihnen teilweise an Detailschärfe, ein übermäßiges Rauschen ist aber nicht zu erkennen. Mithilfe eines optischen Bildstabilisators hätten Huawei und Leica wahrscheinlich noch ein bisschen mehr Qualität rauskitzeln können – aber die beiden fangen ja gerade erst an zusammenzuarbeiten. Die Technologie-Partnerschaft zwischen den Unternehmen ist langfristig angelegt.
Das Dual-Kamera-Konzept unterscheidet sich von dem des LG G5 deutlich: Beim LG G5 (Test) arbeiten die beiden Kameras weitgehend unabhängig voneinander – die eine nimmt Fotos mit 78-Grad-, die andere Weitwinkel-Bilder mit 135 Grad auf. Beim P9 arbeiten beide zusammen, wobei der Monochrom-Sensor einen Lichtgewinn und schnelleren Fokus liefern und dem RGB-Sensor zuspielen soll.
Und: Das Ganze funktioniert bestens. Darüber hinaus lassen sich mit dem Monochrom-Sensor tolle Schwarz-Weiß-Fotos produzieren, die besser aussehen als Farbfotos, bei denen nur die Farbwerte rausgefiltert wurden. Ein weiteres Schmankerl der Duo-Kamera ist die Möglichkeit der Fokusverschiebung – ihr könnt im fertigen Foto auswählen, welches Objekt im Bild scharf gestellt werden soll. Das funktioniert allerdings nur in Huaweis eigener Galerie-App.
Die Frontkamera wiederum nimmt Fotos mit acht Megapixeln auf und reicht damit für Selfies aus. Videos – optional auch im RAW-Modus – können wie gehabt nur in Full-HD-Qualität aufgenommen werden. Auf 4K-Aufnahmen wird noch verzichtet, was im Grunde nicht mehr zeitgemäß ist. Für Videos hätten wir uns außerdem einen optischen Bildstabilisator gewünscht.
Huaweis Kamera-App hat passend zur Kamera-Kooperation auch einen Neuanstrich erhalten. Per Wischgesten nach links oder rechts blendet ihr die Einstellungen oder die Foto-Modi ein. Hier stehen beispielsweise der Monochrom-Modus und die HDR-Funktion (die App unterstütz kein Auto-HDR), aber auch ein Panorama und der Verschönerungs-Modus bereit. Darüber hinaus gibt es einen Pro-Modus zur Regulierung von ISO-Werten, Weißabgleich und anderen „Pro“-Einstellungen. Außerdem unterstützt die App den RAW-Modus. Weitere mit dem Huawei P9 geschossene unbearbeitete Testfotos findet ihr bei Google-Fotos.
Kurzum: Im P9 steckt die beste Kamera, die Huawei jemals in eins seiner Geräte gesteckt hat. Es macht Spaß, mit dem Smartphone zu fotografieren, die Resultate sind richtig gut. Die Duo-Kamera hat viel Potenzial, das der Hersteller mit Sicherheit noch ausbauen wird. Schneller und etwas besser ist immer noch die Knipse des Galaxy S7, Huawei ist den Südkoreanern aber immer dichter auf den Fersen.
Die Software des Huawei P9: Übliche EMUI-Kost
Auf dem P9 ist Android 6.0.1 Marshmallow vorinstalliert, über das Huawei seine eigene Nutzeroberfläche gelegt hat: EMUI 4.1. An Googles Stock-Android erinnert Huaweis Interpretation kaum: Es fehlt beispielsweise ein App-Drawer, sodass auf dem P9 alle Apps auf diversen Homescreens à la iOS angeordnet werden müssen. Auch die Benachrichtigungsleiste, die Einstellungen und im Grunde das gesamte System sind anders gestaltet.
Wer Anhänger von Googles Material-Design ist, dürfte sich erst mal umorientieren müssen, zumal manche Einstellungen teilweise tief in Unterkategorien versteckt sind. Das heißt nicht, dass EMUI schlecht ist – nur äußerst gewöhnungsbedürftig. Huawei hat viele sinnvolle Funktionen in sein System gepackt, die Googles Stock-Android fehlen.
