Jobmatching: Was bringen Recruiting-Apps für Bewerber?
Erst hat ein Algorithmus den passenden Arbeitgeber gesucht. Dann ploppt das perfekte Job-Angebot beim Smartphone-Nutzer auf. Sogar die Einladung zum Vorstellungsgespräch kommt später direkt aufs Handy.
Der Vorteil von diesem sogenannten Mobile Recruiting für Bewerber: „Es ist bequem, und es geht alles sehr schnell, wenn ein guter Matching-Algorithmus vorhanden ist“, sagt Lisa Allegra Markert vom Branchenverband Bitkom in Berlin.
Unternehmen bieten Bewerbung per App verstärkt an
Zwar bewerben sich die meisten Jobsuchenden noch traditionell, über die klassische papierbasierte Bewerbung, per Email oder mittels Online-Bewerbungsformular. Nach einer Studie der Universität Bamberg aus dem Jahr 2019 gibt es beim Angebot von Bewerbungen über Apps im Vergleich zum Vorjahr aber einen Anstieg: Rund acht Prozent der Top-1.000-Unternehmen lassen demnach inzwischen die Bewerbung über eine eigene App zu. Das sind drei Prozent mehr als im Vorjahr.
Der Bamberger Studie zufolge bieten 2019 zudem zwei von zehn der Top-1.000-Unternehmen die Bewerbung über die Apps von Internet-Stellenbörsen an, das ist ein Plus von 11,5 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Für Unternehmen der IT-Branche sind die Zahlen deutlich höher. „Mobile Recruiting hat noch viel Potenzial und wird zweifelsohne in den kommenden Jahren weiter zunehmen“, so die Einschätzung von Markert.
So geht die Stellensuche via App
Ganz praktisch sieht das dann so aus: Eine Person auf Stellensuche klickt auf dem Smartphone die App einer Stellenbörse an und sichtet Jobangebote. Was genau angezeigt wird, orientiert sich an dem, was Kandidaten bei einer standardmäßigen Abfrage eingegeben haben: den gesuchten Beruf, die genaue Position, die jeweilige Stadt.
Immer mit von der Partie ist ein Algorithmus, der im Hintergrund das Suchverhalten des Interessierten analysiert und die Ergebnisse ständig optimiert.
Bewerbung mit Minimal-Aufwand
Ein Stellenangebot interessiert nicht? Kein Problem, einfach mit dem Finger nach links wischen und das Angebot verschwindet vom Display. Ein Stellenangebot klingt verlockend? Dann bitte einmal mit dem Finger nach rechts wischen – und schon haben sich Stellensuchende quasi beworben.
Entweder haben sie zuvor ihren Lebenslauf in die App hochgeladen und senden ihn mit ihrer Geste automatisch an das Unternehmen. Oder sie schicken erst einmal keinen Lebenslauf, übermitteln dem potenziellen Arbeitgeber aber ihre Kontaktdaten. Die jeweilige Personalabteilung kann sich dann über den Kandidaten zum Beispiel im Internet über dessen Profil in Karrierenetzwerken informieren und sich bei Interesse mit ihm oder ihr in Verbindung setzen. Auch eine erste Kontaktaufnahme per Webcam ist bei Apps zumeist möglich.
Wenn der Algorithmus die Auswahl trifft
Wer als Stellensuchender ein bestimmtes Unternehmen als Wunsch-Arbeitgeber hat, kann schauen, ob dieses eine Bewerber-App auf seiner Website anbietet. Die Abläufe sind dann ähnlich wie bei Apps von Stellenbörsen.
Nicht nur Stellensuchende profitieren von dieser bequemen wie schnellen Art von Bewerbung, sondern auch Personaler, wenn künstliche Intelligenz die Unterlagen vorfiltern kann, findet Bitkom-Expertin Markert: „Personaler bekommen so schon einmal eine Vorauswahl, welche Kandidaten tatsächlich in Frage kommen.“
Dies sei gerade bei einer hohen Bewerberzahl und mit einem guten Filter unkomplizierter und zeitsparender, als wenn Personaler selbst alle Unterlagen durchsuchten. So bleibe mehr Zeit zum Beispiel für das Bewerbungsgespräch selbst.
Mobile Recruiting als erstes Vortasten
Klingt bequem. Aber viel Zeit sparen Bewerber nicht unbedingt. „Auch wenn Bewerber-Apps vieles vereinfachen, sollten Stellensuchende nicht denken, dass sie letztendlich auch schneller an den Job kommen“, sagt Ute Gietzen-Wieland, Business-Coach in Bielefeld. Ein Gespräch mit einem potenziellen Arbeitgeber über die Smartphone-Cam ist oft nur ein erstes Vortasten, dem letztendlich der übliche Bewerbungsprozess folgt: Zeugnisse und Arbeitsproben hochladen und schicken, zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch vorbeikommen.
Und auch das Vor-der-Webcam-Sprechen ist nicht ganz ohne: „Nicht jeder ist dabei so erfahren, dass es auch professionell auf einen Personalentscheider wirkt“, so Gietzen-Wieland. Bevor man sich via App auf Stellensuche begibt, sollten Kandidaten erst einmal einen Probelauf machen und etwa das Sprechen via Webcam trainieren. Zudem sollte man seine Profile in Online-Karrierenetzwerken pflegen und auf den neuesten Stand bringen.
Ganz ohne Risiko sind Bewerbungen über Apps von Stellenbörsen allerdings nicht. Denn offen ist oftmals, wie es um den Datenschutz bestellt ist, wenn Bewerbungsunterlagen mit sehr persönlichen Angaben in die App hochgeladen und verschickt werden. dpa