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KPI in der PR: „Wer PR zu 100 Prozent sauber messen kann, hat den heiligen Gral gefunden“

Was sind Schönheitsmetriken in der PR? Woran erkenne ich aufgehübschte Reportings? Das erzählt Sebastian Manthey, Co-Founder von Getpress.

6 Min. Lesezeit
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Sebastian Manthey von Getpress. (Foto: Getpress)

Von außen sieht es oft undurchsichtig aus: Eine Marke investiert in PR, dann erscheinen Artikel in diversen Medien. Doch was sind Schönheitsmetriken und welche Zahlen sagen wirklich etwas über den Kampagnenerfolg aus?

Sebastian Manthey ist Co-Founder von Getpress. Seit 2008 arbeitet er im PR-Bereich und hat sich durch Pressemitteilungen und Metriken gearbeitet. Getpress gründete er 2016 mit seinem Co-Founder Maximilian Ziche, um eine PR-Agentur für Startups und Gründer:innen zu schaffen, die nicht auf Massen an Pressemitteilungen setzt – sondern auf individuelle Geschichten für ausgewählte Medien.

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Vanity-Metrics im PR-Geschäft

Jede Kennzahl hat an irgendeiner Stelle ihre Berechtigung. Zur Schönheitsmetrik wird sie dann, wenn sie ausschließlich eine Quantität ohne Qualität wiedergibt – und wenn aus ihr keine Handlungsempfehlungen abgeleitet werden können.

Manthey nennt beispielsweise die Unique User, den Anzeigenäquivalenzwert oder die Reichweite. Die bloße Anzahl der Artikel oder Medien ist erst einmal schön anzusehen – erscheint für ein Tech-Startup ein Artikel in der Bild der Frau oder der Gala, ist das in der Regel aber nicht hilfreich, so Manthey.

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Der Anzeigenäquivalenzwert ist die Umrechnung eines redaktionellen Beitrags zu einer Anzeige: Wie viel würde eine Anzeige an dieser Stelle, in dieser Größe und in dieser Farbigkeit kosten? Aber: Es werden nicht nur redaktionelle Beiträge mit Anzeigen gleichgesetzt, es gibt auch keine Aussage zur Qualität. Ist der Beitrag positiv oder negativ? Wurden Kernbotschaften der Marke verwendet oder nicht? Wie kam der Beitrag an, wie haben Menschen darauf reagiert?

Dazu kommen Feinheiten wie: Für die öffentlich-rechtlichen Medien gibt es keine Gegenwerte. Für einige Positionen ebenfalls nicht, beispielsweise der Titel einer Printzeitschrift – den verkaufen Verlage nicht als Anzeige. Berechnet wird auch nicht die höhere Glaubwürdigkeit eines redaktionellen Beitrags.

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Andere KPI wie Unique User, auch Unique Visitor genannt, sind schwammig, weil der Wert nicht verlässlich ist. Eigentlich sind Unique Visitors die Anzahl der Personen, die eine Seite besuchen – Mehrfachbesuche werden nicht gezählt. Die Zahl ist, da cookiebasiert, aber undurchsichtig: Benutzt jemand mehrere Browser simultan oder nutzt eine Funktion, die Cookies immer löscht, wenn der Browser geschlossen wird, wird eine Person mehrmals gezählt. In Tracking-Tools gibt es außerdem eine Einstellung, in der erkennbare Mehrfachbesuche ignoriert und sie als einzelne Unique User gezählt werden können. Diese Informationen liegen aber bei den Publishern selbst, wenn überhaupt. „30 Millionen Unique User auf bild.de lesen ja nicht einen Artikel. Was ist genau die Zahl? Das weiß wahrscheinlich nur bild.de“, sagt Manthey.

Die Reichweite gibt ausschließlich Quantität ohne die Qualität wieder. „Ich kann ja ganz viel Reichweite haben, ohne dass dann am Ende wirklich was hängenbleibt“, so Manthey: wenn beispielsweise Messaging oder Marke nicht hängenbleiben oder wenn die Zielgruppe nicht erreicht wird.

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Wichtigste Basis für sinnige KPI: Ziele und Strategie

Egal, um welche Kennzahl es sich handelt: Wenn du nicht weißt, was du überhaupt erreichen möchtest, und wenn du nicht definierst, was Erfolg ist, kannst du ihn auch nicht messen. Vor jeder PR-Kampagne muss besprochen werden, was benötigt wird. Manthey ist erstaunt, wie oft das unklar ist: „Selbst größere Firmen, gestandene Gründer – bei der Frage ‚Was ist das Ziel?‘ müssen alle erst mal kurz überlegen.“

Welche KPI aussagekräftig ist, hängt davon ab, was benötigt wird: Aufmerksamkeit für Marke und Produkt, Kund:innen, Investor:innen oder Mitarbeitende. Für jedes Ziel sind andere Zahlen wichtig, die über verschiedene Zeiträume hinweg beobachtet werden müssen.

Hilfreiche KPI: In Zusammenarbeit mit Marketing, Sales und Verlagen

PR ist nicht lückenlos messbar. Unter anderem weil PR in Kombination mit Marketingmaßnahmen zum Erfolg führt. Zum Beispiel: Eine Person erfährt in einem Magazinartikel von einem Unternehmen. Die Person schaut sich online die Produkte an. Einige Zeit später verleitet eine Instagram-Anzeige zum Kauf. Welche Maßnahme war wichtiger? Ohne Artikel hätte sich die Person nie mit den Produkten auseinandergesetzt – aber ohne Kauf bringt Awareness nichts.

