Ionos preist seinen KI-Chatbot als europäische ChatGPT-Alternative an: Was ist davon zu erwarten?

Der deutsche Cloud-Dienstleister Ionos hat nach eigenen Angaben eine „sichere & souveräne europäische ChatGPT-Alternative“ gestartet. In seiner Pressemitteilung verspricht das Unternehmen zwar, dass der Dienst „im Unterschied zu vielen US-Diensten keine personenbezogenen Daten“ für das Training der Modelle verwendet, keine Daten in Drittstaaten überträgt und die Modelle in „mehrfach zertifizierten (u. a. ISO/IEC 27001:2013) deutschen Rechenzentren“ laufen lässt. Mit technischen Einzelheiten über die eingesetzten Sprachmodelle ist man jedoch recht sparsam – die Rede ist lediglich von den „neuesten Open-Source-Modellen wie Llama und Mistral“.
Ionos GPT: Technisch nicht auf Stand
In der Praxis bedeutet das, dass die eingesetzten Modelle hinter denen der kommerziellen US-Konkurrenz zurückbleiben. Eine integrierte Internet-Suche wie bei OpenAI oder Antrophics Claude ist nicht vorhanden – die Trainingsdaten sind auf dem Stand von Ende 2023. Dateien lassen sich zwar hochladen, aber die Möglichkeiten der Analyse sind begrenzt. Bei einem kurzen Test behauptet der Ionos-Chatbot, seine Kontext-Länge, also die Größe des verarbeitbaren Inputs, betrage 2.048 Token, in der kostenlosen Version von ChatGPT sind es viermal so viele. Der Bot behauptet ferner, er beruhe auf Llama-V2 von Meta – das wäre tatsächlich schon recht alt. Laut Ionos kommt „unter anderem Llama 3.3 70B“ zum Einsatz.
Mit dem Service zielt Ionos allerdings vermutlich nicht in erster Linie auf private Nutzer. Die Ionos KI-Plattform „AI Model Hub” soll vielmehr Unternehmen „einfachen Zugriff auf leistungsstarke Modelle zur Text- und Bildgenerierung [geben] und die Möglichkeit, diese per Standard-API in ihre Anwendungen einzubetten“. Laut dem Unternehmen kann der Ionos AI Model Hub noch bis zum 30. Juni 2025 kostenfrei getestet werden.
Alternativen zur Alternative
Ein in Europa entwickeltes, auf europäischen Servern laufendes und noch dazu kostenfreies großes Sprachmodell gibt es derzeit nicht. Wer so etwas nutzen will, muss entweder warten, bis das OpenEuroLLM-Projekt Ergebnisse liefert – aber das ist erst kürzlich gestartet, es kann also noch dauern – oder in irgendeiner Hinsicht Abstriche machen. Es gibt eine Reihe von europäischen Anbietern, die ähnlich wie Ionos Open-Source-Modelle hosten. Darüber hinaus gibt es aber noch zahlreiche andere Möglichkeiten:
- Wer aktuelle Open-Source-Modelle kostenlos ausprobieren möchte, kann das mit Huggingchat auf der Plattform Hugging Face machen. Allerdings werden die Modelle in den USA gehostet.
- Le Chat von Mistral ist eine französische Eigenentwicklung, die auf französischen Servern läuft. Eine kostenfreie Basisversion gibt es auch – allerdings ist das Modell nicht Open Source.
- Microsoft bietet in seinem Azure OpenAI Service auch die Möglichkeit, OpenAI-Modell in europäischen Rechenzentren laufen zu lassen. Das kostet natürlich – und ist ebenfalls closed source.
- Und natürlich gibt es die Möglichkeit, Sprachmodelle lokal zu installieren und auf der eigenen Hardware laufen zu lassen – zum Beispiel mit der Software Ollama. Auf handelsüblichen Rechnern laufen allerdings nur die kleinen Versionen der Modelle – Modelle mit mehr als acht Milliarden Parametern werden sehr, sehr langsam, wenn sie sich überhaupt laden lassen.