Huawei: Smartphone-Verkäufe um weitere 20 Prozent eingebrochen – kein Ende in Sicht
Der chinesische Technologie-Konzern Huawei leidet weiter unter den massiven US-Sanktionen, die es dem Konzern effektiv unmöglich machen, US-Produkte oder Produkte, die mit US-Technologien hergestellt wurden, zu kaufen. Besonders das Verbot, Google-Dienste auf seinen Smartphones einzubinden, trifft das Unternehmen schwer.
Huawei: Verzicht auf Chipfertiger und Google-Lizenz macht Geschäft schwierig
Zwar spielen die Dienste in China ohnehin keine Rolle, weshalb der Rückgang dort etwas geringer ist. Im Rest der Welt, vor allem in den westlichen Nationen, ist ein Smartphone ohne Google-Dienste aber kaum verkäuflich. Dem Problem war der Hersteller zuletzt dadurch begegnet, dass er ältere Modelle, die noch eine Google-Lizenz hatten, moderat verbessert hatte.
Das Marktforschungsunternehmen Gartner, das einen quartalsweise erscheinenden Bericht zu den globalen Smartphone-Marktanteilen herausgibt, sieht diese Strategie nahezu ausgereizt und prophezeit daher sich weiter beschleunigende Umsatzrückgänge für das kommende Jahr. Das dürfte zumindest gelten, solange die Sanktionen nicht maßgeblich gelockert werden. Wie Gartner in seinem aktuellen Report feststellt, sind die Smartphone-Verkäufe an Endkunden global um 5,7 Prozent auf rund 367 Millionen Einheiten gefallen. In den beiden Vorquartalen hatte der Rückgang stets um 20 Prozent gelegen. Gartner will darin erste Zeichen einer Erholung erkennen.
Das gilt indes nicht für Huawei. Obwohl der Hersteller etwas mehr Geräte als im Vorquartal in den Handel gebracht hatte, sank sein Marktanteil um weitere 20 Prozent auf rund 52 Millionen verkaufte Einheiten. Das sind 14 Millionen Einheiten weniger als im Vorquartal. Dabei setzt die Coronakrise, die die Nachfrage nach Smartphones fast gelähmt hatte, der Krise Huaweis nur das berühmte I-Tüpfelchen auf. Insbesondere die Beendigung der Geschäftsbeziehungen zum weltweit größten Chip-Auftragsfertiger TSMC und dem Backup-Anbieter Samsung hat dazu geführt, dass Huawei das Herzstück seiner Geräte, das SoC (System-on-a-Chip) nicht mehr in ausreichender Stückzahl erhalten kann. Zwar entwickelt Huawei über seine Tochter Hisilicon seine Chips selbst, arbeitet dabei aber „fabless“, also ohne eigene Fertigung. Die US-Sanktionen verbieten nun Fertigern, amerikanische Technik einzusetzen, um Waren zu produzieren, die an Huawei geliefert werden. Damit liegt die Chipfertigung für den chinesischen Smartphone-Riesen brach.
Gartner sieht den bevorstehenden Wechsel der US-Präsidentschaft dabei offenbar nicht als Wendepunkt für die Beziehungen zu Huawei. Analyst Anshul Gupta geht vielmehr davon aus, dass Huaweis Verkäufe im nächsten Jahr auf etwa ein Fünftel des sonst üblichen Volumens einbrechen werden. Zwar könne sich Huawei möglicherweise noch über ein weiteres Quartal mit Verkäufen älterer, aber leicht aufgewerteter Modelle über Wasser halten. Spätestens im kommenden Jahr würde diese Strategie indes nicht mehr aufgehen können – zu hoch ist die Innovationsgeschwindigkeit auf dem Smartphone-Markt.
Wettbewerber machen Jagd auf Huawei-Marktanteile
Zudem machen chinesische Wettbewerber inzwischen offen Jagd auf Huaweis Marktanteile. Firmen wie Oppo oder Xiaomi werfen in schneller Folge neue Modelle auf den Markt, die in Huaweis Preissegmenten wildern. Um die Abwerbung der Kunden zu beschleunigen, ziehen die Hersteller teils die Einführung neuer Modelle deutlich vor.
Gerüchten zufolge will etwa Xiaomi seine Mi-11-Reihe noch im Dezember vorstellen. Im Turnus wäre das erst für Februar nächsten Jahres zu erwarten gewesen. Auch Samsung soll seine S-21-Serie wohl deutlich früher als üblich vorstellen wollen.
Xiaomi und Samsung bereits über Vorjahresniveau
Xiaomi gehört insgesamt eher zu den Profiteuren der Huawei-Krise. Nach einem starken Geschäftsquartal zeigen auch die Gartner-Zahlen, dass das Unternehmen mit rund 44 Millionen Einheiten eine Absatzsteigerung um rund 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal erzielen konnte. Dabei soll laut Gartner auch die Positionierung des Angebotsschwerpunkts im Bereich unter 300 Euro eine bedeutende Rolle spielen. Die Verbraucher tendieren offenbar eher zum billigeren denn zum Premium-Smartphone. Damit konnte Xiaomi im abgelaufenen Quartal an Apple vorbeiziehen und den dritten Platz im Absatz-Ranking für sich beanspruchen.
So ließe sich auch Apples Absatzrückgang um 0,6 Prozent auf rund 40 Millionen Einheiten erklären. Das würde indes verkennen, dass Apple pandemiebedingt seine neue iPhone-12-Linie erst mit Verspätung starten konnte, sodass es sich eher nicht um eine generelle Tendenz handelt. Der Absatz wurde wohl nur ins Folgequartal verschoben.
Absatz-Primus Samsung wiederum profitiert davon, sich stärker im Niedrigpreissegment zu diversifizieren. In einem insgesamt schwierigen Umfeld gelang es dem südkoreanischen Hersteller, mit rund 81 Millionen verkaufter Einheiten im dritten Quartal 2020 sein Vorjahresergebnis um 2,2 Prozent zu übertreffen. Gartner rechnet diesen Erfolg der Erweiterung des Angebots an Smartphones der A-Serie sowie dem neu aufgelegten S20 FE (Fan Edition), einer günstigeren Variante des diesjährigen Flaggschiffs, zu.
Bereits 75 Prozent der verkauften Smartphones sind 5G-fähig. Das gilt laut Gartner zumindest auf dem chinesischen Markt. In den USA und Europa beträgt der Anteil immerhin bereits 45 Prozent. Gartner rechnet allerdings damit, dass sich 5G als Pflicht-Feature eines Smartphones erst in einigen Jahren global durchsetzen wird.