Motorola wurde vor über acht Jahren von Lenovo übernommen. Trotz dieses langen Zeitraums hat es kaum klare Bestrebungen gegeben, die verschiedenen Unternehmensbereiche näher zusammenzubringen. Motorola baute weiter an seinen Smartphones der Moto-Familie, Lenovo verfolgte die Entwicklung von Notebooks der verschiedenen Produktfamilien wie Think (-pad und -book), Idea (-pad) und Yoga.
Die Marken durch eine intensivere Zusammenarbeit der Unternehmenssparten weiter zu stärken und Synergien wirksam zu nutzen, wurde bis jetzt eher vernachlässigt. Dabei hätten Lenovo und Motorola ihre Produktkategorien ähnlich wie Samsung oder Huawei in einem gemeinsamen Ökosystem unterbringen können. Mit dem Thinkphone verfolgt der Konzern allem Anschein nach genau diesen Ansatz.
Lenovo Thinkphone mit Sicherheitsfunktionen für Business-User:innen
Mit dem Thinkphone bringt Lenovo einige Features seiner Thinkshield-Sicherheitsplattform auf ein Android-Smartphone. Die Sicherheitsplattform beinhalte „grundlegende Sicherheitsrichtlinien, Funktionen, spezielle Hardware, Software und Prozesse, die die Sicherheit des gesamten Geräts gewährleisten“, so der Hersteller. Ferner besitzt das Gerät weiteren Schutz durch „Moto Threat Defense“.
Darüber hinaus können Unternehmen Thinkphones mit „Zero Touch“ an Endbenutzer verteilen und „ihre gesamte Thinkphone-Flotte mit Geräteverwaltungslösungen wie Moto OEMConfig und Moto Device Manager verwalten“. Inwiefern sich Lenovos Zero-Touch von der Zero-Touch-Option des Android-Enterprise-Programms von Google unterscheidet, ist nicht klar.
Das Thema Sicherheit spielt für den Hersteller beim Thinkphone eine große Rolle: So erklärt Lenovo, dass das Gerät mit „Moto Secure“ ausgeliefert werde. Dabei handle es sich um eine App, die als „Drehscheibe für Elemente im Zusammenhang mit Sicherheit und Datenschutz dient“.
Dazu kommt „Moto Keysafe“ – ein separater Prozessor, der eine „zusätzliche Sicherheitsebene hinzufügt, um die sensibelsten Daten im Smartphone besser zu schützen“. Er isoliere Pins, Passwörter und kryptografische Schlüssel und speichere sie in einer manipulationssicheren Umgebung, die die Daten von innen heraus schütze. Andere Smartphones wie Googles Pixel oder Apples iPhones besitzen indes ähnliche Lösungen.
„Think 2 Think“: Lenovos Thinkphone versteht sich mit Thinkpads
Neben dem Sicherheitsaspekt spielt das Thema Produktivität eine Rolle beim neuen Lenovo-Motorola-Smartphone. Der Hersteller verspricht „eine nahtlose Geräteintegration zwischen Thinkphone und Thinkpad“, die er „Think 2 Think“ nennt.
Zu den Think-2-Think-Funktionen gehören:
- Instant Connect: Smartphone und PC erkennen sich, wenn sie sich in der Nähe befinden, und verbinden sich über WLAN.
- Einheitliche Zwischenablage: Nahtlose Übertragung von kopiertem Text oder aktuellen Fotos, gescannten Dokumenten und Videos zwischen Geräten durch Einfügen in eine beliebige App auf dem Zielgerät.
- Vereinheitlichte Benachrichtigungen: Auf dem Smartphone eingehende Benachrichtigungen werden sofort im Windows-Action-Center angezeigt. Wenn ihr auf eine Benachrichtigung klickt, wird die entsprechende Telefon-App automatisch auf dem PC-Bildschirm gestartet.
- Dateiablage: Einfaches Ziehen und Ablegen von Dateien zwischen Thinkphone und PC.
- App-Streaming: Jede Android-Anwendung lässt sich direkt auf dem PC ausführen.
