Nachdem das Kryptoimperium des FTX-Gründers Sam Bankman-Fried in sich zusammenfiel, werden mehr Anleger:innen misstrauisch und ziehen Vermögenswerte ab.
Kryptoenthusiast:innen lässt der Kollaps des FTX-Imperiums jedoch nicht an der dahinterliegenden Blockchaintechnologie zweifeln. Schließlich schreiben Expert:innen der Technologie großes Potenzial zu und sehen sie in vielen Anwendungsbereichen – auch außerhalb der Finanzwelt.
Für einige Kritiker:innen ist aber klar: Der Skandal um die Insolvenz von FTX offenbart, dass die gesamte Kryptobranche betrügerisch ist. Das greift den Befürworter:innen von Bitcoin, anderen Kryptowährungen und Decentralized Finance (Defi) zu kurz.
Defi versus zentrale Anbieter
Viele Kryptofans glauben daran, dass dezentrale Anwendungen und Protokolle mehr Vertrauen verdienen als zentrale Anbieter. Denn es sind zentrale und weitgehend unregulierte Kryptodienstleister wie die Börse FTX oder der Kryptoverleiher Blockfi, die gerade in die Schlagzeilen geraten und Insolvenz anmelden.
Ihnen gegenüber stehen Börsen, Anwendungen oder Wallets, die über dezentrale Protokolle laufen. Sie werden nicht von einer zentralen Instanz geführt. „Bei solchen echten Defi-Geschäftsmodellen ist es bislang nicht zu derartigen Problemen gekommen“, sagt Cyrus de la Rubia. Er ist Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank und Experte für Geldpolitik und digitale Währungen.
Oft sind dezentrale Anwendungen allerdings weniger benutzerfreundlich und mitunter teurer. Zum Beispiel dann, wenn es um die Verwahrung von Krypto-Assets, den Handel oder das Staking geht. Doch laut den Fans der Dezentralisierung lohnt dieser Aufwand.
Haben Kryptoinvestments noch eine Zukunft?
Das sieht auch Cyrus de la Rubia ähnlich. Für die Blockchain-Technologie und darauf basierende Krypto-Assets sieht er deshalb weiterhin grundsätzlich eine Zukunft. „Aber nur für Anwendungen, die dezentral organisiert sind oder die mit den Regulierungsbehörden zusammenarbeiten“, sagt de la Rubia. „Bei beiden Ansätzen ist relativ hohe Transparenz gewährleistet und geringere Betrugsanfälligkeit.“
Wem sollte ich vertrauen?
Der Finanzexperte rät bei Kryptoinvestments jedoch zur Vorsicht. „Vertrauen Sie keinen Menschen in der Finanzwelt, die sich als unfehlbare Gurus darstellen“, sagt er. Misstrauen sei besonders dann angebracht, wenn ein Krypto-Asset aggressiv beworben wird. Das widerspreche der dezentralen Organisation, die viele Krypto-Assets anstrebt oder angibt.
Wer sollte in Kryptowerte investieren?
Dass das Geld von Aktienkäufer:innen in eine Firma fließt, dürfte den meisten Anleger:innen klar sein. Doch worein fließt das Geld beim Kauf von Bitcoin, Ether, Dogecoin oder eines Stablecoins? Was passiert mit gestakten Token? Die Fragen rund um das Investment in Krypto-Assets sind deutlich komplexer und die Tokenomics, also die Eigenschaften jedes einzelnen Coins, sind unterschiedlich.
„Grundsätzlich sollte ich nur in Kryptowerte investieren, deren Geschäftsmodell ich verstanden habe.“ – Cyrus de la Rubia
Kryptowährungen unterliegen außerdem hohen Schwankungen im Wert, was ein hohes Verlustrisiko für die Anleger:innen darstellt. Besonders neue Anleger:innen sollten sich deshalb nicht von den potenziellen Gewinnchancen beeindrucken lassen und nur Geld investieren, dessen kompletten Verlust sie verkraften können.
Wer in Kryptowährungen investiert, sollte außerdem über ein breit aufgestelltes Portfolio verfügen, um das Risiko zu streuen. Wie viele andere Finanzexpert:innen rät de la Rubia dazu, nur einen niedrigen einstelligen Anteil des eigenen Portfolios in Kryptowerte zu investieren.
In welche Token sollte ich investieren?
„Hinter jedem Token steckt ein Geschäftsmodell, ehrliche und unehrliche.“ – Cyrus de la Rubia
Wer sich dazu entscheidet, Geld in Kryptowährungen zu investieren, hat die Wahl zwischen scheinbar unendlich vielen Coins. Coinmarketcap listet derzeit 21.880 Token (Stand: 29. November 2022).
„Hinter jedem Token steckt ein Geschäftsmodell, ehrliche und unehrliche“, sagt de la Rubia. Deswegen rät der Experte institutionellen und privaten Anleger:innen dazu, nur in Kryptowerte zu investieren, deren Geschäftsmodell sie verstanden haben.
Der prüfende Blick auf das Geschäftsmodell eines Tokens und seinen Zentralisierungsgrad lohne aus mehrerer Hinsicht, so de la Rubia. Denn wie zentralisiert das Geschäftsmodell eines Tokens sei, sei eine grobe Richtlinie für dessen Anfälligkeit für Betrug. „Je größer in einem unregulierten Umfeld der Zentralisierungsgrad ist, desto größer ist die Betrugsanfälligkeit“, sagt der Experte.
Bitcoin und Ether versus andere Token
Um manche windigen Kryptoprojekte zu entlarven, lohnt auch ein Blick in die Historie und auf die Marktkapitalisierung eines Tokens. Flaggschiffe dafür sind Bitcoin und Ethereum. Für Bitcoin zum Beispiel gibt die Plattform Coinmarketcap die Dominanz auf dem Kryptomarkt mit etwa 40 Prozent an.
„Bitcoin und Ethereum sind die Token mit dem besten Track-Rekord.“ – Cyrus de la Rubia
Bitcoin und Ethereum sind nicht nur die größten Kryptowährungen, sondern haben auch jeweils eigene Blockchains, für die sie als native Token fungieren. Dass sie als native Token einer eigenen Blockchain fungieren, ist aber kein Alleinstellungsmerkmal. So ist SOL der native Token des Solana-Netzwerkes oder AVAX der von Avalanche. Viele dieser nativen Coins treten an, um Vorteile gegenüber den beiden Flaggschiffen zu bieten, indem zum Beispiel Transaktionen schneller, kostengünstiger oder skalierbarer verarbeitet werden sollen.
„In der Regel geht das aber einher mit einem höheren Zentralisierungsgrad und weniger Sicherheit“, sagt de la Rubia über andere native Coins. „Bitcoin und Ethereum sind daher die Token mit dem besten Track-Rekord in Sachen Sicherheit, basierend auf einem globalen Netzwerk, mit dem keine anderen Token mithalten können.“ Andere Token würden häufig versuchen, Nischen zu besetzen oder falsche Versprechungen machen, so der Kryptoexperte.
In diesem Ratgeber zum Thema „Kryptoinvestments nach der FTX-Pleite“ geht es um die verschiedenen Möglichkeiten, Kryptowerte zu verwahren.
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