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Dazu kommt, dass das PR-Produkt in der Regel jemand anderem „gehört“. Der Artikel geht nicht auf der eigenen Domain online, sondern beim Verlag, der Daten erhebt, aber nicht zwingend mit PR-Agenturen und deren Kund:innen teilen muss. Trotzdem versucht Manthey manchmal, bei den Journalist:innen Daten zu erfragen. Die Mediadaten sind frei zugänglich. Aus diesen nutzt er die Angabe der Unique User – diese Zahl versucht er mit einer Formel, die er mit internen wie externen Journalist:innen erarbeitet hat, möglichst realitätsnah zu gestalten.

Bei der Lead-Generierung „ist es sinnvoll, mit den internen Marketingabteilungen zusammenzuarbeiten, um einen Näherungswert zu bestimmen“. Die Sales-Abteilung kann zusätzlich die Leads und Abschlussquoten beisteuern.

Sollen Investor:innen gewonnen werden, ist es natürlich ein sicheres Zeichen, die Gesprächsanfragen zu messen. Hilfreich ist es, mithilfe von Self-Reported-Attribution zu erfragen, wie sie auf das eigene Unternehmen aufmerksam geworden sind. Werden die PR-Artikel mit genügend Abstand zeitlich gestreut, kann die zeitliche Verteilung und die Menge der Anfragen ein Indikator dafür sein, welcher Artikel am erfolgreichsten war. Kommen beispielsweise in den Tagen nach einem Artikel deutlich mehr Anfragen als bei einem anderen Artikel, war das Medium oder Thema eventuell passender oder der Artikel einfach besser.

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Im Employer-Branding kann die Außenwirkung an der Zahl der Bewerbungen, auch initiativ, gemessen werden. Nach innen gibt es nicht unbedingt eine feste KPI, aber du kannst in der internen Kommunikation Ausschau nach positivem Feedback oder Motivation halten. „Ein großer Artikel führt auch intern zu einem Gefühl von: ‚Wir sind wichtig‘“, so Manthey.

Bei Awareness-Kampagnen werden auf der einen Seite kurzfristige Traffic-Peaks gemessen. Direct Traffic ist eine KPI, die im Auge behalten werden muss. Vor allem bei Print-, Radio und TV-Beiträgen ist das Traffic, der dadurch entsteht, dass Menschen URL direkt in den Browser eintippen. Damit sollte auch Traffic über Suchmaschinen erhöht werden, wenn sich Menschen nicht an URL erinnern, sondern die Firma und Schlagworte googeln. Backlinks sind nicht nur für SEO relevant, sondern zeigen als Verweis, dass andere auf das eigene Unternehmen verweisen. Nicht zu vergessen ist aber die Tonalität: Im Idealfall wird positiv über die Firma gesprochen. Die meisten dieser KPI können über Monitoring-Tools erfasst werden.

Rankings bei den Suchmaschinen sind relevant, um gesehen zu werden: Menschen googeln heutzutage alles. Dementsprechend müssen Artikel über das oder vom Unternehmen auch bei relevanten Suchanfragen auf den vorderen Plätzen der SERP auftauchen.

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Insgesamt muss Brand-Awareness aber als langfristiges Ziel geführt werden, so Manthey: „Markenbekanntheit baut sich ja nicht in einem Monat auf und muss über viele Touchpoints generiert werden.“ Dementsprechend messen sie die Markenbekanntheit über beispielsweise ein Jahr in bestimmten Abständen. Veränderungen können dann mit Maßnahmen verglichen werden – Erscheinungsdaten von Artikeln, wann welche Marketingkampagnen ausgespielt worden sind oder wann anderweitige Berichterstattungen stattgefunden haben. Auch Suchtrends können miteinbezogen werden.

Inbound-Presseanfragen beweisen, dass Momentum aufgebaut wird: Die Firma ist bekannt, hat genügend Vertrauen erzeugt und thematische Expertise gezeigt, sodass Pressevertreter:innen von sich aus Personen aus dem Unternehmen als Expert:innen befragen wollen.

Self-Reported-Attribution als Geheimtipp

Auch Self-Reported-Attribution hilft dabei, zu erkennen, woher Nutzer:innen kommen. Dabei wird nach einer Conversion abgefragt, was die Menschen überzeugt hat, zu konvertieren – oder wie sie vom Unternehmen oder Produkt gehört haben. Das Gute hieran ist: Die Angabe ist oft nicht chronologisch wie bei Attributionstools, sondern sie zeigt, welche Maßnahme den größten Impact bei dieser Person hatte.

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Wie erkenne ich aufgehübschte Reportings?

Für Kund:innen ist eine der wichtigsten Fragen: Woran erkenne ich, ob ein Reporting aussagekräftig ist oder viel beschönigt? „Wenn das Reporting besonders schön aussieht und besonders lang ist und mit wahnsinnig vielen Zahlen glänzen möchte, würde ich skeptisch werden und mir denken: Da wurde ein bisschen Goldstaub drüber gepackt“, sagt Manthey.

Wichtig sei, sich auf die relevantesten Zahlen zu konzentrieren. „Das gilt eben auch fürs Reporting, sich auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren.“ Bei Getpress sei das Reporting sehr spärlich: ein Google-Doc oder eine E-Mail. Im Termin werden die Zahlen dann besprochen. Das Reporting selbst ist gar nicht so relevant, wichtiger ist also, ob die Relevanz der KPI, die Ergebnisse und daraus ersichtliche Handlungsempfehlungen besprochen und begründet werden können. Gesprächstermine sollten also in regelmäßigen Abständen stattfinden.

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