Wer sich allerdings nicht an das „iOS-Design“ gewöhnen will, kann dank alternativer Launcher wie dem Nova-Launcher einen Teil der Anmutung schnell ändern und EMUI mitsamt der teils unhübschen Icons abschalten. Die mitunter verschachtelten Systemeinstellungen bleiben aber erhalten. Dass man zum Beispiel fünf Klicks braucht, nur um den Launcher zu wechseln, ist ein Unding, ähnlich verhält es sich mit dem Zugriff auf die Akku-Informationen.
An Unübersichtlichkeit grenzen außerdem die vielen vorinstallierten Apps: Neben vielen Google-Apps, die Huawei auf dem P9 aufgrund von lizenzrechtlichen Auflagen installieren muss, hat das Unternehmen zusätzlich noch eigene Lösungen vorinstalliert. Somit sind viele Anwendungen im Grunde doppelt vorhanden: Mail, Kalender, Musik-Player, Gesundheits-Apps und viele mehr. Vielleicht hätte Huawei es wie HTC machen sollen: Die Taiwaner habe nur einige ihrer eigenen Apps auf ihr HTC 10 vorinstalliert – alle anderen lassen sich bei Bedarf über den Play-Store beziehen.
Fazit zum Huawei P9: Solide und kompakte Oberklasse
Huawei wird von Gerät zu Gerät besser. Die ersten Modelle der P-Reihe haben mich allesamt zwar nicht sonderlich vom Hocker hauen können – nicht nur, weil sie sich ansatzweise an iPhones orientiert haben, sondern weil ihnen das gewisse Etwas fehlte. Beim Huawei P9 sieht das anders aus, das P9 macht Spaß, liegt gut in der Hand und passt in die Hosentasche. Rein subjektiv ist es das derzeit schickste Oberklasse-Smartphone auf dem Markt.
Dass es in puncto Performance nicht ganz auf dem Super-Level der Mitbewerber mitspielt, ist zu verschmerzen, denn das Smartphone bietet trotzdem mehr als genug Leistung. Letztlich sind es zumeist nur kleine Nuancen, die das P9 hinter der High-End-Konkurrenz hinterherhinken lassen.
Wer ein schickes Smartphone mit angenehmer Größe, toller Haptik und solider Kamera sucht, sollte einen Blick auf das Huawei P9 werfen, zumal der günstigste Straßenpreis mittlerweile schon unterhalb der 500-Euro-Marke angekommen ist. Damit ist es preiswerter als die Geräte der Mitbewerber von LG, Samsung und HTC. Wer aber eine noch bessere Kamera will, sollte entweder zum Galaxy S7 oder dem HTC 10 greifen, wobei das Samsung-Phone mit Glasrückseite daherkommt, das HTC-Modell ist hingegen schwerer. Für das LG G5 spricht wiederum die Weitwinkel-Kamera, die sonst kein Smartphone zu bieten hat. Das P9 ist zwar nicht perfekt, Huawei schnürt aber ein rundes und außerdem (Vorsicht, Meinung!) hübsches Paket.
Pro
- Tolle, hochwertige Verarbeitung
- kompaktes Design
- gute Kamera
- schneller Fingerabdruckscanner
- flüssige Performance
Contra
- EMUI gewöhnungsbedürftig
- optischer Bildstabilisator für Videos fehlt
- Stereosound wie beim P9 Plus fehlt
Wenn man nicht gerade die neuesten Spiele daddeln will, dann ist die Hardware eines Smartphones heute fast egal. Alles mit 2-3 GB RAM und einer Rechenleistung wie ein 2-3 Jahre alter Snapdragon 800 reicht für alles Gängige aus. Entscheidend ist die Software und für die Nutzungsdauer der Software-Support.
Da schneiden viele Hersteller schlecht ab. Selbst für gröbste Sicherheitslücken gibt es teilweise schon 1 Jahr später keine Patches/Updates mehr. Deshalb kaufe ich nur noch Smartphones und Tablets, für die Cyanogenmod verfügbar ist. Da ist das ansonsten sehr ansprechende P9 mit dem Kirin-Prozessor raus.