- Erweiterte Webcam: Die Kamera des Thinkphones lässt sich als Webcam am PC für alle Videogespräche nutzen. Dieses Feature hatte Motorola mit dem Moto G100 eingeführt.
- Sofortiger Hotspot: Ein 5G-Hotspot lässt sich mit einem Klick vom PC aus herstellen.
Einige Funktionen sind schon jetzt mit Microsoft-Diensten möglich. So wurde die Telefonie-Funktion schon 2019 eingeführt, andere Features wie eine geräteübergreifende Zwischenablage gibt es sogar schon länger. Hierfür muss nur Microsofts „Link zu Windows“-App auf dem Android-Smartphone eingerichtet werden.
Bei der Entwicklung der geräteübergreifenden Softwarefunktionen ist letztlich auch Microsoft involviert. Entsprechend sind Anwendungen wie die Microsoft-365-, Outlook- und Teams-App vorinstalliert. Die Kooperation erinnert in Teilen an die Partnerschaft zwischen Microsoft und Samsung, die auf ihren Smartphones auch allerhand Microsoft-Dienste installiert haben.
Bei Lenovos Thinkphone geht die Kooperation ein Stück weit sogar auf die Hardware-Ebene über: Denn das Smartphone besitzt einen zusätzlichen roten Knopf – den Red Key – an der Gehäuseseite, der mit verschiedenen Funktionen belegt werden kann. Laut Lenovo lässt er sich für jegliche Apps und Shortcuts verwenden.
Motorola und Microsoft arbeiten an der Einführung einer Push-to-Talk-Funktion für den Red Key, mit der es Nutzer:innen ermöglicht werden soll, über die Walkie-Talkie-App mit Microsoft Teams direkt zu kommunizieren.
Motorola Lenovo Thinkphone: Das steckt drin
In Sachen Hardware entspricht das Thinkphone einem Smartphone der unteren Oberklasse. Zum einen verbaut der Hersteller Qualcomms Snapdragon 8 Plus Gen 1, der vor einem halben Jahr auf den Markt kam. Mittlerweile hat der Hersteller seine neueste Chipgeneration enthüllt, die 2023er High-End-Geräte wie das Xiaomi 13 oder Oneplus 11 antreiben und bald auch das Samsung Galaxy S23 (Ultra) befeuern wird.
Beim Speicher stehen acht respektive zwölf Gigabyte DDR5-RAM und bis zu 512 Gigabyte UFS-3.1-Speicher zu Wahl. Weiter sind Wi-Fi 6, Bluetooth 5.2 und 5G an Bord. Der Akku ist 5.000 Milliamperestunden groß und kann per Kabel mit bis zu 68 Watt geladen werden; kabellos mit bis zu 15 Watt. Wassergeschützt ist es nach IP68. Das POLED-Display des 188,5 Gramm schweren Geräts besitzt eine Diagonale von 6,6 Zoll.
Bei den Kameras hat Motorola sich am Moto Edge 30 Fusion orientiert: Bei der rückseitigen Weitwinkelkamera kommt ein 50-Megapixel-Sensor mit OIS, HDR10-Videoaufnahmen und Aufnahmen in 8k-Qualität zum Einsatz. Die Ultraweitwinkelkamera mit 120 Grad löst mit 13 Megapixeln auf und unterstützt Makroaufnahmen. Frontseitig ist eine 32-Megapixel-Kamera mit Autofokus integriert.
Als OS-Version ist Android 13 vorinstalliert, das ähnlich wie Googles Version gehalten ist. Wie beim Moto Edge 30 Ultra verspricht der Hersteller drei große Android-Updates und vier Jahre Sicherheitspatches. Für die ersten drei Jahre sollen sie monatlich erscheinen, danach alle zwei Monate.
Das Thinkphone wird lediglich in Schwarz angeboten – das Design des Geräts orientiert sich mit seiner Kohlefaser-Optik stark am Thinkpad. Einen Preis für das Smartphone hat Lenovo noch nicht verraten; der Marktstart soll Ende Januar erfolgen.