Ladesäulen – ein verworrenes Netz aus Tarifen und Vertragsmodellen
„Einfach überall Strom tanken“, wirbt Volkswagen, „einfach mit einer Karte“. VW, Skoda und Seat bieten ihren E-Auto-Kunden eine Karte oder App an, mit den sie europaweit 238.000 Ladepunkte verschiedener Betreiber anzapfen können. Die Kunden bekommen dann einmal im Monat eine Rechnung von ihrem Autobauer. „Am liebsten hätten die Kunden Fixpreise für den geladenen Strom“, sagt VW-Sprecher Tim Fronzek. Aber nicht alle Ladesäulen-Betreiber lassen sich darauf ein. Deshalb bietet VW keine Fixpreise für alle Ladesäulen an. Skoda schon – aber je günstiger, desto mehr verlangt der Autobauer als monatliche Grundgebühr.
Audi setzt auf Ladetochter der Konkurrenz
Anders als VW, Skoda und Seat ist Audi nicht an die Volkswagen-Ladetochter Elli angeschlossen, sondern an DCS – die gemeinsame Ladetochter der Konkurrenten Mercedes und BMW. Die wirbt mit dem Zugang zu 98 Prozent der öffentlichen Ladepunkte in Deutschland und insgesamt fast 250.000 in Europa. Ebenfalls mit einer Karte, ebenfalls mit monatlicher Abrechnung. Inzwischen sind auch Fiat, Toyota, Hyundai und Kia dabei. Und der Ölkonzern BP steigt gerade als dritter Eigentümer ein.
„Wir haben Verträge mit 500 Anbietern von Ladeinfrastruktur geschlossen und bieten das Autoherstellern gebündelt als ein Paket an. Das kann der Autohersteller dann seinen Kunden zur Verfügung stellen“, sagt DCS-Chef Jörg Reimann. Künftig würden E-Autofahrer auch über freie Säulen informiert und könnten reservieren.
Einfach sei auch hier das Schlüsselwort. „Wer früh am Markt ist und den Kunden einfache, bequeme Lösungen anbietet, der wird sie behalten und auch in Zukunft das Geschäft machen“, sagt Reimann. Über Umsatz und Ergebnisse heute will er nicht sprechen. Aber das Geschäft mit Ladediensten „wird sehr bald profitabel für die großen Spieler“, sagt Reimann. „Der Profit kommt mit dem Volumen.“ Exklusive Angebote dagegen rentierten sich heute nur selten. Reimann sagt: „Das geht zu Lasten der Auslastung.“
Ein exklusives Netz hat Tesla mit rund 150 Schnellladestationen in Deutschland, rund 3.000 weltweit. Aber Tesla-Chef Elon Musk will bald auch andere Autos an seine Steckdosen lassen: „Wir öffnen unser Supercharger-Netz im Laufe dieses Jahres für andere Elektrofahrzeuge“, twitterte er im Juli. Das würde ihm Geld und Daten bringen. Ob alle Stationen zugänglich werden, ob auch Fahrer anderer Marken die Buchungsdaten der Säulen bekommen und reservieren können, was sie zahlen sollen, ist offen.
VW, Audi, Porsche, Mercedes Benz, BMW, Ford und Hyundai haben zusammen ein Schnellladenetz entlang der Autobahnen aufgebaut. Ihre gemeinsame Tochter Ionity hat europaweit inzwischen etwa 360 Stationen in Betrieb.
Audi plant inzwischen zudem noch, selbst ein eigenes Schnellladenetz in Städten zu errichten, „mit Lounge und exklusiver Reservierung“ für Audi-Fahrer. Fahrer anderer Marken können dort auch laden – wenn noch Plätze frei sind. Gestartet werde das Pilotprojekt in Nürnberg an der Messe, sagte Audi-Chef Duesmann am Freitag. „Das ist eine Ergänzung zu dem, was wir in der Kooperation machen“, aber: „Wir haben geplant, das deutlich auszuweiten.“
Mangel an Ladestationen als Kaufhindernis
Laut Bundesnetzagentur gibt es bundesweit 6.750 öffentlich zugängliche Schnell- und 39.424 Normalladepunkte. Bei einer Allensbach-Umfrage für den Verband der Automobilindustrie sahen 64 Prozent der Befragten eine unzureichende Zahl der Ladestationen als Kaufhindernis mit Blick auf E-Autos.
Größter Ladesäulen-Betreiber ist einer Studie der Unternehmensberatung PwC zufolge EnBW mit sieben Prozent, gefolgt von Allego, Charge-ON und SWM. „Aktuell gibt es je nach Bundesland unterschiedliche Betreiber, die häufig jeweils eine individuelle Registrierung vor dem Ladevorgang voraussetzen“, sagte PwC-Branchenexperte Felix Kuhnert. „Eine Vereinheitlichung von Bezahlmethoden und Registrierung würde hier einen entscheiden Vorteil für Kunden schaffen.“
Vielleicht wird irgendwann die Politik dafür sorgen, dass es einfacher wird. Ähnlich wie bei der Abschaffung der Roaming-Gebühren beim Telefonieren in der EU, sagte VW-Sprecher Fronzek. dpa