Deutschland ist in weiten Teilen digitales Niemandsland. In kaum einem europäischen Staat wird beispielsweise so nachlässig mit der IT-Bildung der Schülerinnen und Schüler umgegangen wie in der Bundesrepublik. Eine aktuelle Analyse des Stifterverbands für die deutsche Wissenschaft macht das einmal mehr deutlich. Die Ergebnisse sind erschreckend.
Deutschland ohne vernünftigen Informatik-Unterricht
In der Analyse steht, dass es in 28 von 37 untersuchten europäischen Ländern für Schülerinnen und Schüler mindestens teilweise flächendeckend verpflichtenden Informatik-Unterricht gibt, in einigen Ländern sogar schon von der Grundschule an. Die meisten Bundesländer bieten Informatik hingegen nur als Wahlfach in kurzen Einheiten oder gar nicht an.
Deutschland gehört damit zu neun von 37 europäischen Ländern, die ihren Schülerinnen und Schülern „keine informatische Grundbildung garantieren können“, so die Studienleitenden. Während fast alle europäischen Länder das Fach im Pflichtunterricht verankert haben, fristet Informatik „in vielen deutschen Bundesländern ein Nischendasein im Wahlbereich“.
Ein Viertel der europäischen Länder schätzt die Bedeutung von IT-Unterricht sogar so hoch ein, dass er von der Grundschule bis zum Ende der Sekundarstufe I erteilt wird. Im Vergleich dazu sind selbst die beiden deutschen Spitzenreiter Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen mit einem durchgehenden Informatik-Unterricht in der Sekundarstufe I nur zweitklassig.
IT-Fachkräftemangel: Wettbewerbsfähigkeit in Gefahr
Dabei entscheiden Kompetenzen rund um Digitalisierung und IT künftig über die Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik. In Deutschland fehlen laut Bitkom bereits 137.000 Expertinnen und Experten in dem Bereich. Der IT-Fachkräftemangel entwickelt sich zum Haupthindernis der digitalen Transformation der Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung.
„Deutschland braucht ab Sekundarstufe I einen bundesweit verpflichtenden Informatik-Unterricht, der vorrangig Programmierkenntnisse, aber auch gesellschaftlich-kulturelle und anwendungsorientierte Diskussionen zu digitalen Technologien fördert“, so Elisabeth Allmendinger, Bereichsleiterin Bildungspolitik des Branchenverbands der IT.
Auch der Bitkom kommt in eigenen Untersuchungen zu negativen Bewertungen des deutschen Schulsystems – nicht zuletzt auch hinsichtlich der digitalen Lehrmittel. So bemängeln beispielsweise 82 Prozent der Deutschen die digitale Ausstattung von Schulen und fordern Mindeststandards, die in den Bildungseinrichtungen gelten sollten.