iPhone: Apple bereitet sich offenbar auf alternative App-Stores in der EU vor
Apple steht in der Europäischen Union unter Druck, da der Digital Markets Act (DMA) den Konzern dazu verpflichtet, Nutzer:innen das Sideloading von Apps außerhalb des App-Stores bis März 2024 zu ermöglichen. Auch wenn Apple-Chef Tim Cook 2021 sagte, dass man sich für diese Methode der App-Installation doch ein Android-Smartphone zulegen solle, fügt der Hersteller sich allem Anschein nach widerwillig. Jedoch sollen für die Sicherheit allerlei Schutzmechanismen integriert werden.
App-Sideloading bei iPhones unter strenger Kontrolle
Zweierlei Quellen deuten neben der Deadline seitens der EU auf die Einführung der Sideloading-Funktion für iPhones hin: Zum einen hat 9 to 5 Mac in der Beta von iOS 17.2 entsprechende Hinweise auf ein Framework namens „Managed App Distribution“ entdeckt, mit dem unter anderem Drittanbieter-Anwendungen die Erlaubnis gewährt wird, andere Apps zu installieren. Das bedeutet: Andere Entwickler hätten die Möglichkeit, ihre eigenen App-Stores zu erstellen.
Laut 9 to 5 Mac verfügt die dazugehörige Schnittstelle (API) „über grundlegende Steuerelemente für das Herunterladen, Installieren und sogar Aktualisieren von Apps aus externen Quellen“. Sie könne wie Apples App-Store ferner prüfen, ob eine App mit einem bestimmten Gerät oder einer iOS-Version kompatibel ist.
Überdies wurden in der API Hinweise auf eine Regionalsperre entdeckt, die darauf schließen lässt, dass Apple die Funktion lediglich in bestimmten Ländern – wie etwa in der kompletten EU – zugänglich machen könnte. In der frisch veröffentlichten offiziellen Dokumentation zur Managed-App-Distribution verliert Apple derzeit indes noch kein Wort über eine regionale Sideloading-Funktion. Es soll sich demzufolge in erster Linie um eine MDM-Lösung handeln. Warum aber eine regionale Beschränkung?
Bloomberg: Sideloading soll Anfang 2024 für die EU freigegeben werden
Auch der Bloomberg-Reporter Mark Gurman, der seit Jahren zuverlässig über Pläne Apples vorab berichtet, will aus seinen Insiderquellen erfahren haben, dass für Anfang 2024 die Öffnung für alternative App-Stores geplant ist.
Apple entwickle dafür „ein streng kontrolliertes System“, das unter Auflagen das Installieren von Apps über Quellen außerhalb des App-Stores ermöglichen soll. Überdies soll für Drittanbieter die Nachrichten-App iMessage und kontaktloses Bezahlen per NFC weiter als bisher geöffnet werden, heißt es.
Alternative App-Stores: Mitbewerber scharren schon mit den Hufen
Auf den März 2024 und die Öffnung für alternative App-Stores in der EU bereiten sich schon erste Unternehmen seit einer Weile vor: So wollen sowohl Facebook-Mutter Meta als auch Microsoft entsprechende eigene App-Stores eröffnen.
Durch die Öffnung des eigenen Ökosystems für alternative App-Stores könnte Apple ein relevanter Umsatzgarant streitig gemacht werden. Schließlich erhebt der Konzern für jeden Kauf eine Provision von 30 Prozent, der von App-Entwickler:innen durch alternative App-Stores umgangen werden könnte.
Apple-Kund:innen sind bequem
Fraglich ist indes, ob das Gros der Nutzer:innen überhaupt Interesse an App-Store-Alternativen hat. Laut Angelo Zino, Aktienanalyst bei CFRA, könnte die Öffnung des Ökosystems für App-Stores Dritter Apple finanziell weniger stark treffen, als manche glauben. Zino geht einem Bericht von Reuters zufolge davon aus, dass weniger als 0,2 Prozent des Gesamtumsatzes von Apple durch konkurrierende App-Stores in Europa beeinflusst werden.
Ebenso geht das Investmentbanking-Unternehmen Morgan Stanley (via CNBC) nicht von einem großen Verlust aus: Selbst in einem Worst-Case-Szenario, in dem alternative App-Stores in Europa zu einem Totalverlust der App Store-Umsätze führen würden, dürfte der Konzern keine großen Umsatzeinbruch erleiden.
So schätzt Morgan Stanley: Wenn Apple seine gesamten App-Store-Einnahmen aus der EU verlieren würde, wäre es ein Verlust von vier Prozent der Einnahmen durch Dienstleistungen und nur ein Prozent der Gesamteinnahmen. Selbst wenn Apple weltweit Sideloading und alternative App-Stores zuließe, könnte dies im gesamten Fiskaljahr 2024 zu einem Rückgang der Dienstleistungseinnahmen um neun Prozent und nur zwei Prozent (!) des Gesamtumsatzes führen.
Überdies sollte man die Trägheit der meisten Nutzer:innen nicht außer Acht lassen. Schließlich gab es über eine Dekade mit dem App-Store nur diese eine Anlaufstelle für Apps auf dem iPhone. Warum sollten Nutzer:innen sich einen weiteren Store installieren, in dem womöglich das App-Angebot kleiner ist und Apps vielleicht nicht so regelmäßig aktualisiert werden wie bei Apple?