Bitcoin, Ether und Co verwahren: Ist eine Self-Custodial Wallet das Richtige?
Die Pleite der einst zweitgrößten Kryptobörse FTX hat viele Kund:innen geschädigt und gezeigt, wie übel es enden kann, wenn sich Anlegende auf zentrale Anbieter verlassen. Vor allem No-Coiner:innen fragen sich jetzt: Sollte ich wirklich noch Geld in Krypto stecken, wenn meine Werte so schnell verschwinden können?
Bei dieser Frage lohnt es sich, genau hinzuschauen: Lag der Fehler im System oder bei FTX? Die nun insolvente Kryptobörse war ein zentraler und weitgehend unregulierter Anbieter für Kryptodienstleistungen. Wer einen solchen Service nutzt, geht ein sogenanntes Gegenparteirisiko ein. Aus unserem Themenspecial „New Finance“.
Nach der FTX-Pleite: Verspieltes Vertrauen
Kryptowährungen sind allerdings angetreten, um genau dieses Mittelsmänner überflüssig zu machen. Doch wie funktionieren Kryptoinvestments ohne zentrale Anbieter?
Schauen wir uns zuerst an, was FTX – als Beispiel für einen zentralen Anbieter von Krypto-Dienstleistungen – angeboten hat. Um über FTX handeln zu können, mussten Kund:innen zuerst einzahlen. Wenn auch nur für einen kurzen Zeitraum, verwaltete die Börse die Werte der Kund:innen. Wie jüngst klar wurde, hat FTX Kundengelder veruntreut.
Deswegen weisen mit dem Spruch „Not your Keys, not your Coins“ Kryptofans darauf hin, dass sich die Einzahlenden abhängig machen. Denn wer seine Coins von einem zentralen Dienstleistern wie FTX, anderen Börsen oder Wallet-Anbietern verwahren lässt, hält seine Private Keys, die so etwas wie Passwörter für Krypto-Wallets sind, nicht mehr selbst.
Self-Custodial Wallet: Wie verwahre ich meine Kryptowerte selbst?
Wer selbst Verantwortung für seine Kryptowerte übernehmen möchte, kann auf eine sogenannte Self-Custodial Wallet zurückgreifen. So werden die Coins und Token ohne eine zentrale Zwischeninstanz gehalten. „Im Grunde genommen ist es so, als ob ich Geld zu Hause in einem Tresor verwahre, statt es auf dem Konto zu deponieren und es der Bank anzuvertrauen“, erklärt Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank und Experte für Geldpolitik und digitale Währungen.
„Banken sind allerdings reguliert und die Einlagen bis zu einem bestimmten Betrag über die Einlagensicherung abgesichert“, grenzt der Experte traditionelle Geldhäuser von oft nicht regulierten Kryptodienstleistern wie FTX ab.
Das Risiko, die Kryptowerte zu verlieren, sei bei der eigenen Verwahrung vergleichsweise gering, sagt de la Rubia. So viel Eigenverantwortung sei aber nicht für jeden optimal. „Wenn ein Anleger oder eine Anlegerin chronisch ihre Pins vergisst oder den Merkzettel verlegt, dann wird dieser Person das gleiche möglicherweise auch mit der für die Self-Custodial Wallet erforderlichen Seed-Phrase passieren.“
„Gebühren für Transaktionen sind bei Self-Custodial Wallets relativ hoch“ – Cyrus de la Rubia
Ein großer Nachteil der selbst verwalteten Wallets seien außerdem die Gebühren für Transaktionen. „Sie sind relativ hoch, denn die Transaktionen laufen direkt auf einer Blockchain ab und benötigen im Fall von Ethereum daher Gas-fees“, sagt de la Rubia.
Wer seine Kryptowerte selbst verwahren möchte, hat die Wahl zwischen verschiedenen Formen von Wallets: Online und Offline. Wobei die dezentralen Online-Services als „Hot-Wallets“ bezeichnet werden, während die vom Netz getrennten, Offline-Varianten „Cold-Wallets“ heißen.
Hot Wallets
Metamask ist eine der bekanntesten Hot Wallets und läuft auf der Ethereum-Blockchain. Sie ist eine DApp, also eine dezentrale App, die Kund:innen mobil nutzen oder als Add-On für verschiedene Browser einrichten können. Hier können sie Token handeln, versenden, lagern und andere dezentrale Services nutzen. So ermöglicht die DApp auch den Zugang zu Blockchain-Spielen und fungiert als Lagerort für NFT. Laut eigenen Angaben hat Metamask über 30 Millionen Nutzer:innen.
Ähnliche Services bietet die App Ultimate des deutschen Fintechs Unstoppable Finance. Über die App können kuratierte Defi-Protokolle genutzt, Token gehandelt und selbst verwahrt werden. Dabei können die Nutzer:innen Private Keys in einer Cloud speichern, was zusätzliche Sicherheit schaffen soll. Zurzeit ist die App in Deutschland aus regulatorischen Gründen jedoch noch nicht verfügbar.
Cold Wallets
Ein Nachteil der Hot Wallets ist, dass sie ständig mit dem Internet verbunden und dadurch anfällig für Schadsoftware sind. Um das zu vermeiden, werden Cold Wallets nach der Übertragung der Assets wieder vom Internet getrennt. Cold Wallets gibt es zum Beispiel als Paper-Wallet, bei der Private und Public Key auf Papier existieren.
Anders funktionieren die physisch vorhandenen Hardware-Wallets. Anbieter dafür sind zum Beispiel Trezor oder Ledger. Sie bieten verschiedene Cold-Wallet-Modelle für Bitcoin, Ethereum und andere Kryptowährungen. Die Geräte ähneln USB-Sticks und verfügen teilweise über ein Display. Per App oder im Browser können Coins gehandelt und auf die Hardware-Wallet übertragen werden.
Die Modelle von Trezor mit Display sind je nach Modell für etwa 70 Euro oder 250 Euro erhältlich. Die Geräte von Legder sind ab etwa 80 Euro erhältlich.
Der Umsatz des Hardware-Wallet-Anbieters Trezor zum Beispiel soll nach dem Kollaps von FTX über 300 Prozent angestiegen sein. Gegenüber Cointelegraph soll auch der CEO des Konkurrenten Ledger, Pascal Gauthier, von einem Zuwachs in den vergangenen Wochen gesprochen haben. Es sollen sechsmal so viele neue Kontos bei dem Hardware-Wallet-Anbieter erstellt worden sein, als noch vor wenigen Wochen.
Auch die Zuflüsse von Krypto-Assets auf die Cold Storeages wie Ledger sollen angestiegen sein. Daten des Blockchain-Analysehauses Chainalysis weisen jedoch darauf hin, dass der Trend hin zu Selbstverwahrung von Krypto-Assets nicht so umfassend ist, wie häufig angenommen wird.
Hallo,
Guter und wichtiger Artikel. Leider werden mit keinem Wort Self Custody wallets erwähnt, die Social recovery benutzen, wie zB Argent. Wäre ganz sinnvoll für jemand der seine Pins ständig vergisst/verlegt.